Выбрать главу

Harry legte eine schwere wollene Decke über Tomahawk und band sie vorne zu. Sie entriegelte die Querbalken und führte ihn in seine Box. »Daß du mir ja nicht auf die Idee kommst, deine Zöpfe zu scheuern, Tommy, und verheddere dich nicht in deiner Decke.« Sie klopfte ihrem Pferd auf den Hals. »Tommy wird brav sein, aber vorsichtshalber ermahne ich ihn immer«, sagte sie zu Blair. »Kommen Sie, es ist alles fertig. Gehen wir Kaffee trinken.«

Nach einem leichten Frühstück sah Blair Harry zu, wie sie Tomahawks schwere Decke durch eine leichtere ersetzte, ihm das Lederhalfter überstreifte und ihn auf ihren Pferde-Anhänger verlud, der wie der Transporter vom Alter gezeichnet war, aber noch gute Dienste leistete. Blair schwang sich in die Fahrerkabine, den Fotoapparat in der Manteltasche, fertig zum Jagdtref­fen.

Allmählich lernte er Harrys Hang zu Notbehelfen schätzen, denn ihm wurde klar, wie wenig Geld sie tatsächlich hatte. Fal­scher Stolz in punkto Besitztümern gehörte nicht zu ihren Feh­lern, wohl aber der Stolz, allein zurechtzukommen Sie mochte nicht um Hilfe bitten, und als das blaue Ungetüm dahintuckerte, fiel Blair ein, was für ein bescheidenes Geschenk es gewesen wäre, ihr seinen Ford-Kombi auszuleihen, um den Anhänger zu ziehen. Hätte er höflich gefragt, sie hätte sein Angebot viel­leicht angenommen. Harry war komisch. Sie scheute Gefällig­keiten, vielleicht, weil ihr die Mittel fehlten, sich zu revanchie­ren, aber so wie Blair sie einschätzte, gelang es ihr immer, ihr Konto ausgeglichen zu halten.

Die Eröffnung der Jagdsaison lockte jeden hinaus, der je ein Bein über ein Pferd geschwungen hatte. Blair wollte seinen Augen nicht trauen, als Harry auf die ebene Weide fuhr. Die Landschaft war mit Pferdeanhängern übersät. Es gab kleine Anhänger für ein Pferd, Zwei-Pferde-Anhänger, Vier-Pferde­Anhänger, mehrere Sattelschlepper, die Gefährte zogen, in de­nen eine ganze Familie Platz gefunden hätte, Imperator-Laster mit Aufbau und sogar einen Mitsubishi-Laster, dessen stupsna­sige Schnauze sowohl Bewunderung als Spott auslöste.

Die Pferde, die abgeladen und an diesen Gefährten angebun­den waren, sorgten für Farbtupfer. Jeder Stall hatte seine eige­nen Farben, die im Anstrich der Anhänger und am Outfit der Pferde zum Ausdruck kamen: Die Decken wiesen auf ihre Zu­gehörigkeit hin. Harrys Farben waren Königsblau und Gold, und so war Tomahawks blaue Decke mit Gold eingefaßt, und in seinen Schweif war eine goldene Kordel eingeflochten. Da wa­ren Decken in unzähligen Farbkombinationen: Jägergrün mit Rot, Rot mit Gold, Schwarz mit Rot, Blau mit Grün, Braun mit Blau, Braun mit Jägergrün, Silber mit Grün, Himmelblau mit Weiß, Weiß mit jeder Farbe, und eine Decke war sogar lila mit Rosa. Die lila-rosa Decke gehörte Mrs. Annabelle Milhken, die vor Jahren eine lila-weiße Decke bestellt hatte; die Verkäuferin hatte die Farben falsch notiert, und Mrs. Milhken war zu höflich gewesen, um sie zu korrigieren. Nach einer Weile hatten sich alle an die Farbkombination gewöhnt. Sogar Mrs. Milhken.

Big Marilyns Farben waren Rot und Gold. Ihr Pferd, ein glän­zender brauner Wallach, hätte einem Gemälde von Ben Mars­hall entsprungen sein können, während Little Marilyns Kastani­enbrauner aussah, als sei er aus einem Bild von George Stubbs getrabt.

Harry band ihre Krawatte um, zog die kanariengelbe Weste, den Jagdrock und die Rehlederhandschuhe an und setzte sich die Melone auf. Die Anhängerstoßstange als Steighilfe benut­zend, schwang sie sich in den Sattel. Blair bot ihr seine Hände als Steighilfe an, aber sie sagte, sie und Tomahawk seien das Do-it-yourself-Verfahren gewöhnt. Der gute Tommy, mit einer D-Trense, stand still, die Ohren gespitzt. Er liebte die Jagd. Blair reichte Harry ihre Jagdpeitsche mit der langen Schnur genau in dem Moment, als Jock Fiery vorüberritt und ihr »Waidmannsheil« wünschte.

