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»Ja, gieb es ihm, gieb es ihm!« munterte ihn Melton unter teuflischem Lachen auf. »Laß ihn nicht los, ja nicht los!«

Man weiß, welche Kraft in den Knieen eines er- erwachsenen Mannes liegt. Dazu kam, daß die Füße durch die Riemen vereinigt waren und in dieser Vereinigung einen Halte- oder Hebelpunkt fanden, durch welchen die ursprüngliche Kraft der Kniee vervielfältigt wurde. Eine einzige Minute genügte, den Player zu erdrosseln. Ich sprang natürlich augenblicklich hinzu, um ihm zu helfen; der Goliath kam mir aber doch zuvor. Er warf sich nieder, klammerte seine Riesenhände um den Hals Wellers und rief:

»Du selbst wirst erwürgt werden, sowie ich deinen Sohn erwürgt und es dir soeben auch versprochen habe!«

Dies Verfahren, dem Bedrohten zu Hilfe zu kommen, war grundfalsch, denn als Weller der Atem auszugehen begann, krampfte die Todesangst seine Beine noch fester als vorher um den Hals des Players. Ich packte sie, um sie auseinander zu ziehen, doch vergeblich; ich besaß nicht Kraft genug, und kein Mensch hätte sie besessen, die fürchterliche Anspannung der Muskeln und Sehnen zu überwinden. Mein Angriff mußte sich gegen den erwähnten Hebelpunkt richten; ich riß also, selbst auch voller Angst, mein Messer heraus und schnitt die Fußriemen entzwei, worauf ich die Füße auseinander zwang und, mich zwischen dieselben klemmend, dann auch die Kniee zu öffnen vermochte. Der Kopf des Players bekam Raum und sank zur Erde nieder; der arme Teufel lag wie ein Toter da, rotblau angeschwollen im Gesichte. Dafür legten sich die Beine Wellers nun mit aller Gewalt um mich.

»Lassen Sie los!« rief ich dem Athleten zu. »Sie ermorden ihn ja!«

»Ermorden?« lachte er grimmig. »O nein, ich bestrafe ihn nur.«

Ich sah, daß er den bisherigen Druck seiner Hände

verstärkte, und konnte es doch nicht hindern, obgleich ich ihn von hinten packte und wegreißen wollte.

Endlich ließ er los, versetzte dem ohne Bewegung daliegenden Körper einen Fußtritt und sagte, tief Atem holend:

»So, es ist aus mit ihm! Der sperrt keinen Menschen mehr ein und überfällt auch keinen wieder im Schlafe. Nun, mögen die Geier ihn fressen, wie sie seinen Sohn fraßen und mich fressen sollten!«

Es machte mir Mühe, von den Beinen des Gewürgten loszukommen. Natürlich sah ich dann zunächst nach dem Player. Er begann schon leise nach Luft zu schnappen, lebte also noch und war gerettet; Weller aber war tot, erstickt unter den Fäusten des Riesen, der sich über sein grausiges Werk freute.

»Wissen Sie, daß Sie ein Mörder sind? Ich sollte Sie binden lassen und dem Richter übergeben!« fuhr ich ihn in Gegenwart aller an, welche herbeigekommen waren, um dem Ausgange der grausigen Scene beizuwohnen.

»Ein Mörder?« antwortete er. »Sie verwechseln die Begriffe, denn Sie haben mich keinem Richter zu übergeben, sondern ich selbst habe das Amt eines solchen ausgeübt.«

»Nein, sondern das Amt eines Henkers. Mir graut vor Ihnen!«

»Wirklich? Sagen Sie mir doch, wen Judith heiraten will; es zuckt mich gewaltig in den Fingern, den Kerl gleich auch beim Halse zu nehmen!«

Während er das sagte, sah er aus, als ob er die Drohung augenblicklich wahr machen würde; es konnte mir also nicht beikommen, ihm die gewünschte Auskunft zu geben. Er bekam sie aber von anderer Seite. Nämlich unter denen, welche sich herbeigedrängt hatten, stand auch Judiths Vater, welcher, als er die Worte des Herkules hörte, gleich antwortete:

»Das können Sie erfahren. Die Tochter meiner Seele hat nicht nötig, sich zu hängen an einen herumziehenden Gaukler; sie wird sein die Beherrscherin eines berühmten Indianerstammes und glänzen in Juwelen, Gold und Seide wie eine Königin.«

Der Athlet sah dem ebenso unvorsichtigen wie äffischen Alten beinahe verblüfft in das Gesicht, schüttelte den Kopf und fragte:

