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»Wenn ich das thue, welche Folgen hat es für meine Genossen?«

»Sie können weiterziehen, ohne daß wir sie mit dem Finger berühren.«

»Warum soll gerade ich es sein?«

»Weil du meinen Sohn erschossen hast.«

»Und warum einer der beiden Knaben?«

»Weil sie schuld waren, daß du ihn erschossest. Ich habe gehört, daß der eine sich Yurnatöter nennt?«

»Ich selbst habe ihm den Namen gegeben, und ich hoffe, daß sein Bruder bald einen ähnlichen tragen wird.«

»Damit deine Hoffnung zu Schanden wird, verlange ich gerade diesen Knaben, obwohl ich erst den Yumatöter fordern wollte.«

»Was forderst du noch?«

»Alles, was deine Gefährten bei sich tragen, auch ihre Pferde und Winnetous Pferd und Silberbüchse.« »Höre, mein geliebter roter Bruder, ich gestehe, daß ich mich in dir geirrt habe, denn ich habe dich bisher

für einen Dummkopf gehalten, nun sehe ich ein, daß du ein pfiffiger alter Onkel bist. Aber nun frage uns doch auch einmal, was wir wollen.«

»Ihr? Was könntet ihr wollen?«

»Zunächst dich, der sich mit Melton gegen meine weißen Brüder, die jetzt bei mir sind, verbündet hat. Auch hast du die Hazienda del Arroyo niedergebrannt, weshalb ich auch ein Wort mit dir zu sprechen habe. Also dich wollen wir; dann können deine Leute weiterziehen, ohne daß wir sie anrühren.«

Da fuhr er mich an:

»Hat dir ein Geier den Verstand aus der Hirnschale euch in meiner Hand befindet!«

gefressen? Wie könnt ihr Forderungen stellen, da ihr

und wir denken, wir haben dich. Die Beratung ist zu

»So ist alles Reden unnütz. Du denkst, du hast uns, Ende.«

Dabei stand ich auf. Da rief er:

»Halt, noch sind wir nicht fertig! Hört noch ein Wort: Wenn ich in einer Viertelstunde nicht den Knaben und Old Shatterhand ausgeliefert bekommen habe, fallen wir über euch her und vernichten euch bis auf den letzten Mann!«

Winnetou war zu stolz, ihm darauf noch zu antworten, und mir fiel es auch nicht ein. Da aber stand der andere Häuptling auch auf und erklärte dem Alten:

»Ich bin "Listige Schlange" und habe noch nie mein Wort gebrochen; ich werde auch den Vertrag halten, den ich mit diesen Männern abgeschlossen habe.«

Da sah ihn der Alte groß an und fragte:

»Wie willst du ihn halten, wenn ich ihn für ungültig erkläre?«

»Das kannst du nicht. Ich bin's, der ihn abgeschlossen hat, und ich bin's, der zu sagen hat, ob er gelten soll oder nicht.«

Da stampfte der Alte, der sich auch erhoben hatte, mit dem Fuße auf den Boden und schrie:

»Und ich befehle aber, daß er nichtig ist! Wer wagt es, sich gegen den "großen Mund" zu empören?«

»Ich, die "listige Schlange", wage es. Meine Krieger habe alle mit meinen Freunden das Kalumet geraucht, das Kalumet, dessen Thon ich unter vielen Gefahren und allen frommen Gebräuchen aus den heiligen Steinbrüchen geholt habe. Jeder Stoß des Rauches ist ein Schwur, welcher gehalten werden muß, und wer einen solchen Schwur bricht, kann nie in die ewigen Jagdgründe gelangen, sondern irrt als Schatten vor den Thoren derselben umher.«

Er hatte diese Worte so laut gerufen, daß sie weithin zu vernehmen waren. Der »große Mund« fragte nun ebenso laut:

»Du nennst die Fremden also deine Freunde? Willst du sie etwa beschützen?«

»Ja. Wenn sie angegriffen werden, verteidige ich sie mit meinem Blute und mit meinem Leben!« »Gegen mich und meine Krieger, die deine Brüder sind?«

»Wer mich zwingen will, meinen Schwur zu brechen und mein Kalumet zu entweihen, der ist mein Bruder nicht mehr, der beleidigt mich und beschimpft alle Männer meines Stammes. Hört es, ihr Krieger, deren Anführer ich bin! Der "große Mund" hat uns Feiglinge genannt. Wollt ihr das dulden? Er verlangt von uns, unsere Kalumets zu zerbrechen, welche das Kostbarste sind, was wir besitzen. Er fordert, daß wir unsere heiligen Medizinen durch Meineide beschimpfen. Wollt ihr ihm gehorchen?«

