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An diesem Tage ritten wir bis Mahalute-Kasr, wo wir übernachteten, und am nächsten über die ZehlumRuinen, Kasr-azeit und El Menarah nach Hammamet, welches wir am Abende erreichten.

Mein erster Gang dort war gleich zu dem Rejjis el minal, (* Hafenkapitän.) der auch zuweilen Rejjis el mersa genannt wird. Von ihm erfuhr ich, natürlich nur gegen ein Trinkgeld, daß seit vier oder fünf Tagen

kein Schiff außer einem kleinen Kutter den Hafen verlassen habe.

»Wem gehört derselbe?« »Dem Juden Musah Babuam in Tunis.«

Dies hatte ein höchst günstiger Zufall für die beiden Flüchtlinge gefügt, und ich war überzeugt, daß sie die Gelegenheit benutzt hatten, dennoch erkundigte ich mich:

»Hatte der Kutter nur Fracht oder auch Passagiere?« »Zwei Passagiere.« »Wer waren sie?«

»Ein Kolarasi des Pascha, welcher zur See nach Tunis wollte, und ein junger Mann aus dem Beled Amirika.«

»Wann ist der Kutter abgefahren?«

»Heut morgen mit der Ebbe. Die Passagiere waren kurz vorher hier angekommen. Sie haben schnell ihre Kamele verkauft und sind dann gleich an Bord gegangen, da sie in der letzten Stunde vor der Abfahrt angekommen waren.«

»Wird das Schiff vor Tunis irgendwo anlegen?« »Nein, denn die volle Ladung ist nach Tunis bestimmt.« »Und wie lange wird es währen, bis es dort anlangt?« »Bei dem jetzigen Winde wohl drei Tage.«

Die Auskunft war mir recht, da ich in weniger als zwei Tagen von Hammamet nach Tunis reiten konnte. Ich kam also einen vollen Tag vor dem Kutter dort an.

Freilich war es fraglich, ob die beiden Meltons so verwegen sein würden, dort zu landen; aber es gab für sie in Tunis, wenn nicht die einzige, so doch die nächste Gelegenheit, an Bord eines großen Dampfers zu kommen, wenn sie nicht schon vorher auf dem Wasser zufällig auf einen solchen stießen und von demselben aufgenommen wurden.

Der Ansicht war auch Emery. Er sprach seine Zustimmung aus und fragte dann: »Wir reiten morgen früh wieder ab?«

»Wenn es dir recht ist. Oder hast du einen andern Vorschlag?«

»Ich denke. Du warst doch überzeugt, daß der Scheik uns seiner Pferde wegen hierher folgen werde. Er kann kurz nach uns eintreffen und uns hier Weitläufigkeiten bereiten. Ist es da für uns nicht besser, ihm aus dem Wege zu gehen? «

»Du hast recht. Reiten wir also eine kleine Strecke fort, auf dem Wege nach Soliman zu. Uns ist es doch ganz gleich, wo wir übernachten, da wir lieber im Freien als in einem Menzil (* Einkehrort.) dieser kleinen Stadt schlafen.«

So verließen wir also Hammamet noch am Abende und übernachteten in einem offenen Olivengarten, der in der Nähe lag. Am nächsten Tage ritten wir dann bis nach Soliman, und am folgenden trafen wir nachmittags in Tunis ein, wo wir mit Schmerzen auf den Kutter warteten. Die drei Pferde lieferte ich im Bardo ab, wo sie zur Verfügung des Herrn der Heerscharen untergebracht wurden.

Nach der Berechnung des Hafenkapitäns hätten wir nur einen Tag uns auf die Ankunft des Kutter zu gegedulden gehabt; es vergingen aber fast drei volle Tage, ehe er sich im Hafen von Goletta zeigte. Es stieg kein Passagier aus. An den Kapitän durfte ich mich nicht wenden; der war für meine Zwecke jedenfalls zu schlau; aber als das kleine Fahrzeug sich vor Anker gelegt hatte, hörte ich ein Geheul an Bord und sah, daß ein Knabe dort Prügel bekam und nachher fortgejagt wurde. Er kam über die Planke herübergelaufen, drehte sich dann um, drohte mit beiden Fäusten zurück und stieß Worte aus, die ich nicht verstehen konnte, weil ich zu fern von ihm stand. Er trollte langsam nach der Stadt zu, und ich folgte ihm.

