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»Mit einem Wort, ja.« Er machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hinaus.

Miranda stellte sich neben Harry. »Vergessen Sie's. Das geht vorbei. Und er schaut wirklich dumm aus der Wäsche.«

»Und zwar aus der schmutzigen. Sieht ganz schön bekleckert aus.« Harry fing an zu kichern.

»Bitte keine Schadenfreude, Mary Minor Haristeen. Der Herr blickt nicht mit Milde auf die Schadenfrohen. Und wenn ich mich recht erinnere, haben Sie Blair Bainbridge gern.«

Das ernüchterte Harry im Nu »Klar, ich mag ihn, aber verzeh­ren tu ich mich nicht nach ihm.«

»Ha!« schnaubte Tucker.

»Gern haben Sie ihn trotzdem«, beharrte Miranda.

»Okay, okay, ich hab ihn gern. Wieso nimmt eigentlich ganz Crozet Anstoß an einer alleinstehenden Person? Bloß weil ich meinen Nachbarn mag, heißt es noch lange nicht, daß ich mit ihm schlafen will, und es heißt noch lange nicht, daß ich ihn heiraten will. Alle zäumen sie das Pferd von hinten auf. Ich lebe gern allein, wirklich. Ich brauche Fair nicht mehr seine Klamot­ten nachzuräumen, ich muß sie nicht mehr waschen und bügeln, und ich brauch mir nicht zu überlegen, was ich zum Abendes­sen kochen soll. Ich brauch nicht um sieben ans Telefon zu gehen, um zu hören, daß es Probleme mit einer fohlenden Stute gibt und er nicht nach Hause kommt. Und ich vermute, eine der Stuten war Boom Boom Craycroft. Ich dachte, mich tritt ein Pferd. Ich will mich nie wieder um einen Mann kümmern.«

»Na, na, eine Ehe ist ein Fifty-fifty-Unternehmen.«

»Ach Quatsch, Miranda Zeigen Sie mir eine x-beliebige Ehe in dieser Stadt, und ich werde Ihnen nachweisen, daß die Frauen fünfundsiebzig Prozent der Arbeit machen, sowohl körperlich wie emotional. Himmel, die Hälfte der Männer hier in der Ge­gend mäht nicht mal den Rasen. Das erledigen ihre Frauen.«

Das Körnchen Wahrheit in diesem Ausbruch veranlaßte Mi­randa, darüber nachzudenken. Wenn sie einmal einen Stand­punkt eingenommen hatte, fiel es ihr sehr schwer, ihn zu revi­dieren - abschwächen vielleicht, revidieren nein. »Aber, meine Liebe, glauben Sie nicht, daß die Männer von ihrer Arbeit erle­digt sind?«

»Wer hat so viel Geld, daß er sich eine Ehefrau leisten kann, die nicht arbeitet? Die Frauen sind genauso erledigt. Wenn ich nach Hause kam, hatte ich die Hausarbeit am Hals. Er wollte sie nicht machen, dabei habe ich selbst auch verdammt hart gear­beitet.«

Little Marilyn kam herein.

»Habt ihr Krach, ihr zwei?«

»Nein!« brüllte Harry sie an.

»Weihnachten«, sagte Miranda lächelnd, als würde das die Spannung erklären.

»Nimm Valium. Wie meine Mutter. Sie hat an die dreihundert Namen auf ihrer Einkaufsliste. Du kannst dir vorstellen, wie durchgedreht sie ist. Ich kann nicht behaupten, daß mir das Ganze Spaß macht. Aber wir haben einen Ruf zu bewahren, und wir dürfen die kleinen Leute nicht im Stich lassen.«

Da brannte bei Harry die Sicherung durch. »Schön, Marilyn, dann gestatte mir, daß ich dich und deine Mutter von einer Per­son befreie, die zu den kleinen Leuten gehört!« Harry ging zur Hintertür hinaus und knallte sie zu.

Little Marilyn zog einen Flunsch. »Sie konnte mich schon als Kind nicht leiden.«

Miranda, deren gesellschaftliche Position unantastbar war, sprach ein offenes Wort. »Marilyn, Sie machen es einem wirk­lich nicht leicht.«

»Was meinen Sie damit?«

»Sie tragen die Nase so hoch, daß Sie ertrinken, wenn es reg­net. Hören Sie auf, Ihre Mutter zu imitieren. Seien Sie Sie selbst. Jawohl, seien Sie Sie selbst. Das ist das einzige, was Sie besser können als alle anderen. Sie werden viel glücklicher sein, und die Leute um Sie herum auch.«

Diese erfrischende Brise Aufrichtigkeit verblüffte die jüngere Frau dermaßen, daß sie blinzelte, sich aber nicht vom Fleck rührte.

Mrs. Murphy, die halb aus dem Postbehälter hing, betrachtete die verdatterte Marilyn.

