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Das entsprach Mrs. Murphys schrägem Sinn für Humor. Sie schoß von der Sofalehne und forderte Tucker auf, sie zu fangen. Mrs. Murphy stürmte geradewegs zur Wand, damit Tucker dachte, sie könne nicht mehr zurück, dann stieß sie sich mit allen vieren an der Wand ab und flog im Absprung direkt über Tuckers Kopf, während der Hund zur Wand schlitterte und mit einem schweren Plumps dort landete. Mrs. Murphy vollführte dieses Manöver in teuflischer Absicht. Wütend drehte Tucker sich so schnell auf ihren Beinen, daß sie wackelte wie im Zeit­raffer. Sie wetzten im Kreis herum, bis am Ende, als Tucker unter einen Beistelltisch flitzte und Mrs. Murphy darauf hin und her hüpfte, die Lampe auf dem Tisch schwankte und wackelte, umkippte und auf dem Boden zerschellte. Das Klirren er­schreckte die zwei, und sie flohen in die Küche. Nachdem ein paar Minuten Stille war, wagten sie sich wieder hinaus.

»Ach du Scheiße«, sagte Tucker.

»Sie braucht sowieso eine neue Lampe. Die hier war so alt, daß sie schon graue Haare hatte.«

»Harry wird mir die Schuld geben.« Tucker fühlte sich bereits gescholten.

»Sobald wir den Wagen hören, verstecken wir uns unterm Bett. Dann kann sie wüten und toben, bis sie sich abgeregt hat. Bis morgen früh ist sie drüber weg.«

»Gute Idee.«

32

»Die Baisertörtchen.« Mit einem triumphierenden Nicken wies Little Marilyn Tiffany an, das Dessert aufzutragen.

Little Marilyn pflegte die Nouvelle Cuisine. Big Marilyn folg­te ihrem Beispiel. Es war das erste Mal, daß die Mutter die Tochter nachahmte. Jim Sanburne klagte, Nouvelle Cuisine sei eine raffinierte Methode, den Menschen weniger zu essen zu geben. Vogelfutter war seine Bezeichnung dafür. Glücklicher­weise waren Big Marilyn und Jim heute nicht zu dem kleinen Abendessen eingeladen. Wohl aber Cabell Hall. Fitz schmei­chelte dem bedeutenden Banker unaufhörlich, was er damit rechtfertigte, daß Cabell ihn vor drei Jahren mit Marilyn zu­sammengebracht hatte Little Marilyns unleidliche Natur wurde durch die Abwesenheit ihrer Mutter etwas gemildert, und so überschüttete auch sie Cabell und Taxi mit ihrer Aufmerksam­keit.

»Taxi, erzählen Sie Blair, wie Sie zu Ihrem Spitznamen ge­kommen sind.« Little Marilyn strahlte die ältere Frau an.

»Ach was. Das will er bestimmt nicht hören.« Taxi lächelte.

»Doch, ich würde es gerne hören«, ermunterte Blair sie, wäh­rend Cabby seine Frau, mit der er seit fast drei Jahrzehnten ver­heiratet war, zärtlich ansah.

»Cabell wird Cabby genannt. Heißt ja auch Taxi. Schön und gut, aber als die Kinder klein waren, habe ich sie zur Schule kutschiert. Ich habe sie von der Schule abgeholt. Ich habe sie zum Arzt gefahren, zum Zahnarzt, zu den Pfadfindern, zur Tanzstunde, Klavierstunde und Tennisstunde. Eines Tages kam ich hundemüde und mies gelaunt nach Hause. Mein Mann, der selbst gerade von einem harten Arbeitstag nach Hause gekom­men war, wollte wissen, wie ich denn von meinen hausfrauli­chen Pflichten so geschlaucht sein konnte. Ich habe ihm laut und deutlich erklärt, was ich den ganzen Tag gemacht hatte, und er sagte, ich solle doch gleich einen öffentlichen Taxidienst aufziehen, wenn ich schon für meine eigenen Kinder einen be­triebe. Der Name ist mir geblieben. Er hat mehr Sex als der Name Florence.«

»Mein Herz, du wärst auch sexy, wenn du Amanda heißen würdest«, schmeichelte ihr Cabby.

»Was haben Sie gegen den Namen Amanda?« fragte Brenda Sanburne.

»Miss Amanda Westover war die gefürchtete Geschichtslehre­rin bei uns im Internat«, klärte ihr Mann sie auf. »Sie hat Cabell unterrichtet, mich, womöglich sogar Großvater. Ein richtiges Ekel.« Stafford Sanburne und Cabell Hall waren beide Choate- Absolventen.

»Nicht so ein Ekel wie mein Vorgänger in der Bank.« Cabell blinzelte.

