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Ich ging natürlich sehr gern auf diesen Vorschlag ein und traf noch heute die Vorbereitungen zum Aufbruche, welcher am nächsten Morgen erfolgte.

Von der "listigen Schlange" gab es einen herzlichen Abschied; seine Braut, die Jüdin, bekam ich dabei nicht zu sehen; sie blieb vor mir verborgen.

Nach einem langen und beschwerlichen Ritte erreichten wir die Grenze von Texas, und ich verteilte das Geld. Auch der Player bekam die Summe, welche ich ihm versprochen hatte. Damit war die traurige Vergangenheit für sie alle verschwunden, und sie konnten einer zwar einfachen, aber doch bessern und früchtereichen Zukunft entgegenblicken. - - -

Drittes Kapitel.

Ein Millionär.

Ehe ich weiter erzähle, muß ich auf ein früheres Ereignis zurückgreifen. Ich kehrte vor längerer Zeit von einer Reise nach Südamerika zurück, landete nach glücklicher Seefahrt in Bremerhaven und stieg in dem weitbekannten »Löhrs Hotel« ab, um dort meine mitgebrachten Effekten für den Bahntransport umzupacken.

Beim Diner saß ein junger, vielleicht sechsundzwanzigj ähriger Herr mir gegenüber, welcher sich mit keinem Worte an dem allgemeinen Gespräch beteiligte und dafür mir eine zwar stille, aber desto anhaltendere Aufmerksamkeit zu widmen schien. Er sah mich wiederholt prüfend an und senkte in den Zwischenpausen den Blick auf seinen Teller. Er dachte nach, schien aber mit mir oder über mich nicht ins reine zu kommen. Mir war es ganz so, als ob ich ihn schon einmal gesehen hätte, doch konnte das nur sehr vorübergehend gewesen sein, da ich mich seiner nicht deutlich zu erinnern vermochte. Endlich, beim Dessert, sah ich sein Auge hell werden; er nahm eine zufriedene Miene an und schien nun zu wissen, wohin in seiner Erinnerung ich gehörte. Dadurch wurde aber die Aufmerksamkeit, welche er mir schenkte, keines-keineswegs vermindert. Sein Blick blieb an mir und an jeder Bewegung, welche ich machte, hängen.

Nach der Tafel setzte ich mich allein an einen kleinen Fenstertisch, um dort den Kaffee zu mir zu nehmen. Er spazierte im Speisesaale auf und ab. Ich merkte ihm an, daß er gern mit mir sprechen wollte und mit sich zu Rate ging, wie er das anzufangen habe. Endlich drehte er sich entschlossen um, kam auf mich zu und sagte unter einer Verbeugung, welche weniger gewandt als gut gemeint war:

»Verzeihung, mein Herr! Haben wir uns nicht schon einmal gesehen?«

»Wohl möglich,« antwortete ich, indem ich aufstand, um seine Verbeugung zu erwidern. »Vielleicht erinnern Sie sich besser als ich des Ortes, an welchem das geschehen ist.«

»Drüben in den Vereinigten Staaten. Ich glaube, es ist auf dem Wege von Hamilton nach Belmont in Nevada gewesen. Sind diese Städte Ihnen bekannt?«

»Allerdings. Wann soll das gewesen sein?«

»Vor ungefähr vier Jahren. Wir waren eine Gesellschaft von Goldgräbern, befanden uns auf der Flucht vor einer Horde von Navajos und hatten uns dabei so gründlich verirrt, daß wir uns in dem Gebirge nicht mehr zurechtfinden konnten und sehr wahrscheinlich zu Grunde gegangen wären, wenn wir nicht ganz zufälliger- und für uns so glücklicherweise Winnetou getroffen hätten.«

»Ah, Winnetou!«

»So kennen Sie diesen berühmten Häuptling der Apatschen?« »Ein wenig.«

»Ein wenig nur? Wenn Sie der Herr sind, für den ich Sie halte, müssen Sie ihn viel besser als nur ein wenig kennen. Er war damals nach dem Mariposa-See unterwegs, wo er mit einem Freunde oder vielmehr mit seinem besten Freunde zusammentreffen wollte, und erlaubte uns, mit ihm zu gehen, da wir jetzt entschlossen waren, uns über die Sierra Nevada nach Kalifornien zu wenden. Wir erreichten den See glücklich und trafen dort andere Weiße, denen wir uns nun anschließen konnten. Am letzten Tage vor unserm Weiterritte kam der Freund Winnetous. Beide wollten hinauf nach den Big Trees, um dort zu jagen, und verließen uns schon vor Anbruch des nächsten Morgens. So kam es, daß Sie nur einige kurze Stunden mit uns am Lagerfeuer saßen und sich mein Gesicht nicht genau gemerkt haben.«

»Ich?« fragte ich, indem ich mich erstaunt stellte.

