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Architekturfans freuten sich über eine Einladung nach Zion Hill, weil die Räume nach dem Abstand zwischen dem Ellbo­gen des Poliers bis zur Spitze seines Mittelfingers abgemessen worden waren. Die Maße waren nicht exakt, aber optisch wirk­ten die Zimmer vollkommen. Gärtner erfreuten sich an den Buchsbäumen und dem Garten mit immergrünen und einjähri­gen Pflanzen, der über zwei Jahrhunderte liebevoll gepflegt worden war. Und auch die Speisen erfreuten jedermann. Daß die Gastgeberin sich als Herrin aufspielte, freute niemanden, aber auf der Weihnachtsparty waren so viele Leute, mit denen man reden konnte, daß man zu Mim nur »hallo« und beim Ge­hen »danke für den wunderbaren Abend« sagen mußte.

Die Säufer von Albemarle County, die an der Punschschüssel und an der Bar festklebten, hatten Nasen so rot wie das Gewand des Weihnachtsmanns. Dieser erschien pünktlich um 20 Uhr für die Kinder. Er verteilte seine Gaben, danach konnten die Mamis und Papis ihre Engel nach Hause bringen und schlafen legen. Als das junge Gemüse abtransportiert war, drehten die Leute voll auf. Alle Jahre wieder konnte man sich darauf verlassen, daß jemand stockbesoffen umkippte, Streit anfing, heulte oder einen unglücklichen oder auch glücklichen Partygast verführte.

Dieses Jahr hatte Mim den Chor der lutheranischen Kirche be­stellt. Der Auftritt war für 21 Uhr 30 festgesetzt, damit die Frühaufsteher die Weihnachtslieder mitsingen und anschließend nach Hause gehen konnten.

Giftgrün glitzerten Mims Smaragde an ihrem Hals. Ihr weißes Kleid war eigens kreiert, um den Schmuck zur Geltung zu brin­gen. Die Smaragdohrgehänge paßten zur Halskette. Der Ge­samtwert dürfte sich im Einzelhandel bei Tiffany auf 200.000 Dollar belaufen haben. Auf dem Edelsteinsektor gab es harte Konkurrenz durch Boom Boom Craycroft, die Saphire bevorzugte, und Miranda Hogendobber, die eine Vorliebe für Rubine hatte. Miranda, beileibe nicht wohlhabend, hatte ihre kostbare Halskette aus Rubinen und Diamanten von der Schwester ihrer Mutter geerbt. Susan Tucker trug schlichte Diamantohrringe, und Harry trug überhaupt keine Steine. Für eine Frau war Mims Weihnachtsparty wie ein Eintrag in die Gesellschaftsklatsch­spalten. Es war über die Maßen wichtig, wer was trug, und Har­ry konnte da nicht mithalten. Sie wünschte, sie wäre darüber erhaben, aber sie hätte liebend gern eine schicke Garnitur aus Ohrringen, Halskette und Ring gehabt. Wie die Dinge lagen, trug sie den verbogenen Ohrring.

Die Herren trugen grüne, rote oder buntkarierte Kummerbun­de zu ihren Fräcken. Jim Sanburne trug einen Mistelzweig im Knopfloch, womit er tatsächlich die gewünschte Wirkung er­zielte. Fitz-Gilbert trat im Kilt auf, was ebenfalls die gewünsch­te Wirkung hatte. Die Frauen bemerkten seine Beine.

Fair begleitete Boom Boom. Harry konnte nicht ergründen, ob es eine vor längerem getroffene Verabredung war, ob er schwach geworden oder schlicht masochistisch veranlagt war. Blair begleitete Harry, was sie freute, obwohl er sie erst in letz­ter Minute gefragt hatte.

Fitz-Gilbert bot Macanudo-Zigarren an. Seine kubanischen Montecristo verwahrte er für ganz besondere Gelegenheiten auf oder verteilte sie nach Lust und Laune, aber eine gute Macanu­do war gewissermaßen der Jaguar, wenn eine Montecristo der Rolls-Royce unter den Zigarren war. Blair paffte frohgemut die Gratiszigarre.

Susan und Ned gesellten sich zu ihnen, außerdem Rick Shaw im Frack und Cynthia Cooper, die einen Samtrock mit einem festlichen roten Oberteil trug. Die kleine Gruppe unterhielt sich über die Damen-Basketballmannschaft der Universität von Vir­ginia. Alle waren stolz auf dieses Team. Unter der geschickten Führung der Trainerin Debbie Ryan hatten sich die Frauen lan­desweit Anerkennung errungen.

Ned meinte: »Wenn sie bloß den Korb niedriger hängen wür­den. Ich vermisse den Sprungwurf Ansonsten spielen die Mä­dels großartig Basketball, und sie können werfen.« »Besonders die an der Dreipunktelinie.« Harry lächelte. Sie liebte diese Basketballmannschaft.

