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John schloss mit dieser Floskel, und es gab natürlich ein riesiges Beifallsgebrüll. Dann betrat Maya Toitovna das Podium, um Chalmers vorzustellen. Frank warf ihr einen privaten Blick zu, der besagte, dass er keineswegs in Stimmung war für einen ihrer Scherze. Sie sah das und sagte: »Unser nächster Redner ist der Treibstoff in unserem kleinen Raketenschiff gewesen«, was irgendwie ein Lachen hervorrief. »Seine Vision und Energie sind es, was uns in erster Linie zum Mars gebracht hat; also sparen Sie sich jegliche Beschwerden, die Sie für unseren nächsten Sprecher haben mögen — meinen alten Freund Frank Chalmers.«

Auf dem Podium war er selbst davon überrascht, wie groß die Stadt wirkte. Sie bedeckte ein langes Dreieck; und sie waren auf dessen höchstem Punkt versammelt, einem Park, der seinen westlichen Scheitel einnahm. Sieben Wege verliefen strahlenförmig nach unten durch den Park, um zu breiten, von Bäumen gesäumten und mit Gras bewachsenen Boulevards zu werden. Zwischen den Boulevards standen niedrige, trapezförmige Gebäude, deren jedes mit polierten Steinen unterschiedlicher Farben verkleidet war. Größe und Architektur verliehen den Bauten ein leicht pariserisches Aussehen — von Paris, wie es ein Betrunkener Fauvist im Frühling sah, mit Straßencafes und so weiter. Vier oder fünf Kilometer weiter unten war das Ende der City durch drei schlanke Wolkenkratzer markiert, jenseits derer die flachen Grünflächen der Farm lagen. Die Wolkenkratzer stellten einen Teil des Zeltgerüstes dar, welches über den Köpfen ein gewölbtes Netz von himmelfarbenen Linien bildete. Das Material des eigentlichen Zeltes war unsichtbar, so dass es aussah, als stünde man unter freiem Himmel. Dieser war goldfarben. Nicosia würde wohl eine beliebte Stadt werden.

Chalmers sprach zu den Zuhörern und erhielt begeisterte Zustimmung. Offenbar hatte er die Leute, launisch wie sie waren, ebenso in der Hand wie John. Chalmers war stämmig und dunkel und wusste, dass er einen Kontrast zu Johns gutem blondem Äußeren darstellte. Er wusste aber ebenso gut, dass er sein eigenes grobes Charisma hatte; und als er in Schwung kam, zog er die Menge damit an und verfiel in eine Auswahl seines Vorrats an Phrasen.

Dann fiel zwischen den Wolken ein Sonnenstrahl wie eine Lanze herunter, traf die nach oben gewandten Gesichter der Menge; und er empfand eine seltsame Verkrampfung im Magen. So viele Leute hier, so viele Fremde! Menschenmassen hatten etwas Erschreckendes an sich — alle diese feuchten, halbflüssigen Augen in rosa Fassungen, die ihn anschauten … das war fast zu viel. Fünftausend Menschen in einer einzigen Stadt auf dem Mars! Nach all den Jahren in Underhill war das schwer zu fassen.

Törichterweise suchte er seinen Hörern etwas davon mitzuteilen. Er sagte: »Seht euch nur um! Die Seltsamkeit unserer Anwesenheit hier ist … auffällig.«

Die Menge entglitt ihm. Wie sollte er es sagen? Wie sollte er sagen, dass allein sie in dieser ganzen steinernen Welt lebendig waren, sie, deren Gesichter wie Lampions bei Nacht leuchteten? Wie sollte er sagen, dass dies hier, selbst wenn Lebewesen weiter nichts waren als Träger unbarmherziger Gene, immer noch irgendwie besser war als die nackte mineralische Nichtshaftigkeit von allem anderen?

Natürlich konnte er das nicht aussprechen. Vielleicht niemals, und bestimmt nicht in einer Rede. Also nahm er sich zusammen und sagte: »In der Verlassenheit des Mars ist die Präsenz des Menschen gewiss eine bemerkenswerte Tatsache.« (Sie würden sich mehr umeinander kümmern denn jemals zuvor, wiederholte zynisch eine innere Stimme.) »Der Planet als solcher ist ein toter, gefrorener Alptraum« (deshalb exotisch und grandios), »und so auf uns allein angewiesen, befinden wir uns notwendigerweise im Prozess einer gewissen … Reorganisation« (oder Bildung einer neuen Ordnung) — so dass er sich tatsächlich dabei ertappte, dass er genau dieselben Lügen verkündete, die er gerade von John gehört hatte!

