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Sie war mit ihrem Bericht zu Ende. Dies war womöglich das einzige Mal in ihrem Leben, daß Tiffany im Mittelpunkt stand. Es hatte etwas Rührendes.

Aber Tiffany wußte nichts davon, daß die Hände und Beine in Foxden ausgegraben worden waren. So konnte Miranda Hogen­dobber ihre Geschichte noch einmal erzählen. Für Miranda war es ganz natürlich, im Mittelpunkt zu stehen.

Dankbar, daß Mrs. Hogendobber den Sektor »Unterhaltung« übernahm, machte sich Harry wieder an die Verteilung der Post. Sie war froh, daß sie hinter den Fächern stand; denn sie lachte leise, und die Tränen liefen ihr aus den Augen. Susan ging zu ihr, weil sie dachte, Harry weinte.

Harry wischte sich die Tränen ab und flüsterte: »Ausgerechnet Mim! Was wirdTown and Country dazu sagen?«

Susan lachte jetzt so herzhaft wie Harry. »Wer immer es war, hat vielleicht den Fehler gemacht, mit ihrem Pontonboot zu segeln.«

Darauf brachen beide wieder in Kichern aus. Harry legte sich die Hand auf den Mund, um ihre Stimme zu dämpfen. »Mim hat sich verausgabt und immer neue Besitztümer angeschafft. Jetzt hat sie ein echtes Original.«

Das gab ihnen den Rest. Sie fielen fast auf die Erde. Der Aus­bruch war natürlich zum Teil auf die Anspannung zurückzufüh­ren. Aber er war auch ganz konkret Mims Charakter zuzu­schreiben Miranda sagte immer, irgendwo in Mim stecke ein guter Kern, den bloß niemand entdecken wolle. Mim hatte von der Wiege an ihr Leben damit zugebracht, die Leute mit ihrem ewigen Gefasel von Abstammung und Geld zu schikanieren. Aber diese beiden Dinge sind weniger häufig miteinander ver­bunden, als es Mim lieb wäre. Egal, was für eine Lebensge­schichte einer hatte, Mim konnte sie übertreffen; wenn nicht, neigte sie den Kopf in einem Winkel, der ihren Abscheu und ihre gesellschaftliche Überheblichkeit zum Ausdruck brachte.

Keiner sprach es laut aus, aber vermutlich freute es die mei­sten Leute, daß eine aufgeschwemmte Leiche ihren Weg in Mims Bootshaus gefunden hatte. Bei den Sanburnes stanken noch ganz andere Dinge als ein faulender Rumpf.

14

Der Glanz des vom Feuer erhellten Mahagoniholzes in Herbie Jones' Bibliothek ließ die Züge des Reverend jugendlich weich erscheinen. Der leichte Regen auf der Fensterscheibe unterstrich seine Stimmung. Er war in sich gekehrt und nachdenklich und zudem erschöpft. Er hatte vergessen, wie strapaziös erschüt­ternde Ereignisse sein können. Carol, seine Frau, die veilchen­blauen Augen voll Mitgefühl, redete ihm zu, etwas zu essen. Als er ablehnte, wußte sie, daß er litt.

»Möchtest du nicht wenigstens eine Tasse Kakao?«

»Was? Ach nein, Liebes. Ich habe Cabell in der Bank getrof­fen. Er meint, wir haben es mit einem Verrückten zu tun. Ein Durchreisender, so eine Art wandernder Serienmörder. Ich glaube das nicht. Ich glaube, der Mörder ist einer von uns.«

Ein lautes Knacken im Kamin ließ ihn auffahren. Er setzte sich wieder hin.

»Ich bring dir den Kakao, und wenn du ihn nicht willst, dann trinkt ihn eben die Katze. Er wird an dieser entsetzlichen Schweinerei nichts ändern, aber du wirst dich besser fühlen.«

Es läutete an der Haustür. Carol öffnete. Zwei Tassen Kakao. Sie bat Blair Bainbridge in die Bibliothek. Auch er wirkte er­schöpft.

Reverend Jones erhob sich von seinem Sessel, um seinen her­eingeschneiten Gast zu begrüßen.