»Ich finde die Abwehrspielerinnen am besten«, sagte Susan. »Debbie Ryan ist Brookies Heldin. Die meisten Mädchen wol­len Filmstar oder Schauspielerin werden. Brookie will Trainerin werden.«

»Klingt vernünftig.« Blair bemerkte Susans Tochter inmitten einer Gruppe Achtkläßler. Ein anstrengendes Alter, für die jun­gen Leute ebenso wie für die Erwachsenen.

Market Shiflett trat zu ihnen. »Tolle Party. Ich kann es jedes Jahr kaum abwarten. Es ist das einzige Mal, daß Mim mich hierher einlädt, außer wenn ich eine Bestellung abliefern soll.« Sein Gesicht glänzte. Er hatte sich Johnnie Walker Black ein­verleibt, seine Lieblingsmarke.

»Sie denkt einfach nicht dran«, sagte Harry diplomatisch.

»Quatsch«, widersprach Market. »Möchtest du mit Nachna­men Shiflett heißen?«

»Market, wenn Sie ein typisches Exemplar sind, wäre es mir eine Ehre, den Namen Shiflett zu tragen.« Blairs Baritonstimme klang beschwichtigend.

»Hört, hört.« Ned hob sein Glas.

Das Klirren von splitterndem Glas lenkte sie ab. Boom Boom hatte Mrs. Drysdale in Rage gebracht, weil sie ihre Brüste unter Patrick Drysdales Adlernase schwingen ließ. Patrick, nicht un­empfänglich für solche Gaben, vergaß, daß er ein verheirateter Mann war, eine Vergeßlichkeit, die sich auf solchen Riesenpar­ties geradezu seuchenartig ausbreitete. Missy warf mit einem Glas nach Boom Booms Kopf. Aber es flog knapp an Dr. Chuck Beegles Kopf vorbei und krachte an die Wand.

Mim beobachtete das Ganze. Sie nickte Little Marilyn zu.

Little Marilyn schwebte herbei. »Na, Missy, Schätzchen, wie wär's mit einem Schluck Kaffee?«

»Hast du gesehen, was das Biest getan hat? Die kann sich wohl nicht anders empfehlen als mit ihren. ihren Titten!«

Boom Boom, halb betrunken, lachte. »Ach komm, Missy, stell dich nicht so an. Du warst schon in der sechsten Klasse neidisch auf mich, als wir die Geflügelarten durchnahmen und die Jungs dich Hühnerbrüstchen nannten.«

Diese Bemerkung brachte Missy derart in Wut, daß sie in eine Schüssel mit Käsedip langte. Gleich darauf war Boom Booms Busen mit einer Handvoll von dem pappigen gelben Zeug deko­riert.

Boom Boom schubste Missy: »Verdammter Mist, du hast meine Saphire bekleckert!«

»Ach, das sollen Saphire sein?« kreischte Missy.

Harry stieß Susan an. »Los.«

»Darf ich helfen?« erbot sich Blair.

»Nein, das ist Frauensache«, sagte Susan lässig.

Harry flüsterte ihrer Freundin zu: »Wenn sie ausholt, landet sie einen Rundumschlag. Boom Boom ist zu keinem gezielten Schlag fähig.«

»Ja, ich weiß.«

Susan legte flugs einen Arm um Boom Booms schmale Taille und bugsierte sie in die Küche. Das Gezische erstarb.

Harry schlich sich unterdessen hinter Missy, legte ihr beide Hände auf die Schultern und steuerte sie zum Badezimmer. Little Marilyn kam mit.

»Gott, ich hasse sie, und wie ich sie hasse.« Missy schäumte, ihre Haarsprayfrisur wippte bei jedem Schritt. »Wenn ich wirk­lich gehässig wäre, würde ich sie Patrick an den Hals wünschen. Sie vernichtet jeden Mann, den sie anfaßt!« Jetzt merkte Missy, wer sie dirigierte. »Verzeihung, Harry. Ich bin so wütend, daß ich nicht mehr weiß, was ich rede.«

»Schon gut, Missy. Du weißt genau, was du redest, und ich bin absolut deiner Meinung.«

Das eröffnete eine neue Gesprächsgrundlage, und Missy wur­de deutlich ruhiger. In dem geräumigen Badezimmer ließ Little Marilyn kaltes Wasser über einen Waschlappen laufen und legte ihn Missy auf die Stirn.

»Ich bin nicht betrunken.«

»Ich weiß«, erwiderte Little Marilyn. »Aber bei mir hilft das, wenn ich durchdrehe. Mutter unterstützt natürlich den Upjohn- Konzern.«