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«Und dann», sagte der Dicke, «war er auf einmal weg.» Nämlich der Mann. Der nur habe wissen wollen, was das für eine Maschine sei in seinem eigenen Haus da. Er habe den Bungalow dann ohne Erklärung verlassen, eilig und grußlos — und das war es auch schon.

«Das ist ja verrückt!», rief Michelle enttäuscht. Sie hatte keine Ahnung, warum der Mann ihr das alles erzählte.

Er schwieg eine Weile. Dann lächelte er.

«Und jetzt wollen Sie natürlich wissen, was ich dann gemacht habe», sagte er, und Michelle, die gern länger darüber nachgedacht hätte, ob sie das wirklich wissen wollte, spürte eine Art von geistiger Lähmung. Sie machte große Augen und nickte.

«Ich bin ja auch immer noch meiner Mutter Kind», sagte der Dicke. Und wenn das kein Wink des Schicksals sei. Da sei er dann eben an den Strand zurück, von wo aus man das Haus habe beobachten können. An dem ja noch immer die Tür offen gestanden habe. Bis zum Abend. Und als der Mann nicht zurückkehrte, habe er einen Handkarren gemietet und die Maschine abtransportiert und zu Geld gemacht, moralisch hin oder her. Achtzig Dollar habe das gebracht, ein Zehntel des Werts, höchstens, aber weil es sein letzter Tag gewesen sei, sie verstehe. Und dann ins Hafenviertel und einmal Full House. Zwei Schwarze und eine Weiße.

Sie bitte um Verzeihung, sagte Michelle, und er wiederholte: zwei Superschwarze und eine Weiße. Die Weiße nur als Alibi. Aber sie müsse entschuldigen, da könne man als Mann nun einmal nicht gegen seine Präferenzen. In seinem Fall schwarz wie ein Brikett. Schwarz wie die Hölle. Oder gar nicht. Und, um es kurz zu machen, das Ende vom Lied, sie hätten versucht, ihn umzubringen. Er zog erneut seinen Hemdkragen runter und fuhr sich mit dem Daumen die Kehle entlang.

Aufgewacht in einem Straßengraben ohne Gepäck, ohne Geld, ohne Kleidung, Pass und Flugticket. Ein halber Tag auf der amerikanischen Botschaft. Und das sei nun seine Vergangenheit. Und die Zukunft sehe genauso aus, denn so seien sie. Die Frauen. Immer. Sein Pech. Das ganze Leben. Und er könne nun auch ohne Kartenlegen durchaus unglücklich sein.

Er schnaufte, hustete noch einmal schwer, schaute wie prüfend auf Michelles von der Wüstensonne dunkelbraun, ja fast schwarz gebrannte Haut und lächelte sie dann plötzlich auf eine so unangenehme, aufdringliche Art an, wie sie bei einem Mann seines Alters nicht selten zusammen mit Übergewicht und Haarausfall ein Ergebnis natürlicher Vorgänge zu sein scheint, auf eine Art, die doch zugleich so sonderbar kindlich und unschuldig wirkte, dass Michelle annahm, er sei sich seines Gesichtsausdruckes oder zumindest der Inkongruenz zwischen seinem aufgedunsenen, gealterten Gesicht und seinen jugendlichen Absichten kaum bewusst.

Aber sie wich seinem Blick auch nicht aus. Sie fixierte ihn im Gegenteil genau. Wie ein hochempfindliches Messgerät registrierte sie das Aufblühen seines Lächelns über das Stagnieren bis zu seinem unsicheren und leicht zuckenden Abebben und Verschwinden. Sie beobachtete, wie der große, starke Mann sich von ihr abwandte, verunsichert durch ihr Selbstbewusstsein, sich erneut zu ihr umwandte, um versuchsweise das anzügliche Lächeln zu erneuern, und der ganze Vorgang, der ganze durchsichtige Mann in seiner animalischen Unbeholfenheit erinnerte Michelle so sehr an den in der Kindheit besessenen liebenswerten Bullterrier, den sie als Ersatz für einen eingegangenen Kanarienvogel unterm Weihnachtsbaum gefunden hatte (im Schlafe sabbernd, mit blauer Schleife um den Bauch und einer Leine aus hellbraunem Leder), dass sie eine Neigung in sich keimen spürte, auf die weiteren Vertraulichkeiten des Dicken, die zum Ende dieser Flugreise so sicher erfolgen würden wie der tägliche Untergang der Sonne, weniger voreingenommen zu reagieren, ja geradezu überraschend herzlich einzugehen. Ihr Hochzeitsgeschenk war ein Solarium. Die Ehe lang und glücklich.