»Oh, bitte bleiben Sie sitzen, Reverend.«

»Nehmen Sie Platz.«

Ella, die Katze, leistete ihnen Gesellschaft. Ihr voller Name lautete Elevation, und sie machte diesem Namen alle Ehre. Ho­stien fressen wie die ungezogene episkopalische Katze war nicht ihr Stil, aber einmal hatte Ella an einem Sonntagmorgen eine Predigt von Herbie zerfetzt. Zum erstenmal im Leben hielt er eine Predigt aus dem Stegreif. Und ohne Ellas mutwillige Zerstörung wäre er wohl nie auf das Thema »mit allen Gottes­geschöpfen leben« gekommen. Es wurde die beste Predigt sei­nes Lebens. Die Pfarrkinder baten um Kopien. Da er nicht eine einzige Notiz hatte, glaubte er seine Predigt nicht rekonstruieren zu können, aber Carol half ihm. Sie war ebenfalls gerührt über ihres Mannes liebevolle Fürsprache für alle Lebewesen und hatte sich jedes Wort gemerkt. Die Predigt, die in vielen Kir­chenzeitungen abgedruckt wurde, sogar außerhalb seiner eige­nen lutheranischen Konfession, hatte den Reverend zu einer Kirchenberühmtheit gemacht.

Ella musterte Blair eingehend, weil sie ihn noch nicht kannte. Zufrieden legte sie sich vor dem Feuer auf die Seite, während die Männer plauderten. Carol brachte eine große Kanne Kakao herein, entschuldigte sich dann und ging nach oben, um sich wieder ihrer Arbeit zu widmen.

»Entschuldigen Sie, daß ich so unangemeldet hereinplatze.«

»Blair, wir sind hier auf dem Land. Wenn Sie vorher anrufen würden, würden die Leute Sie für hochnäsig halten.« Herbie schenkte sich und seinem Gast eine Tasse dampfenden Kakao ein; der schwere Duft erfüllte den Raum.

»Ich bin nur gekommen, um Ihnen zu sagen, wie leid es mir tut, daß diese, dieses - ich weiß nicht mal, wie ich es nennen soll.« Blair runzelte die Stirn. »Nun ja, daß diese grauenhafte Entdeckung auf der Parzelle Ihrer Familie gemacht wurde. Da Sie Probleme mit dem Rücken haben, bin ich bereit, alle nöti­gen Reparaturen vorzunehmen, sobald Sheriff Shaw mich läßt.«

»Danke.« Der Reverend meinte es ernst.

»Wie lange es wohl dauern wird, bis die Leute denken, daß ich es getan habe?« entfuhr es Blair.

»Oh, diese Möglichkeit wurde schon erwogen, und die mei­sten haben sie gleich wieder verworfen, mit Ausnahme von Rick, der nie jemanden von der Leine läßt und nie vorschnell urteilt. In seinem Beruf muß man wohl so sein, schätze ich.«

»Verworfen.?«

Herbie bewegte die rechte Hand in der Luft, eine freundliche, wegwerfende Geste, während er mit der linken seine Kakaotas­se samt Untertasse hielt »Sie sind noch nicht lange genug hier, um Marilyn Sanburne zu hassen. Sie hätten die Leiche oder das, was von ihr übrig war, nicht in ihrem Bootshaus deponiert.«

»Ich hätte sie dorthin treiben lassen können.«

»Ich habe kurz nach der Entdeckung mit Rick Shaw gespro­chen.« Herb stellte seine Tasse auf den Tisch Ella beäugte sie interessiert. »Dem Zustand der Leiche nach bezweifelt er ent­schieden, daß sie ins Bootshaus getrieben sein kann, ohne daß jemand auf dem See etwas gemerkt hat; schließlich geht so etwas langsam. Außerdem war die Tür des Bootshauses ge­schlossen.«

»Sie hätte von unten hineintreiben können.«

»Die Leiche war auf ungefähr das Dreifache ihrer normalen Größe aufgeschwemmt.«

Blair unterdrückte einen unwillkürlichen Schauder. »Die arme Frau wird Alpträume haben.«

»Es hat nicht viel gefehlt, und man hätte sie mit einem Bol­zenschußgerät ruhigstellen müssen. Little Marilyn war auch ziemlich erschüttert. Und ich glaube, Fitz-Gilbert dürfte es für eine Weile den Appetit verschlagen haben. Mir ist er übrigens auch vergangen.«

»Mir auch.« Blair beobachtete ein am unteren Ende königs­blau und zur Mitte hin karmesinrot glühendes Holzscheit, aus dem hellgelbe Flammen schossen.