So bekam er am Ende seiner Rede auch einen donnernden Beifall. Verunsichert erklärte er, es sei Essenszeit, und beraubte damit Maya ihrer Chance für ein Schlusswort. Obwohl sie wahrscheinlich gewusst hatte, dass er das tun würde, und sich gar nicht darum gekümmert hatte, sich eins auszudenken. Frank Chalmers liebte es, das letzte Wort zu haben.

Die Leute strömten auf die improvisierte Plattform, um sich unter die Berühmtheiten zu mischen. Es war selten, dass man so viele der Ersten Hundert noch einmal auf einem Fleck antraf. So drängten sie sich um John und Maya, Samantha Hoyle, Sax Russell und Chalmers.

Frank blickte über die Menge auf John und Maya. Er erkannte nicht die Gruppe von Erdleuten, die sich um sie drängten. Das machte ihn neugierig, und er bahnte sich einen Weg über das Podium. Als er näher kam, sah er, wie Maya und John sich einen Blick zuwarfen. »Es gibt keinen Grund, weshalb es hier nicht unter normalem Gesetz funktionieren sollte«, sagte gerade einer der Erdleute.

Maya antwortete ihm: »Hat Sie der Olympus Mons wirklich an Mauna Loa erinnert?«

»Sicher«, sagte der Mann. »Schildvulkane sehen alle gleich aus.«

Frank starrte über den Kopf dieses Idioten Maya an. Sie erwiderte den Blick nicht. John tat so, als hätte er Franks Hinzukommen nicht bemerkt. Samantha Hoyle sprach leise mit einem anderen Mann, dem sie etwas erklärte. Der nickte und schaute dann unwillkürlich Frank an, dem Samantha weiter den Rücken zukehrte. Aber es war John, auf den es ankam, John und Maya. Und diese beiden taten so, als gäbe es nichts Ungewöhnliches. Aber der Gegenstand des Gesprächs, was immer er gewesen sein mochte, war dahin.

Chalmers verließ die Plattform. Immer noch strömten Menschen durch den Park nach unten, auf Tische zu, die an den oberen Enden der sieben Boulevards aufgestellt waren. Chalmers folgte ihnen unter jungen verpflanzten Sykomoren, deren khakifarbene Blätter das Licht des Nachmittags belebten, dass der Park aussah wie der Grund eines Aquariums.

An den Tischen des Banketts kippten Bauarbeiter Wodka hinunter und wurden ruppig — dunkel bewusst, dass mit der Fertigstellung der Konstruktion das heroische Zeitalter von Nicosia ein Ende gefunden hatte. Vielleicht galt das für den ganzen Mars.

Die Luft wurde erfüllt von durcheinander tönenden Gesprächen. Frank tauchte unter die Turbulenz und wanderte zur nördlichen Peripherie weiter. An einer brusthohen Betonkappe blieb er stehen. Das war die Stadtmauer. Aus den Metallstreifen darüber ragten vier Schichten aus klarem Kunststoff. Ein Schweizer gab mit fröhlichen Fingerzeigen einer Besuchergruppe Erklärungen.

»Eine äußere Membran aus piezoelektrischer Plastik erzeugt aus Wind Elektrizität. Dann enthalten zwei Flächen eine Schicht aus isolierendem Luft-Gel. Ferner ist die innere Fläche eine Strahlung auffangende Membran, die sich purpurn färbt und ersetzt werden muss. Klarer als ein Fenster, nicht wahr?«

Die Besucher stimmten zu. Frank langte hin und stieß an die innere Membran. Die dehnte sich, bis seine Finger knöcheltief eindrangen. Etwas kühl. Auf dem Kunststoff war ein matter weißer Aufdruck: ISIDIS PLANTTTA POLYMERE. Durch die Sykomoren konnte er über die Schulter noch die Plattform auf dem Scheitel erkennen. John und Maya und ihr Haufen Bewunderer von der Erde waren dort noch in lebhaftem Gespräch. Sie führten die Geschäfte des Planeten und entschieden über das Schicksal des Mars.

Er hielt den Atem an. Er fühlte, wie sich seine Backenzähne zusammenpressten. Er stieß so heftig an die Zeltwand, dass er die äußerste Membran hinausdrückte, was bedeutete, dass ein Teil seiner Wut eingefangen und als Elektrizität im Netz der Stadt gespeichert wurde. Es war in dieser Hinsicht ein besonderes Polymer — Kohlenstoffatome, mit Wasserstoff- und Fluoratomen so verbunden, dass die resultierende Substanz sogar noch stärker piezoelektrisch war als Quarz. Wenn man aber eines der drei Elemente austauschte, veränderte sich alles. Zum Beispiel ergab der Austausch von Chlor für Fluor das chemisch und mechanisch sehr resistente Verpackungsmaterial Saran.