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Wenn es Fair auch an Geld fehlte, an Prestige in seinem Beruf fehlte es ihm nicht, und so hatte er Harry zu Banketten, lang­weiligen Abendessen bei Pferdezüchtern und noch langweilige­ren Abendessen in Saratoga geschleppt. Es war immer dieselbe Parade von gekonnt gelifteten Gesichtern, gutem Bourbon- Whisky und abgedroschenen Geschichten Sie war froh, daß sie das hinter sich hatte. Boom Boom konnte das alles haben. Und Fair konnte Boom Boom auch haben.

Harry wußte nicht, warum sie neulich so wütend auf Fair ge­wesen war. Sie liebte ihn nicht mehr, aber sie hatte ihn gern. Wie sollte man einen Mann nicht gern haben, den man seit dem ersten Schuljahr kannte und den man auf den ersten Blick ge­mocht hatte. Deswegen ging es ihr gegen den Strich, daß er von Boom Boom so verblendet war. Wenn er eine vernünftige Frau fände, eine wie Susan, wäre sie erleichtert. Boom Boom würde so viel von seiner Energie und seinem Geld schlucken, daß am Ende seine Arbeit darunter leiden würde. Er hatte sich seine Praxis in jahrelanger Mühe aufgebaut. Boom Boom könnte sie im Ablauf eines einzigen Jahres ruinieren, wenn er nicht auf­wachte.

Der süßliche Geruch von Kieferspänen betörte ihre Sinne. Harry griff zum Hörer des Wandtelefons. Sie wollte Fair anru­fen und ihm sagen, was sie wirklich dachte. Dann hängte sie ein. Was brächte das schon? Er würde nicht auf sie hören. Men­schen in seiner Situation hören nie auf andere. Sie müssen von allein aufwachen.

Sie verteilte frische Streu in den Boxen.

Mrs. Murphy inspizierte den Heuboden. Simon, der fest schlief, hörte es nicht, wie sie auf Zehenspitzen um ihn herum­schlichen. Er hatte ein altes T-Shirt von Harry nach oben ge­schleppt und dann einen Heuballen ein Stück ausgehöhlt. Simon lag zusammengerollt auf dem T-Shirt in der Kuhle. Mrs. Mur­phy ging auf die Südseite des Heubodens. Die Schlange lag im Winterschlaf. Bis zum Frühling würde nichts sie aufwecken. Die Eule ganz oben schlief auch. Zufrieden, weil alles war, wie es sein sollte, kletterte Mrs. Murphy die Leiter wieder hinunter.

»Tucker!« rief sie.

»Was gibt's?« Tucker trieb sich in der Sattelkammer herum.

»Hast du Lust auf einen Spaziergang?«

»Wohin?«

»Zu den Foxden-Weiden hinter der Yellow Mountain Road.«

»Warum dahin?«

»Paddy hat mich neulich auf die Idee gebracht, und heute ist die erste Gelegenheit, daß ich sie mir mal bei Tageslicht anse­he.«

»Okay.« Tucker stand auf, schüttelte sich und zockelte dann mit ihrer Freundin hinaus an die frische Luft.

Mrs. Murphy erzählte Tucker von Paddys Gedanken, jemand könnte auf dem alten Forst weg hinter der Yellow Mountain Road geparkt und die Leichenteile in einem Plastiksack oder ähnlichem auf den Friedhof geschleppt haben.

Bei den Weiden angelangt, hielt Tucker die Nase am Boden. Es war zuviel Regen gefallen und zuviel Zeit vergangen. Sie witterte Feldmäuse, Rehe, Füchse, jede Menge wilde Truthüh­ner; sogar den schwachen Geruch eines Rotluchses nahm sie wahr.

Während Tucker die Nase am Boden hielt, ließ Mrs. Murphy ihre scharfen Augen schweifen, aber da war nichts, absolut nichts, kein metallisches Blinken, kein Fetzen Fleisch.