»Artie Schubert.« Little Marilyn versuchte, sich auf ein Ge­sicht zu besinnen. »War das nicht Artie Schubert?«

»Sie waren noch zu klein, um sich zu erinnern.« Taxi tätschel­te Marilyns beringte Hand. »Wie ich hörte, hat er immer, wenn jemand ein Darlehen wollte, ein schrecklich unangenehmes Theater gemacht. Cabby und ich waren damals noch in Manhat­tan, und dann wurde ihm von einem Vorstandsmitglied der Al­lied National die Leitung der Bank angeboten. Richmond kam uns vor wie das Ende der Welt.«

Cabby unterbrach sie: »Ganz so schlimm war es nicht.«

»Und nachher hat uns Mittelvirginia so gut gefallen, daß wir hier ein Haus gekauft haben, und Cabby ist jeden Tag zur Ar­beit gependelt.«

»Das tu ich immer noch. Montags, mittwochs und freitags. Dienstags und donnerstags bin ich in der Zweigstelle im Ein­kaufszentrum von Charlottesville. Wissen Sie, daß wir mit un­serer Wachstumsrate in den letzten zehn Jahren jede andere Bank in Virginia übertroffen haben - prozentual natürlich. Wir sind immer noch eine kleine Bank, verglichen mit der Central Fidelity, Crestar oder Nations Bank.«

»Liebling, dies ist eine private Einladung, keine Börsenmak­lerversammlung.« Taxi lachte. »Man merkt meinem Mann an, wie sehr er seine Arbeit liebt, nicht wahr?«

Während die Gäste Taxi zustimmten und sich überlegten, wie die Menschen zu ihrem Beruf finden, fragte Fitz-Gilbert Blair: »Werden Sie zur Eröffnung der Jagdsaison kommen?«

Blair gab die Frage an Harry weiter: »Werde ich zur Eröff­nung der Jagdsaison kommen?«

Stafford beugte sich zu Blair hinüber. »Wenn sie Sie nicht mitnimmt, tu ich's. Harry wird wohl morgen reiten.«

»Wollen Sie mir nicht morgen früh bei den Vorbereitungen helfen?« fragte Harry mit unschuldiger Stimme. »Anschließend können Sie dann dort alle Leute treffen.«

Alle anderen mußten schallend lachen, sogar Brenda Sanbur­ne, die sich genügend auskannte, um zu wissen, daß die Vorbe­reitungen für eine Fuchsjagd eine nervenaufreibende Angele­genheit sein können.

»Viel Vergnügen, Harry.« Fitz-Gilbert prostete ihr zu.

»Jetzt werde ich aber neugierig. Um wieviel Uhr muß ich bei Ihrer Scheune sein?«

Harry drehte ihre Gabel zwischen den Händen. »Halb acht.«

»Das ist nicht so schlimm«, fand Blair.

»Wenn sie heute abend genug trinken, dann schon«, prophe­zeite Stafford.

»Sprich mir nicht von so was.« Fitz-Gilbert faßte sich an die Stirn.

»Ich muß schon sagen, du warst gestern abend ganz schön be­säuselt. Heute morgen bin ich neben einem Häufchen Elend aufgewacht.« Little Marilyn machte einen Schmollmund.

»Blair, wußten Sie, daß es in Virginia mehr Fuchsjagd-Clubs gibt als in jedem anderen Staat in Amerika? Neunzehn insge­samt, davon zwei in Albemarle County«, klärte Cabell ihn auf. »Keswick im Osten und Farmington im Westen.«

»Nein, das wußte ich nicht. Ich nehme an, es gibt jede Menge Füchse. Worin unterscheiden sich denn die zwei hiesigen Clubs? Warum gibt es nicht einen einzigen großen Club?«

Harry antwortete mit einem hinterhältigen Lächeln: »Ja, wis­sen Sie, Blair, im Keswick-Jagdclub ist altes, uraltes Virginia­Geld, das in alten, uralten Virginia-Häusern beheimatet ist. Im Farmington-Jagdclub ist altes, uraltes Virginia-Geld, das verteilt wurde.«

Dies rief einen Aufschrei und brüllendes Gelächter hervor. Stafford erstickte fast an seinem Nachtisch.

Als sie sich von der bissigen Bemerkung erholt hatten, unter­hielt sich die kleine Gruppe über New York, den Untergang des Theaters, ein Thema, das eine lebhafte Diskussion auslöste, da Blair nicht glaubte, daß es mit dem Theater bergab ging, wäh­rend Brenda davon überzeugt war. Blair gab ein paar komische Geschichten aus der Model-Szene zum besten, die durch sein Nachahmungstalent überaus lebendig wurden. Alle meinten, daß es mit der Börse trübe aussehe und sie auf bessere Zeiten warten sollten.

Nach dem Dessert setzten sich die Damen in die Fensternische im Wohnzimmer. Brenda mochte Harry gern. Viele Weiße wa­ren liebenswert, aber man konnte ihnen nicht richtig trauen. Obwohl sie Harry nur flüchtig kannte, hatte Brenda das Gefühl, ihr trauen zu können. Die Posthalterin war sozusagen farben­blind. Harry war aufrichtig und verstellte sich nicht, und das wußte Brenda zu schätzen. Wenn eine weiße Person sagte: »Ich persönlich habe keine Vorurteile«, dann wußte man, daß es kritisch wurde.