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»Juhuu!« rief Mrs. Murphy. Ihr Übermut wirkte ansteckend.

»Miss Pussy, du solltest zum Zirkus gehen.« Harry warf einen kleinen Schneeball in die Luft, damit Mrs. Murphy ihn auffing.

»Genau, in die Monstershow«, knurrte Tucker. Sie haßte es, ausgestochen zu werden.

Simon kam herbei und lugte unter der Stalltür hervor.»Macht ihr heute aber einen Lärm.«

Harry, über die Schaufel gebeugt, hatte die glänzenden Augen und die rosa Nase unter der Tür noch nicht bemerkt. Sie war erst halb am Ziel, und der Schnee wurde immer schwerer.

»Keine Arbeit heute.« Nach einem weiteren Sprung, der die Schwerkraft Lügen strafte, landete Mrs. Murphy kopfüber im Schnee.

»Meint ihr, Harry backt Weihnachtsplätzchen oder schüttet Sirup in den Schnee?« fragte Simon.»Mrs. MacGregor hat die allerbesten Sirupbonbons gemacht.«

»Da würde ich mich nicht drauf verlassen«, brüllte Tucker hinter Harry hervor,»aber sie hat ein Weihnachtsgeschenk für dich. Wetten, sie bringt es morgen früh mit nach draußen, wenn sie die Pferde beschert.«

»Die Pferde sind so blöd. Ob sie das überhaupt schnallen?« nörgelte Simon über die grasfressenden Tiere. Ähnliche Vorur­teile hegte er gegen Kühe und Schafe.»Was hat sie für mich?«

»Darf ich nicht sagen. Das wäre Schummeln.« Mrs. Murphy beschloß, sich einen Augenblick in den Schnee zu setzen, um zu verschnaufen.

»Wo bist du, Murph?« Tucker wurde immer bange zumute, wenn sie ihre beste Freundin und ständige Peinigerin nicht se­hen konnte.

»Hab mich versteckt.«

»Sie ist links von dir, Tucker, und ich wette, sie will durch den Schnee düsen und dich erschrecken«, warnte Simon.

Zu spät, denn genau das tat Mrs. Murphy, und Tucker und Harry fuhren zusammen.

»Ätsch-bätsch!« Die Katze wirbelte herum und flitzte wieder vom Weg herunter.

»Das Mädel ist vollkommen übergeschnappt«, sagte Tucker zu Harry, die nicht zuhörte.

Endlich bemerkte Harry Simon. »Frohe Weihnachten, Klei­ner.«

Simon zog sich zurück, dann steckte er den Kopf wieder her­aus. »Ah, frohe Weihnachten, Harry.« Dann sagte er zu Mrs. Murphy, die inzwischen an die Stalltür gekommen war: »Ich find's gräßlich, mit Menschen zu sprechen, aber es macht ihr solche Freude.«

Ein tiefes Brummen alarmierte Simon. »Bis später, Murphy.« Er hastete den Gang entlang, die Leiter hinauf und quer über den Heuboden in sein Nest. Murphy steckte neugierig den Kopf aus der Stalltür. Ein glänzender neuer Ford Explorer, jägergrün­metallic mit einem Rallye streifen und, was noch besser war, einem Schneepflug vorne dran, bog in die Zufahrt ein. Eine Bahn war sauber freigeschaufelt.

Blair Bainbridge öffnete sein Fenster. »He, Harry, aus dem Weg. Ich mach das schon.«

Ehe sie etwas erwidern konnte, pflügte er geschwind einen Gehweg zum Stall.

Er stellte den Motor ab und stieg aus. »Klasse, was?«

»Ist der schön.« Harry fuhr mit der Hand über die Motorhau­be, die mit einem galoppierenden Pferd geschmückt war. Sehr teuer.

»Er ist schön, und er ist für heute Ihre Kutsche mit mir als Fahrer. Ich weiß, Sie haben keinen Allradantrieb, und ich wette, Sie haben Geschenke zu verteilen. Also holen Sie sie, und wir fahren los.«

Harry, Mrs. Murphy und Tucker verbrachten den Rest des Vormittags damit, Geschenke abzuliefern: für Susan Tucker und ihre Familie, Mrs. Hogendobber, Reverend Tones und Ca­rol, Market und Pewter und schließlich Cynthia Cooper. Harry stellte erfreut fest, daß alle auch für sie ein Geschenk hatten. Alle Jahre wieder tauschten Freunde und Freundinnen. Gaben aus, und alle Jahre wieder staunte Harry, daß sie an sie dachten.

