Выбрать главу

Die Herren zogen sich zu Kognak und kubanischen Zigarren zurück. Fitz-Gilbert war stolz auf seine Schmuggelware und wollte seine Quelle nicht preisgeben. Wer einmal eine Monte­cristo geraucht hatte, für den gab es kein Zurück.

»Eines Tages wirst du die Katze aus dem Sack lassen.« Staf­ford hielt sich die Zigarre unter die Nase und ließ sich von dem betörenden Duft des Tabaks erregen.

Cabell lachte. »Eher friert die Hölle zu. Fitz kann Geheimnis­se für sich behalten.«

»Der einzige Grund, weswegen ihr Jungs nett zu mir seid, sind meine Zigarren.«

»Und die Tatsache, daß du in Andover der erste Ruderer warst.« Stafford paffte drauflos.

»Sie sehen eher nach einem Ringer aus als nach einem Rude­rer.« Auch Blair ergab sich der Trägheit, die die Zigarre erzeug­te.

»Als Kind war ich dünn wie eine Bohnenstange.« Fitz klopfte sich auf sein Bäuchlein. »Damit ist es vorbei.«

»Kannten Sie in Andover Binky Colfax? Mein Jahrgang in Yale.« »Binky Colfax. Er hat die Abschiedsrede gehalten.« Fitz­Gilbert blätterte in seinem Jahrbuch und reichte es Blair.

»Gott, nur gut, daß Binky Akademiker ist.« Blair lachte. »Er ist nämlich jetzt in der Verwaltung. Staatssekretär im Außenmi­nisterium. Wenn ich daran denke, was für ein Schwächling der Kerl war, wird mir angst und bange um unsere Regierung. Ich meine, wenn man sich vorstellt, was für Leute wir gekannt ha­ben in Yale, Harvard, Princeton und.«

»Stanford«, warf Stafford ein.

»Muß ich?« fragte Blair.

»Äh ja.« Stafford nickte.

». Stanford. Die Trottel sind in die Regierung gegangen oder in die Forschung. In zehn Jahren werden sie die Bürokraten im Dienste derer sein, die die Wahlen gewinnen.« Blair schüttelte den Kopf.

»Glauben Sie, daß jede Generation dasselbe durchmacht? Ei­nes Tages nimmt man die Zeitung in die Hand oder guckt sich die Sechsuhrnachrichten an, und siehe da, wieder eins von die­sen Würstchen.« Fitz-Gilbert lachte.

»Mein Vater - er war Yale Jahrgang 49 - hat gesagt, das hätte ihm immer eine Heidenangst gemacht. Dann hat er sich dran gewöhnt«, sagte Blair.

Cabby meinte: »Alle wursteln sich durch. Wie muß ich mir denn vorkommen? Die Jungs von meinem Jahrgang in Dart­mouth gehen nach und nach in Pension. Pension? Und ich weiß noch genau, damals hatten wir nichts anderes im Sinn als.«

Er brach ab, weil seine Gastgeberin den Kopf zur Bibliothek hereinsteckte, die Hand im Türrahmen. »Seid ihr noch nicht fertig? Wir haben in der letzten Dreiviertelstunde sämtliche Probleme der Welt gelöst.«

»Einsam, Schätzchen?« rief Fitz ihr zu.

»Oh, ein klitzekleines bißchen.«

»Wir sind in einer Minute drüben.«

»Wissen Sie, Fitz, ich glaube, wir dürften eine Menge ge­meinsame Bekannte haben, nachdem so viele von unseren Schulkameraden nach Yale gegangen sind. Wir müssen dem­nächst mal unsere Unterlagen vergleichen«, sagte Blair.

»Ja, gerne.« Fitz, von Little Marilyn abgelenkt, hatte nicht richtig zugehört.

»Yale und Princeton. Igitt.« Stafford hielt den Daumen nach unten.

»Und Sie waren in Stanford?« fragte ihn Blair.

»Ja. Wirtschaftswissenschaft.«

»Ah.« Blair nickte. Kein Wunder, daß Stafford als Invest­mentbanker so viel Geld verdiente, und kein Wunder, daß Ca­bell ihn strahlend anlächelte. Die beiden redeten zweifellos auch am Wochenende über Geschäfte.

»War schlau von dir, daß du nicht Anwalt geworden bist.« Fitz drehte seine Zigarre zwischen den Fingern, auf deren schö­ner, schlichter Bauchbinde MONTECRISTO stand.