»Tucker, geh um den Schalter rum. Little Marilyn kriegt gleich entweder 'nen Ohnmachtsanfall oder 'nen Schrei­krampf.«

Tucker schlich gehorsam um die Tür herum. Ihre Pfoten klick­ten auf den Holzdielen.

Little Marilyn schnaufte tief durch. »Mrs. Hogendobber, Sie haben kein Recht, so mit mir zu sprechen.«

»Ich nehme mir das Recht. Ich gehöre zu den wenigen Men­schen, die hinter Ihre Fassade schauen, und ich gehöre zu den wenigen, die Sie trotzdem mögen.«

»Eine komische Vorstellung von Freundschaft haben Sie.« Little Marilyns schmales Gesicht bekam wieder Farbe.

»Kind, gehen Sie nach Hause und denken Sie darüber nach. Wer sagt Ihnen die Wahrheit? Wen würden Sie um drei Uhr nachts anrufen, wenn Sie sich mies fühlen? Ihre Mutter? Wohl kaum. Tun Sie irgendwas in Ihrem Leben, das Sie richtig glück­lich macht? Wie viele Armbänder, Ketten und Autos können Sie sich kaufen? Aber macht das alles Sie glücklich? Wissen Sie, Marilyn, das Leben ist wie ein Flugzeugträger. Wenn bei der Navigation ein Fehler passiert, braucht das Schiff andert­halb Kilometer, bloß um zu wenden.«

»Ich bin kein Flugzeugträger.« Little Marilyn hatte sich genü­gend erholt, um kehrtzumachen und zu gehen.

Miranda knallte Briefe auf den Schalter. »Der Tag fängt ja gut an«, sagte sie zu der Katze und dem Hund, merkte dann, mit wem sie sprach, und schüttelte den Kopf. »Was tu ich da?«

»Du führst ein intelligentes Gespräch«, schnurrte Mrs. Mur­phy.

Harry öffnete verlegen die Hintertür. »Tut mir leid.«

»Schon gut.« Miranda öffnete den nächsten Postsack.

»Ich hasse Weihnachten.«

»Kommen Sie, lassen Sie sich von der Arbeit nicht kleinkrie­gen.«

»Es ist nicht nur das. Die Morde gehen mir nicht aus dem Kopf, und ich glaube, daß Blair mit Boom Boom auf diesen dämlichen Ball geht, das wurmt mich mehr, als ich gedacht hätte. Aber warum hätte er mich einladen sollen? Ich kann mir die Reise nach New York nicht leisten, und ich hab nichts anzuziehen. Mit mir am Arm kann kein Mann Eindruck schinden. Trotzdem.« Ihre Stimme verlor sich. »Und ich kann es nicht fassen, daß Fair diesem Weib verfallen sein soll.« Sie machte eine Pause. »Und Weihnachten vermisse ich Mom und Dad am allermeisten.«

Tucker setzte sich neben Harrys Füße, und Mrs. Murphy ging ebenfalls zu ihr.

Miranda verstand. Auch sie mußte mit Verlusten leben. »Ver­zeihen Sie, Harry. Weil Sie jung sind, denke ich manchmal, alles müßte wunderbar sein. Aber ich weiß, wie das ist, die Weihnachtslieder zu hören und zu wünschen, die alten vertrau­ten Stimmen würden mit uns singen. Nichts wird wieder so, wie es einst war.« Sie trat zu Harry und klopfte ihr auf den Rücken, denn Mrs. Hogendobber lag es nicht, ihre Gefühle über­schwenglich zu offenbaren. »Gott schließt keine Tür, ohne eine andere zu öffnen. Das sollten Sie nie vergessen.«

43

Glänzende Schärpen spannten sich quer über manche Männer­brust, Orden baumelten über Herzen. Die in Uniform gekom­men waren, ließen die Herzen der Damen höher schlagen. So stattliche Herren, so schöne Frauen, beladen mit Juwelen, deren Gesamtsumme das Bruttosozialprodukt von Bolivien überstieg.

Boom Boom schwirrte der Kopf. Blair, im Frack, glitt mit ihr über die Tanzfläche, eine der elegantesten in ganz Amerika. Was war Crozet dagegen? Boom Boom hatte das Gefühl, ange­kommen zu sein. Wenn sie Blair nicht den Kopf verdrehen konnte - Blair war aufmerksam, aber sie spürte, daß sie ihn körperlich nicht reizte -, dann würde sie sich einen anderen angeln, bevor die Nacht der Dämmerung wich.

Ein korallenrotes Kleid betonte ihren dunklen Teint, der tiefe Ausschnitt lenkte die Aufmerksamkeit auf ihre Prachtstücke. Als sie und Blair nach dem Tanz an ihren Tisch zurückkehrten, kam einer seiner Studienfreunde zu ihnen. Nachdem sie vorge­stellt worden waren, zog sich Orlando Heguay einen Stuhl her­an.

»Na, wie ist das Leben in der Provinz?«