Dort finden sie denn unter dem Baum den sterbenden frommen Pilger, der sie ersucht, sich zu entfernen, ihn zu verlassen, damit sie nicht von gleichem Übel angefallen würden.
Gotthardus aber nahm sich vor, den Kranken nicht eher von sich zu lassen, als bis er genesen wäre, und versorgte ihn zum besten.
Als nun Rochus wieder ein wenig zu Kräften kam, begab er sich vollends nach Florenz, heilte daselbst viele von der Pest, und wurde selbst durch eine Stimme vom Himmel völlig wieder hergestellt.
Er beredte auch Gotthardum dahin, daß dieser sich entschloß, mit ihm seine Wohnung in dem Wald aufzuschlagen und Gott ohne Unterlaß zu dienen, welches auch Gotthardus versprach, wenn er nur bei ihm bleiben wollte, da sie sich denn eine geraume Zeit miteinander in einer alten Hütte aufhielten; und nachdem endlich Rochus Gotthardum zu solchem Eremitenleben genugsam eingeweiht, machte er sich abermals auf den Weg, und kam nach einer beschwerlichen Reise glücklich wieder nach Hause, und zwar in seiner Stadt, die ihm ehemals zugehört, und die er seinem Vetter geschenkt hatte.
Allda nun wurde er, weil es Kriegszeit war, für einen Kundschafter gehalten, und vor den Landsherrn geführt, der ihn wegen seiner großen Veränderung und armseligen Kleidung nicht mehr kannte, sondern in ein hart Gefängnis setzen ließ.
Er aber dankte seinem Gott, daß er ihn allerlei Unglück erfahren ließ, und brachte fünf ganzer Jahre im Kerker zu; wollte es auch nicht einmal annehmen, wenn man ihm etwas Gekochtes zu essen brachte, sondern kreuzigte noch dazu seinen Leib mit Wachen und Fasten.
Als er merkte, daß sein Ende nahe sei, bat er die Bedienten des Kerkermeisters, daß sie ihm einen Priester holen möchten.
Nun war es eine sehr finstere Gruft, wo er lag; als aber der Priester kam, wurde es helle, darüber dieser sich höchlich verwunderte, auch, sobald er Rochum ansahe, etwas Göttliches an ihm erblickte, und vor Schrecken halbtot zur Erden fiel, auch sich sogleich zum Landesherrn begab, und ihm anzeigte, was er erfahren; und wie Gott wäre sehr beleidigt worden, indem man den frömmsten Menschen so lange Zeit in einem so beschwerlichen Gefängnis aufgehalten.
Als dieses in der Stadt bekannt worden, lief jedermann häufig nach dem Turm, Sankt Rochus aber wurde von einer Schwachheit überfallen und gab seinen Geist auf.
Jedermann aber sah, durch die Spalten der Türe, einen hellen Glanz hervordringen; man fand auch bei Eröffnung den Heiligen tot und ausgestreckt auf der Erde liegen und bei seinem Haupt und den Füßen Lampen brennen; darauf man ihn auf des Landesherrn Befehl mit großem Gepränge in die Kirche begrub.
Er wurde auch noch an dem roten Kreuz, so er auf der Brust mit auf die Welt gebracht hatte, erkannt, und war ein großes Heulen und Lamentieren darüber entstanden.
Solches geschahe im Jahre 1327 den 16. August; und ist ihm auch nach der Zeit zu Venedig, allwo nunmehr sein Leib verwahret wird, eine Kirche zu Ehren gebaut worden.
Als nun im Jahre 1414 zu Konstanz ein Konzilium gehalten wurde, und die Pest allda entstand, auch nirgend Hülfe vorhanden war, ließ die Pest alsobald nach, sobald man diesen Heiligen anrief und ihm zu Ehren Prozessionen anstellte.
Diese friedliche Geschichte ruhig zu vernehmen, war kaum der Ort.
Denn in der Tischreihe stritten mehrere schon längst über die Zahl der heute Wallfahrenden und Besuchenden.
Nach einiger Meinung sollten zehntausend, nach anderen mehr, und dann noch mehr auf diesem Hügelrücken durcheinander wimmeln.
Ein österreichischer Offizier, militärischen Blick vertrauend, bekannte sich zu dem höchsten Gebote.
Noch mehrere Gespräch kreuzten sich.
Verschiedene Bauernregeln und sprüchwörtliche Wetterprophezeiungen, welche dies Jahr eingetroffen sein sollten, verzeichnete ich ins Taschenbuch, und als man Teilnahme bemerkte, besann man sich auf mehrere, die denn auch hier Platz finden mögen, weil sie auf Landesart und auf die wichtigsten Angelegenheiten der Bewohner hindeuten.