»Ein Anwalt ist eine angeheuerte Kanone, selbst wenn's ums Steuerrecht geht. Ich werde nie begreifen, wie ich das Juraex­amen bestanden habe, es hat mich so gelangweilt.«

»Es gibt schlimmere Berufe.« Cabell kniff vor dem Qualm die Augen zusammen. »Sie hätten Proktologe werden können.«

Die Männer lachten.

Das Telefon klingelte. Tiffany rief aus der Küche: »Mr. Ha­milton.«

»Entschuldigen Sie mich.«

Als Fitz den Hörer abnahm, gingen Stafford, Cabell und Blair zu den Damen ins Wohnzimmer. Wenige Minuten später kam Fitz-Gilbert nach.

»Hat jemand von euch Ben Seifert gesehen oder was von ihm gehört?«

»Nein. Warum?« fragte Little Marilyn.

»Er ist heute nicht zur Arbeit erschienen. Cynthia Cooper war am Apparat. Sie hat den ganzen Abend seine Mitarbeiter und seine Angehörigen angerufen. Jetzt ruft sie Freunde und Be­kannte an. Ich habe ihr gesagt, daß Sie hier sind, Cabby. Sie möchte Sie gern sprechen.«

Cabell ging zum Telefon.

»Er verbringt fast mehr Zeit auf Achse als im Büro«, erlaubte sich Harry zu bemerken, nachdem Bens Chef außer Hörweite war.

»Ich habe ihm erst letzte Woche gesagt, er soll auf sich auf­passen, aber ihr kennt ja Ben.« Fitz zog sich einen Sessel heran. »Wetten, wenn er wieder auftaucht, wird er eine phantastische Geschichte zum besten geben.«

Harry machte den Mund auf und wieder zu. Sie hatte sagen wollen: »Und wenn hier ein Zusammenhang mit dem Mord an dem Landstreicher besteht?« Vielleicht war ja Ben der Mörder und hatte sich abgesetzt? Aber sie wußte, wie empfindlich Ma­rilyn auf das Thema reagierte, und so sagte sie nichts.

Harry hatte Ben Seifert vollkommen vergessen, als Blair sie vor ihrer Haustür absetzte. Er versprach, am nächsten Morgen um halb acht dazusein. Sie öffnete die Tür und machte Licht. Nur eine Lampe ging an. Harry sah sich die Bescherung auf dem Fußboden an; das Lampenkabel war aus der Wand geris­sen.

»Tucker! Mrs. Murphy!«

Die beiden Tiere kicherten unterm Bett, blieben aber, wo sie waren. Harry ging ins Schlafzimmer, kniete sich hin, spähte unters Bett und sah sich von zwei glänzenden Augenpaaren angestarrt.

»Ich weiß, daß ihr zwei das wart.«

»Das mußt du uns erst mal beweisen.« Das war alles, was Mrs. Murphy dazu zu sagen hatte. Sie schlug mit dem Schwanz.

»Ich hatte einen schönen Abend und lasse mir von euch nicht die Laune verderben.«

Nur gut, daß Harry so dachte. Der Lauf der Ereignisse sollte früh genug alles verderben.

33

Silbrig und beige glitzerte die Erde unter der Frostschicht. Die Sonne, die bleich und tief am Himmel stand, verwandelte den Bodennebel in einen champagnerfarbenen Schleier. Mrs. Mur­phy und Tucker kuschelten sich in der Sattelkammer in eine Pferdedecke und sahen zu, wie Harry Tomahawk striegelte.

Blair kam um Viertel vor acht. Harry hatte Tomahawk schon gebürstet und eingeflochten, ihm die Hufe mit Fett einge­schmiert und ihn abermals gebürstet, und nun konnte sie selbst eine gründliche Säuberung vertragen.

»Wann sind Sie aufgestanden?« Blair bewunderte ihr Werk.

»Halb sechs. Um die Zeit stehe ich immer auf. Ich wünschte, ich könnte länger schlafen, aber ich kann's nicht, nicht mal, wenn ich nachts um halb eins ins Bett gehe.«

»Was kann ich tun?«

Harry zog ihren Monteuranzug aus, unter dem ihre lederne Reithose zum Vorschein kam. Über das gute weiße Hemd hatte sie einen dicken Pullover gezogen. Ihre abgetragenen Reitstiefel lehnten blankgeputzt an der Sattelkammerwand. Ihre Melone hing gebürstet an einem Sattelhaken. Harry hatte sich ihre Jagd­farben verdient, als sie noch zur High School ging, und ihr alter schwarzer Melton mit dem belgisch-blauen Kragen hing ordent­lich auf der anderen Seite des Sattelhakens.