Blair liebte Weihnachten. Er mochte die Musik, die Dekora­tionen, die Vorfreude in den Gesichtern der Kinder. In still­schweigender Übereinkunft wurde bis nach den Feiertagen nicht über Cabell gesprochen. Blair begleitete Harry, Katze und Hund in die diversen Häuser, und die Leute bestaunten die wei­ße Weihnacht und die Festtagsschleife an Tuckers Halsband, ein Geschenk von Susan. Eierpunsch wurde angeboten, Whis­key Sour, Tee und Kaffee. Plätzchen in Form von Tannenbäu­men, Glocken und Engeln, mit rotem oder grünem Glitzer über­zogen, wurden herumgereicht. Dieses Jahr gab es zu Weihnach­ten so viele Früchtekuchen, wie die Firma Claxton in Georgia produzieren konnte, außerdem die hausgemachte, rumgetränkte Sorte. Kalter Truthahnbraten für Sandwiches, Maisbrot und Hackfleischpastete wurden in Tupper-Gefäßen sicher verstaut und Harry mitgegeben, deren mangelhafte Kochkünste ihren Freunden bekannt waren.

Nachdem sie Cynthia ihr Geschenk gegeben hatten, fuhren sie durch den Schnee zum Tierheim, denn Harry brachte auch dort immer Gaben hin. Das Büro des Sheriffs war vollgestopft mit Geschenken, aber nicht für Rick oder Cynthia. Es waren »ver­dächtige« Geschenke. Cynthia freute sich über ihr unverdächti­ges.

Blair bemerkte: »Sie haben großes Glück, Harry.«

»Wieso?«

»Weil Sie wahre Freunde haben. Und das nicht nur, weil der Wagen mit Geschenken überladen ist.« Er fuhr langsamer. »Ist das die Abzweigung?«

»Ja. Es ist keine starke Steigung, aber bei diesem Wetter ist es trotzdem nicht einfach.«

Sie fuhren den Hügel hinauf und bogen nach rechts in den kleinen Feldweg ein, der zum Tierheim führte. Fairs Lieferwa­gen parkte davor.

»Wollen Sie trotzdem reingehen?«

»Na klar.« Sie überhörte die Anspielung. »Die Türen werden ohnehin geschlossen sein.«

Gemeinsam luden sie Kisten mit Katzen- und Hundefutter ab. Als sie ihre Last zum Eingang schleppten, öffnete Fair die Tür, und sie gingen hinein.

»Frohe Weihnachten.« Er gab Harry einen Kuß auf die Wan­ge.

»Frohe Weihnachten.« Sie gab ihm auch einen.

»Wo sind die Leute alle?« fragte Blair.

»Heiligabend gehen sie immer früh nach Hause. Ich bin vor­beigekommen, um nach einem Hund zu sehen, der von einem Auto angefahren wurde. Er hat's nicht überlebt.« Harry wußte, daß es Fair immer noch naheging, wenn er einen seiner Schütz­linge verlor. Obwohl er auf Pferde spezialisiert war, tat er wie die anderen Tierärzte unentgeltlich Dienst im Tierheim. Als sie verheiratet waren, hatte Harry Weihnachten immer Futter ge­bracht, und Fair hatte natürlich den Feiertagsdienst im Heim übernommen.

»Tut mir leid.« Harry meinte es ehrlich.

»Kommt mal mit, ich muß euch was zeigen.« Er führte sie zu einem Karton. Zwei kleine Kätzchen waren darin. Eins war grau mit einem weißen Latz und weißen Pfoten, das andere war dunkel gescheckt. Die armen Tierchen schrien jämmerlich. »Irgendein Trottel hat sie einfach hier abgeladen. Sie waren eiskalt und halb verhungert, als ich kam. Aber ich glaube, sie werden durchkommen. Ich habe sie untersucht und ihnen die Erstimpfung verpaßt. Keine Würmer, was ein Wunder ist, und keine Flöhe. Zu kalt dafür. Aber eine Todesangst natürlich.«

»Füllst du die Papiere aus?« fragte Harry Fair.

»Sicher.«

Sie langte in den Karton und nahm ein Kätzchen in jede Hand. Dann legte sie sie Blair in die Arme. »Blair, das hier ist die einzige Liebe, die man kaufen kann. Ich kann mir nicht vorstel­len, was ich Ihnen lieber zu Weihnachten schenken würde.«

Das graue Kätzchen, ein Weibchen, hatte schon die Augen ge­schlossen und schnurrte. Das gescheckte, noch etwas zögerlich, musterte Blairs Gesicht.

»Na los, sagen Sie ja!« Fair hatte schon seinen Stift gezückt und hielt ihn über die Übernahmeformulare des Tierheims. Wenn er sich über Harrys Geste wunderte, sagte er es nicht.