Als Harry davon trabte, um sich die Begrüßungsreden von Master Jill Summers und Tim Bishop anzuhören, tat sich Blair mit Mrs. Hogendobber zusammen. Sie betrachteten die Szene­rie. Jack Eicher, der Hundeführer, brachte die Hunde auf die andere Seite der Jagdgesellschaft. Pferd, Hunde, Treiber und Feld schimmerten im sanften Licht. Susan schloß sich der Grup­pe an. Sie mühte sich noch mit ihrem Haarnetz ab und ließ es schließlich fallen. Gloria Fennen, Hilltoppermaster, zog ein neues Haarnetz aus ihrer Tasche und gab es Susan.

Blair fragte Mrs. Hogendobber: »Reiten hier alle?«

»Ich nicht, wie Sie sehen.« Sie nickte zu Stafford und Brenda hinüber, die beide wie verrückt fotografierten. »Er ist früher geritten.«

»Ich nehme am besten ein paar Reitstunden.«

»Lynne Beegle.« Mrs. Hogendobber deutete auf eine zierliche junge Dame auf einem herrlich gebauten Vollblüter. »Die ganze Familie reitet. Sie ist eine ausgezeichnete Lehrerin.«

Ehe Blair weitere Fragen stellen konnte, führte die Treiber­wehr, die aus drei Pikören, dem Hundeführer und den Mastern bestand, die Hunde an die Stelle, wo die Weide abfiel. Das Feld folgte.

»Jetzt werden die Jagdhunde losgelassen.«

Blair vernahm ein aufgeregtes »Huuh, huuh, huuh, huhh«. Er konnte mit den Lauten nichts anfangen, aber die Hunde wußten, was sie zu tun hatten. Sie schwärmten aus, die Nasen am Bo­den, die Schwänze gen Himmel gestreckt. Bald schlug eine Hündin namens Streisand tiefkehlig an. Ein weiterer Hund stimmte ein, dann noch einer. Blair lief es kalt über den Rücken, als er den Chor hörte. Das Tier in ihm setzte sich gegenüber seinem hochentwickelten Verstand durch. Er wollte auch jagen.

Das wollte auch Mrs. Hogendobber, die ihn durch ein Hand­zeichen aufforderte, zu Fuß zu folgen. Mrs. H. kannte jeden Zentimeter des westlichen Bezirks. Als begeisterte Anhängerin der Niederjagd konnte sie vorausahnen, wohin es die Hunde treiben würde, und oft fand sie den besten Platz zum Zuschau­en. Mrs. H. erklärte Blair, die Niederjagd sei der Fuchsjagd sehr ähnlich, nur daß das Jagdwild Kaninchen seien und das Feld zu Fuß folge. Blair gewann einen ganz neuen Respekt vor Mrs. Hogendobber, für die selbst die größten Unebenheiten im Bo­den kein Hindernis darstellten.

Sie erreichten einen großen Hügel, von wo sie ein langes, fla­ches Tal überblicken konnten. Die Hunde, die der Fuchsspur folgten, rasten über die Wiese. Der Jagdführer, derjenige unter den Treibern, dem es oblag, für Ordnung zu sorgen und das Feld zu dirigieren, führte die Jagd über die erste von einer Reihe Hürden - eine zweiseitige, schräge Palisade, die von beiden Seiten übersprungen werden konnte. Sie war beachtliche 1,70m hoch. Blair deutete auf eine Gestalt, die mühelos über die Pali­sade setzte. »Ist das Harry?«

»Ja. Susan ist direkt hinter ihr, und Mim liegt nicht weit zu­rück.«

»Kaum zu glauben, daß Mim die Strapazen der Fuchsjagd auf sich nimmt.«

»Bei ihrem ganzen Getue hat die Frau eine eiserne Kondition. Reiten kann sie.« Mrs. Hogendobber verschränkte die Arme. Big Marilyns brauner Wallach schien über die Palisade zu schweben. Er nahm die Hürde ohne jede Anstrengung.

Harry lächelte, als das Tempo sich steigerte. Sie liebte ein zü­giges Rennen, trotzdem freute sie sich über das erste Hindernis. Sie hielten an, der Hundeführer leinte die Hunde wieder an, damit sie die Spur neu aufnehmen konnten. Mit Harry im ersten Pulk waren Reverend Herbert Jones, prächtig anzusehen in seinem scharlachroten Jagdrock, Carol, die in ihrer schwarzen Jacke mit dem belgischblauen Kragen und der Reitkappe wie eine Zauberin aussah, Big Marilyn und Little Marilyn, beide in Reitfrack und Zylinder, die Kragen ihrer Fräcke mit ihren Jagd­farben garniert, und Fitz-Gilbert in seinem schwarzen Rock mit Melone. Fitz hatte sich seine Farben noch nicht verdient, des­wegen stand es ihm nicht zu, sich mit dem roten Reitrock zu schmücken. Die Gruppe hinter ihnen holte auf, jemand brüllte »Halt!«, und die Nachfolgenden hielten an. Harry sah sich um, und sie verspürte plötzlich eine große Zuneigung für diese Menschen. Wenn sie beide auf dem Boden standen, hätte sie Mim ohrfeigen können, aber zu Pferde blieb der Gesellschafts­tyrannin keine Zeit, allen Leuten zu sagen, was sie zu tun hat­ten.