«Trockner April ist nicht der Bauern Will«.
— Wenn die Grasmücke singt, ehe der Weinstock sproßt, so verkündet es ein gutes Jahr.
— Viel Sonnenschein im August bringt guten Wein.
— Je näher das Christfest dem neuen Monde zu fällt, ein desto härteres Jahr soll hernach folgen; so es aber gegen den vollen und abnehmenden Mond kommt, je gelinder es sein soll.
— Die Fischer haben von der Hechtsleber dieses Merkmal, welches genau eintreffen solclass="underline" wenn dieselbe gegen dem Gallenbläschen zu breit, der vordere Teil aber spitzig und schmal ist, so bedeutet es einen langen und harten Winter.
— Wenn die Milchstraße im Dezember schön weiß und hell scheint, so bedeutet es ein gutes Jahr.
— Wenn die Zeit von Weihnachten bis Drei König neblicht und dunkel ist, sollen das Jahr darauf Krankheiten folgen.
— Wenn in der Christnacht die Weine in den Fässern sich bewegen, daß sie übergehen, so hofft man auf ein gutes Weinjahr.
— Wenn die Rohrdommel zeitig gehört wird, so hofft man eine gute Ernte.
— Wenn die Bohnen übermäßig wachsen und die Eichbäume veil Frucht bringen, so gibt es wenig Getreide.
— Wenn die Eulen und andere Vögel ungewöhnlich die Wälder verlassen und häufig den Dörfern und Städten zufliegen, so gibt es ein unfruchtbares Jahr.
— Kühler Mai gibt guten Wein und vieles Heu.
— Nicht zu kalt und nicht zu naß, füllt die Scheuer und das Faß.
— Reife Erdbeeren um Pfingsten bedeuten einen guten Wein.
— Wenn es in der Walpurgisnacht regnet, so hofft man ein gutes Jahr.
— Ist das Brustbein von einer gebratenen Martinsgans braun, so bedeutet es Kälte; ist es weiß, Schnee.
— Ein Bergbewohner, welcher diese vielen, auf reiche Fruchtbarkeit hinzielenden Sprüche, wo nicht mit Neid, doch mit Ernst vernommen, wurde gefragt: ob auch bei ihnen dergleichen gäng und gäbe wäre?
Er versetzte darauf: mit soviel Abwechselung könne er nicht dienen, Rätselrede und Segen sei bei ihnen nur einfach und heiße: morgens rund, Mittag gestampft, Abends in Scheiben; dabei soll's bleiben, es ist gesund.
Man freute sich über diese glückliche Genügsamkeit und versicherte, daß es Zeiten gäbe, wo man zufrieden sei, es ebenso gut zu haben.
Indessen steht manche Gesellschaft gleichgültig auf, den fast unübersehbaren Tisch verlassend, andere grüßen und werden gegrüßt, so verliert sich die Menge nach und nach.
Nur die zunächst Sitzenden, wenige wünschenswerte Gäste, zaudern, man verläßt sich ungern, ja man kehrt einigemal gegeneinander zurück, das angenehme Weh eines solchen Abschieds zu genießen, und verspricht endlich, zu einiger Beruhigung, unmögliches Wiedersehen.
Außer den Zelten und Buden, empfindet man leider in der hohen Sonne sogleich den Mangel an Schatten, welchen jedoch eine große neue Anpflanzung junger Nußbäume auf dem Hügelrücken künftigen Urenkeln verspricht.
Möge jeder Wallfahrende die zarten Bäume schonen, eine löbliche Bürgerschaft von Bingen diese Anlage schirmen, durch eifriges Nachpflanzen und sorgfältiges Hegen ihr, zu Nutz und Freude so vieler Tausende, nach und nach in die Höhe helfen.
Eine neue Bewegung deutet auf neues Ereignis; man eilt zur Predigt, alles Volk drängt sich nach der Ostseite.
Dort ist das Gebäude noch nicht vollendet, hier stehen noch Rüststangen, schon während des Baues dient man Gott.
Ebenso war es, als in Wüsteneien von frommen Einsiedlern mit eigenen Händen Kirchen und Klöster errichtet wurden.
Jedes Behauen, jedes Niederlegen eines Steins war Gottesdienst.
Kunstfreunde erinnern sich der bedeutenden Bilder von Lesueur, des heiligen Bruno Wandel und Wirkung darstellend.
Also wiederholt sich alles Bedeutende im großen Weltgange, der Achtsame bemerkt es überall.
Eine steinerne Kanzel, außen an der Kirchmauer auf Kragsteinen getragen, ist nur von innen zugänglich.