Tiefe Stille war die Antwort. Kein Ja und kein Nein ließ sich hören. Da fuhr er fort:

»Hier steht Winnetou, und hier steht Old Shatterhand. Habt ihr gehört, daß einer von ihnen jemals sein Wort gebrochen hat? Sollen sie von uns sagen, daß wir Lügner sind? Old Shatterhand hat mich aus dem Schachte geholt, in welchem ich verschmachten sollte; er that es, obgleich ich sein Feind war; soll ich nun zum Verräter an ihm werden, obgleich ich sein Freund bin? Soll euer Anführer ein Lügner sein oder ein ehrlicher Mann, auf dessen Wort ihr euch verlassen könnt? Entscheidet euch! Ich gehe jetzt mit Winnetou und seinem weißen Freunde. Wer ein ehrlicher Mann und ein tapferer Krieger ist, der mag herüber zu uns kommen; aber wer die Lüge liebt und es duldet, ein Feigling genannt zu werden, der mag drüben bei dem "großen Munde" bleiben. Ich habe gesprochen, und ihr mögt nach meinen Worten handeln. Hat der "große Mund" eine Rache gegen Old Shatterhand, so mag er selbst sie mit ihm auskämpfen, wenn er Mut besitzt. Ich habe gesprochen, und ihr habt es gehört. Howgh!«

Er nahm mich bei der Linken und Winnetou bei der Rechten und ging mit uns nach unserer Seite herüber. Die Wirkung war eine überraschende, eine weit bessere, als ich erwartet hatte, denn seine Leute folgten ihm alle; ich glaube nicht, daß einer fehlte. Das war wohl die Folge davon, daß der Alte ihn einen Feigling genannt hatte.

Der »große Mund« stand wie versteint, als er dies sah; er starrte eine ganze Weile zu uns herüber, drehte sich dann um und kehrte zu seinem Feuer zurück, an welchem er sich bei den Aeltesten niederließ. Während bei uns tiefes Schweigen herrschte, ging es drüben lebhaft her. Man sah den erregten Mienen und Bewegungen der Alten an, daß sie sich Mühe gaben, den »großen Mund« zu irgend etwas zu bewegen, wozu er keine Lust hatte. Das dauerte wohl über zwei Stunden lang; dann kam einer der alten Krieger langsam nach der Buche geschritten, blieb dort stehen und rief mit lauter Stimme:

»Hört es, ihr Krieger der Yumas und der Mimbrenjos: Hier steht der "lange Fuß", welcher viele Sommer und Winter durch das Leben geschritten ist und sehr wohl weiß, was ein tapferer Krieger in jeder Lage zu thun hat. Der "große Mund", der berühmte Häuptling der Yumas, hat seinen Sohn, den "kleinen Mund", durch die Kugel Old Shatterhands verloren. Dies Blut muß gerächt werden. Old Shatterhand hat ihm den Arm zerschossen; auch das muß gerächt werden. Hört weiter, ihr Krieger! Bei Old Shatterhand befindet sich ein Mim- Mimbrenjoknabe, welcher Yumatöter genannt worden ist. Diese Beleidigung des ganzen Stammes kann nur mit dem Tode gesühnt werden. Wir müßten Old Shatterhand und den Knaben töten, wo wir sie immer finden. Aber sie haben die Friedenspfeife mit den Kriegern der "listigen Schlange" geraucht und sind also deren Brüder geworden; darum dürfen wir sie nicht töten, sondern ihre Thaten müssen im offenen Zweikampfe gerächt werden. Wir sind die Beleidigten und bestimmen also, mit welchen Waffen und in welcher Weise gekämpft werden soll. Da der "große Mund" einen verwundeten Arm besitzt und nicht zu kämpfen vermag, so muß ein anderer für ihn kämpfen; dafür erlauben wir auf der andern Seite dem Yumatöter, daß er seinen kleinen Bruder für sich kämpfen lassen kann. Wer an die Stelle des "großen Mundes" treten will, der mag sich bei uns melden!«

Nach dieser höchst eigentümlichen Verkündigung kehrte er zum Feuer zurück. Es war also Zweikampf beschlossen worden, ohne daß man mich vorher gefragt hatte, ob ich einverstanden sei. Die Roten wollten auch die Waffen und die Kampfweise bestimmen, ohne daß ich etwas dazu zu sagen hatte. Daß der Bruder des Yumatöters für diesen eintreten durfte, das hatte jedenfalls der alte Häuptling bestimmt.