»Was gefunden?«

»Nein, zu spät.« Tucker hob den Kopf.»Wie konnte die Lei­che sonst auf den Friedhof gelangen? Wenn der Mörder nicht über diese Weiden gegangen ist, dann hätte er - oder sie - di­rekt vor Gottes und Blairs Augen durch Blairs Zufahrt gehen müssen. Paddy hat recht. Er ist hier durchgekommen. Wenn es nicht Blair selbst war.«

Mrs. Murphy warf den Kopf herum und sah ihrer Freundin ins Gesicht.»Du glaubst doch nicht, daß er es war, oder?«

»Ich will's nicht hoffen. Aber wer weiß?«

Die Katze sträubte ihr Fell, ließ es wieder zusammenfallen, dann machte sie sich auf den Heimweg.»Weißt du, was ich glaube?«

»Nein.«

»Ich glaube, morgen bei der Arbeit wird es unerträglich. Die fette Nudel quatscht bestimmt pausenlos von dem Kopf in dem Kürbis. Ihr Name und ihr Bild waren in der Zeitung. Gott sei uns gnädig.« Mrs. Murphy lachte.

24

»... und die Maden hatten ein Festessen, das sag ich euch.« Pewter hockte auf der Haube von Harrys Transporter, der hinter dem Postamt parkte.

Mrs. Murphy, die sich neben sie gesetzt hatte, hörte sich die endlose Eigenloblitanei an. Tucker saß auf der Erde.

»Ich hab gehört, du bist in die Speisekürbisse getürmt«, rief Tucker hinauf.

»Ist doch klar, du Schwachkopf, ich wollte das Beweisstück nicht beschädigen«, prahlte Pewter. »Junge, Junge, ihr hättet hören sollen, wie die Leute gekreischt haben, als sie merkten, daß er echt war. Ein paar haben sogar gekotzt. Ich hab von meinem Aussichtspunkt alle beobachtet, jeden einzelnen. Mrs. Hogendobber war entsetzt, aber sie hat einen Magen aus Eisen. Armer Danny, den hat's vielleicht gegraust! Susan und Ned sind gleich zu ihm gerannt, aber er wollte lieber zu seinen Freunden. So sind sie nun mal in diesem Alter. Oh, Big Mari­lyn, die hat's überhaupt nicht gegraust. Sie war fuchsteufels­wild. Ich dachte, nach der Leiche im Bootshaus würde sie jetzt durchdrehen, aber nein, sie war bloß wütend, scheißwütend, sag ich euch. Fitz stand da mit offenem Mund. Little Marilyn hat gebrüllt, sie hätte das Gesicht schon mal gesehen - was davon noch vorhanden war. Harry hat keine Miene verzogen. Sie stand da wie ein Stein und hat bloß geguckt. Ihr wißt ja, wie sie ist, wenn was Schreckliches passiert. Ganz ruhig und starr. Oh, Boom Boom ist umgekippt, Titten voraus in den Sand, und Blair hat 's auch umgehauen. Das war vielleicht ein Abend! Ich hab gleich gemerkt, daß mit dem Kürbis was nicht stimmte. Ich hab daneben gesessen. Menschen brauchen immer so lange, bis sie sehen, was unsereinem sofort ins Auge springt.« Pewter stieß einen überlegenen Seufzer aus.

Mrs. Murphy schlug mit dem Schwanz.»Dich hat's aber auch ein klitzekleines bißchen gegraust.«

Pewter drehte den Kopf herum. Sie blähte die Brust, nicht ge­willt, sich von ihrer besten Freundin, die zugleich ein Quell der Qual sein konnte, piesacken zu lassen.»Ganz bestimmt nicht!«

In der Nähe fiel eine Tür zu. Die Tiere drehten sich um und sahen Mrs. Hogendobber durch die Gasse schreiten. Als sie sich den Tieren näherte, öffnete sie den Mund, um ihnen etwas zu sagen, machte ihn jedoch wieder zu. Sie würde sich ganz schon dämlich vorkommen, wenn sie ein Gespräch mit Tieren begin­nen würde. Was sie allerdings nicht davon abhielt, Selbstge­spräche zu führen. Sie lächelte den Tieren zu und ging ins Post­amt.

»Warum ist Harry mit dem Wagen gekommen?« fragte Pew­ter.

»Sie war gestern total am Ende«, antwortete Tucker.