»Die Beherrscherin eines Indianerstammes? Wie soll ich das verstehen? «

»Das ist so zu verstehen, daß sie wird sein die bewunderte und angebetete Gemahlin der "listigen Schlange", welcher Häuptling des Yumastammes ist.«

»Was? Indianerin will sie werden?« lachte der Riese ungläubig. »Ihr wollt wohl Komödie spielen!«

»Nein, sondern wir wollen, daß die Komödie mit Ihnen endlich einmal ein Ende hat. Wir werden bei den Yumas bleiben, Judith und ich; Sie aber müssen mit nach Texas ziehen. Wir werden einen Palast und ein Schloß bekommen; Sie aber werden Klee ackern und Rüben pflanzen!«

Der andere fuhr sich mit der Hand nach dem Kopfe, stierte im Kreise umher, ließ dann seinen Blick auf mir haften und sagte:

»Herr, machen Sie diesem kindischen Tingel-Tangel ein Ende, indem Sie mir die Wahrheit berichten! Was habe ich von dem Kauderwelsch dieses alten Mannes zu halten?«

Es war jetzt unmöglich, es ihm länger zu verhehlen; darum antwortete ich:

»Sie haben die Wahrheit gehört; der Häuptling begehrt Judith zum Weibe und hat dies zu einer der Vorbedingungen des abgeschlossenen Friedens gemacht.«

»Der - - Häupt - - ling? Unglaublich! Dies Mädchen, dies Wunder von Schönheit will sich einem Roten an den Hals werfen? Sie treiben da einen Scherz mit mir, den ich mir verbitten muß!«

»Es ist Thatsache.«

»So bin entweder ich nicht bei Sinnen, oder Sie alle sind verrückt geworden. Sag, Judith, ist's wahr, was ich höre? Du willst als Frau bei der "roten Schlange" bleiben?«

»Ja,« nickte sie erhaben. »Ich werde Königin der Yumas sein.«

»Wirklich, wirklich? Es ist keine Lüge?«

Mir wurde himmelangst, denn ich sah, daß er sich in einer Aufregung befand, welche sich von Wort zu Wort steigerte. Auch konnte der Kolbenhieb, den er auf den Kopf erhalten hatte, vielleicht nicht ohne Wirkung auf sein Gehirn geblieben sein; ich wollte ihm eine beruhigende Antwort geben, aber das Mädchen, welches zur Unzeit herbeigekommen war, erwiderte schneller als ich:

»Deinetwegen mache ich keine Lüge. Ich habe mich mit dem Häuptling verlobt, und du kannst deines Weges gehen!«

Da traten seine Augen wild hervor; er ballte die Fäuste und blickte suchend nach dem Häuptling aus. Die Katastrophe war da. Er sah ihn unfern bei einer Gruppe von Yumas stehen, begann, sich den Weg durch die Umstehenden zu bahnen, und schnaubte:

»Also doch, doch, doch! Macht Platz, macht Platz! Ich muß mit dem Kerl reden, aber mit den Fäusten. Ich bin einmal beim Erwürgen; er soll der nächste sein und den Wellers folgen.«

Es stand fest, daß er seine Worte wahr machen würde, wenn es ihm gelang, den Häuptling zu erreichen; ich drang ihm also nach, hielt ihn von hinten fest und rief:

»Bleiben Sie, Sie Unglücksmensch! Die Sache ist nicht zu ändern; der Häuptling steht unter meinem Schutze, und wer ihn anrührt, dem gebe ich eine Kugel!«

Er wendete sich zu mir um, nahm mich mit einem vor Aufregung vollständig verzerrten Gesichte in die Augen und zischte mich zwischen den zusammengepreßten Zähnen heraus an:

»Kerl, laß mich, sonst nehme ich dich selbst zwischen die Finger! Oder meinst du, weil sich alle andern vor dir fürchten, daß du es auch mit mir aufnehmen kannst?«

Es war ihm jetzt jede That zuzutrauen. Die andern wichen von ihm zurück; ich zog meinen Revolver und antwortete:

»Solange wir Frieden halten, haben wir uns beide nicht vor einander zu fürchten; aber wenn Sie nur einen einzigen Schritt zu mir her oder nach dem Häuptlinge thun, bekommen Sie alle diese sechs Kugeln in den Kopf. Sie sind jetzt ein wütendes Tier und müssen als solches behandelt werden. Es giebt Millionen Mädchen auf der Welt. Schicken Sie sich in das Unvermeidliche; nehmen Sie Verstand an, und beruhigen Sie sich! «