»Nun ja, Sie! Oder sind Sie nicht der Freund Winnetous gewesen? Sie trugen damals allerdings einen ganz andern Anzug als heute. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich vorhin nicht so schnell erinnern konnte. Jetzt aber möchte ich behaupten, daß Sie der Bekannte des Apatschen sind.«

»Wie hieß denn der Mann, für den Sie mich halten?«

»Old Shatterhand. Habe ich mich geirrt, so verzeihen Sie die Störung!«

»Sie stören mich nicht; ich erlaube mir im Gegenteile die Frage, ob Sie nach Tisch Kaffee trinken?«

»Ich stand im Begriff, mir eine Tasse zu bestellen.«

»So bitte ich, ihn hier bei mir zu sich zu nehmen. Setzen Sie sich!«

Er folgte der Aufforderung, bekam den Kaffee, nahm einen Schluck und meinte dann:

»Es ist sehr freundlich von Ihnen, mich zu sich hier einzuladen; weniger freundlich aber ist es, mich in Ungewißheit zu lassen.«

»Na, dann will ich Ihr Gemüt beruhigen, indem ich Ihnen sage, daß Sie sich nicht geirrt haben.« »Ah! So sind Sie also doch Old Shatterhand?«

»Ich bin's. Aber schreien Sie doch nicht so! Es wird die Herren, welche sich hier befinden, weniger interessieren, wer ich bin und wie ich da drüben im Westen genannt werde.«

»Es war die Freude, welche mich so laut machte. Sie können sich doch denken, daß ich ganz entzückt darüber bin, hier hüben mit einem so - -«

»Still!« unterbrach ich ihn. »Hier hüben in dem Meere von Civilisierten bin ich ein Tropfen, welcher verschwindet. Da lesen Sie meinen eigentlichen Namen!«

Wir wechselten unsere Karten. Auf der seinigen stand »Konrad Werner«. Als ich diesen Namen las, bemerkte ich, daß er mich dabei anblickte, als ob er erwarte, daß ich denselben kennen oder gar mich überrascht zeigen werde. Da aber diese Erwartung sich nicht erfüllte, fragte er:

»Haben Sie den Namen vielleicht schon einmal gehört?«

»Wahrscheinlich schon vielemale, denn der Werners giebt's in Deutschland wohl nicht wenige.« »Ich meine drüben, drüben!«

»Hm! Nicht daß ich wüßte. Es ist aber anzunehmen, daß ich ihn damals aus Ihrem Munde gehört habe.«

»Natürlich habe ich Ihnen gesagt, wie ich heiße, denn wir alle nannten unsere Namen. Aber ich meine es anders. Der Name Werner, Konrad Werner, wird jetzt drüben viel genannt. Wollen Sie nicht die Güte

haben, einmal an Oil-Swamp zu denken!«

»Oil-Swamp? Hm! Es ist mir allerdings so, als ob ich den Namen, und zwar in besonderer Beziehung, gehört hätte. Ist's ein Ort oder ein Sumpf?«

»Es war ein Sumpf, ist aber jetzt ein Ort, ein vielgenannter Ort. Ich weiß, daß Sie den Westen kennen wie nur wenige, und bin daher einigermaßen erstaunt, daß der Name Ihnen unbekannt ist.«

»Das hat seine guten Gründe. Seit wann spricht man denn von ihm?«

»Seit fast zwei Jahren.«

»Gerade solange bin ich in Südamerika gewesen, und zwar in Gegenden, wohin Frau Fama gar nicht oder nur sehr spät zu kommen pflegt. Halten Sie mich also wenigstens nicht ganz und gar für einen Tungusen oder Kalmücken!«

»O nein! Es freut mich desto mehr, Ihnen heute hier sagen zu können, was aus dem hilflosen Menschen, der ich damals war, geworden ist, denken Sie, ein Oelprinz!«