59. OPERATION ARTISCHOCKE

In solch einem Krieg ist es christlich und ein Werk der Liebe, die Feinde getrost zu würgen, zu rauben, zu brennen und alles zu tun, was schädlich ist, bis man sie überwinde. Ob es wohl nicht so scheint, dass Würgen und Rauben ein Werk der Liebe ist, weshalb ein Einfältiger denkt, es sei kein christliches Werk und zieme nicht einem Christen zu tun: so ist es doch in Wahrheit auch ein Werk der Liebe.

Luther

«Kleiner Scherz», sagte Helen. Mit weißen Shorts, weißer Bluse, weißem Sonnenhut, weißen Segeltuchschuhen und einer großen Umhängetasche aus Jute trat sie in den Raum. Sie warf Carl über Cockcrofts Schulter hinweg einen kurzen Blick zu und zog dann ein Paar grüner Gummihandschuhe, eine dicke, arabische Tageszeitung und eine Flachzange aus ihrer Tasche, welche sie alle dem Syrer gab.

Der Syrer faltete die Zeitung auseinander, nahm den Sportteil heraus und breitete die restlichen Teile sorgfältig auf dem Boden aus.

«Wie geht es dir?», fragte Helen und zog noch eine schwarze Plastikflasche heraus. «Hast du Durst?»

Sie schraubte die Flasche auf, roch an der Öffnung und reichte sie weiter an Cockcroft, der ebenfalls daran roch. Dann gingen sie zu dritt — Helen, Cockcroft und der Bassist — vor die Tür. Obgleich die Tür nicht fest schloss, konnte Carl kein Wort ihrer Unterhaltung verstehen. Als sie zurückkamen, gab Cockcroft dem Syrer ein Zeichen. Der riss sich von den unerfreulichen Ergebnissen der Primera División los, stopfte den Sportteil in seinen Hosenbund und stellte sich hinter den Baststuhl. Mit Händen wie ein Schraubstock umklammerte er Carls Kopf. Der Bassist griff Carl von vorn unters Kinn, und Helen setzte ihm die schwarze Flasche an die Lippen, während sie ihm gleichzeitig die Nase zuhielt.

«Mund auf. Mund auf. Mund auf. Schmeckt nicht gut, ist aber nicht giftig.»

Es schmeckte wirklich nicht gut. Und es war wirklich nicht giftig. Irgendwas streng Medizinisches. Bitter. Seifengeschmack.

Als sie ihm den Inhalt der Flasche zu großen Teilen eingeflößt hatten, ließen sie ihn los und traten rasch zurück. Carl gab einen Schwall gelblicher Flüssigkeit von sich, und während er noch schluckte und hustete, lösten sie seine Fesseln. Kraftlos rutschte er zu Boden. Sie befahlen ihm, sich auszuziehen, aber seine roten und blauen Arme gehorchten ihm nicht mehr. Sie beugten sich über ihn und zogen ihn aus. Dann zerrten sie ihn zu den ausgebreiteten Zeitungen und versuchten, ihn eine Hockstellung darauf einnehmen zu lassen. Aber er kippte immer wieder um. Schließlich hielt der Syrer ihn mit einer Faust am Schopf hoch. Sie schwankten zusammen hin und her.

Helen wischte ein paar Spritzer von ihrer Bluse. Cockcroft zerknüllte eine leere Zigarettenschachtel. Der Bassist krempelte seine Ärmel auf.

«Soll ich dich mal ablösen?»

«Wie lange braucht das denn?»

«Was steht denn auf der Flasche?»

«Spürst du schon was?»

«Nichts.»

«Gib mal die Flasche.»

«Spürst du schon was?»

«Wann war er denn zuletzt?»

«Ja, gar nicht.»

«Und davor?»

«Am Tag vorher. Und danach nicht mehr. Wenn ihr aufgepasst habt.»

«Und jetzt guck dir das an. Guck dir das an. Oha.»

Während Carl seinen Darminhalt über Hacken und Zeitung verteilte, schüttelte der Syrer ihn an den Haaren hin und her wie eine Tasche, die man ausleeren will.

Etwas später löste sich der Griff, und Carl kippte schlaff zur Seite. Seine Stirn schlug auf. Er rührte sich nicht mehr. Direkt vor seinem Auge bewegten sich kleine schwarze Punkte. Ameisen. Er hörte ein schnappendes Geräusch und sah über die wehenden Fühler hinweg, wie der Bassist sich die grünen Gummihandschuhe überstreifte. Carl hatte sich lange beherrscht, jetzt fing er an zu weinen.

Mit einem Taschenmesser begann der Bassist, im Kot herumzustochern. Tief in der Hocke vor der Zeitung, beide Arme zwischen den Knien herabhängend, schnitt er mit der Klinge kleine Stücke von der Kotwurst ab und strich sie auf dem Papier daneben aus, wie man ein Brot schmiert.