Als fortgejagter Schiffsjunge war er existenzlos; das schien ihm aber ganz und gar nicht zu Herzen zu gehen. Sein Unterhalt machte ihm keine Sorge; er wußte genau, wie er zu beschaffen war, denn als ich ihn erreicht hatte und so that, als ob ich an ihm vorübergehen wolle, streckte er mir die Hand entgegen und forderte ein Backschisch. Ich gab ihm reichlich und fragte ihn dann nach seinen Verhältnissen aus. Er war, was wir bei uns ein »sauberes Früchtchen« nennen würden, hatte trotz seiner vierzehn Jahre schon viel durchgemacht und war nun auch zum erstenmal auf der See gewesen, bei der Ankunft aber durchgeprügelt und fortgejagt worden.

»Hattet ihr Güter oder Reisende an Bord?« fragte ich.

»Auch zwei Reisende.«

»Sind die hier in Goletta ausgestiegen?«

»Nein; wir mußten sie erst nach der Insel Pantellania fahren, wo sie ausstiegen und sich fränkische Kleider kauften; dann nahmen wir sie wieder auf und segelten solange hin und her, bis ein großes Dampfschiff erschien, auf welches sie stiegen, um mitzufahren.«

»Wie hieß dieses Schiff?«

»Ich weiß es nicht.«

»Woher kam es, und wohin fuhr es?«

»Auch das kann ich nicht sagen, denn mein Rejjis (* Kapitän.) meinte, ich brauche es nicht zu wissen.«

Mehr erfuhr ich nicht; der Junge war zum erstenmal auf dem Wasser gewesen und kannte die bezüglichen Verhältnisse zu wenig, als daß er mir hätte Auskunft geben können. Nur das eine war gewiß, das Wichtigste und zugleich Unangenehmste, nämlich, daß die Gesuchten auf einen jedenfalls europäischen großen Dampfer entkommen waren. Natürlich hatten sie die Absicht, die schnellste Gelegenheit nach Amerika zu ergreifen, und es galt nun, wenn ihnen nicht zuvorzukommen, so doch ihnen wenigstens nicht die Zeit zu ihrem betrügerischen Vorhaben zu lassen.

Dies teilte ich meinen Gefährten mit, welche mit mir in demselben Hotel wohnten, in welchem wir nach unserer Ankunft abgestiegen waren, und sie erklärten sich einverstanden, mit dem Dampfer abzufahren, welcher morgen nach Marseille fällig war; dort würde sich, davon waren wir überzeugt, schnell eine weitere Schiffsgelegenheit bieten.

Sie gingen dann fort, um einige notwendige Vorbereitungen zu treffen, und ich blieb allein, um Notizen einzutragen. Da hörte ich eilige Schritte draußen; man klopfte stark an und riß die Thür auf; ich erhob mich schnell, um den Betreffenden über diese Ungebührlichkeit zur Rede zu stellen, hielt aber meine Strafrede gern zurück, denn hereinstürmte - mein alter, lieber Krüger-Bei. Er umarmte, drückte, quetschte und preßte mich aus Leibeskräften und rief dabei:

»Ihnen schon wieder hier, hier in Tunis! Niemand dürfte gedacht haben, daß eine so schnelle Anwesenheit möglich sei.«

»Ja, es ist schneller gegangen, als ich selbst geglaubt habe,« antwortete ich, indem ich ihm die Rechte schüttelte. »Sie kommen selbst, uns aufzusuchen. Woher wissen Sie, daß wir uns schon wieder hier

befinden? Man hat Ihnen wohl die Pferde gezeigt, welche wir mitgebracht haben?«

»Ja, ja, und habe deshalb angenommen, daß Sie auch da seien.«

»Allerdings; diese Pferde konnten nicht allein nach Tunis gelaufen sein; das ist sehr richtig. Auch wird man Ihnen gesagt haben, wer sie abgeliefert hat. Wie gefallen sie Ihnen?«

»Vortrefflich; bei Gewißheit der reinsten Rasse kann sie eigentlich niemand bezahlen.«

»Ja, es ist echtes, reines Vollblut, für welches kein eigentlicher Preis angegeben werden kann; solche Tiere sind eben unbezahlbar.«

»Und wie sind Sie in den Besitz der Pferde gekommen?«

»Ich werde es Ihnen erzählen. Sagen Sie mir aber vorher, wie es kommt, daß auch Sie schon hier angekommen sind! Ich habe angenommen, daß Ihre Gegenwart bei den Uled Ayars länger notwendig ist.«

»Dieser Notwendigkeit bin ich überhoben gewesen durch rasches Handeln nebst schnellem Eingriff bei den Uled Ayuns, daß sie zur Verteidigung keine Zeit hatten.«

Er erzählte mir nun in seinem klassischen Deutsch, daß er meiner Bemerkung in dem Briefe, ich würde noch während der Nacht frei sein, Glauben geschenkt hatte. Dennoch war er sofort aufgebrochen, um, falls meine