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Hatte ich Land gekauft, so wollte ich es wenigstens auch sehen; mochte das letzte Geld dabei zu Ende gehen. Ich brach also auf und bekam bald Reisegefährten. Ein Deutscher nämlich, Namens Ackermann, welcher in San Francisco wohlhabend geworden war, hatte da oben, ganz in der Nähe meiner sumpfigen Besitzung, Holzland angekauft und war hinaufgezogen, um eine Schneidemühle anzulegen. Das Werk war in seinen bescheidenen Anfängen schon im Gange und sollte später einen großartigen Umfang erhalten. Sein Sohn war aus geschäftlichen Rücksichten in San Francisco geblieben, hatte diese Geschäfte erledigt und reiste nun dem Vater nach. Wir trafen uns, weil wir denselben Weg zu nehmen hatten. Er war schon einmal, allerdings nur kurze Zeit, oben gewesen, ließ sich meine Karte und den Plan zeigen, schüttelte den Kopf und sagte:

»Ich sehe, daß Sie unser nächster Nachbar sind, und kann Ihnen keine Hoffnungen machen. Sie haben allerdings einen Sumpf gekauft. Es ist freilich für diesen Preis ein riesiges Stück Land, aber es taugt zu nichts, zu gar nichts geradezu.«

»Das war ein schlechter Trost. Als wir dann oben bei seinem Vater ankamen und dieser davon hörte, stimmte er seinem Sohne bei.«

»Sie besitzen,« sagte er, »einen mächtigen Thalkessel, welcher nur aus Sumpf besteht und rundum von kahlen, unfruchtbaren Höhen umgeben ist. Höchstens sehen Sie hier oder da einmal einen einsamen Strauch stehen. Was ist da zu machen! Sie haben Ihr Geld zum Fenster hinausgeworfen.«

»Dann will ich mir den Swamp wenigstens einmal ansehen,« meinte ich niedergeschlagen. »Das ist das einzige, was ich davon habe.«

»Allerdings das einzige. Ruhen Sie sich heute bei mir aus; morgen reiten Sie hin, und wenn es Ihnen recht ist, werde ich Sie begleiten.« »Am andern Morgen brachen wir auf. Sein Sohn ritt auch mit. Es ging erst lange Zeit durch hohen Nadelwald, welcher ihm gehörte und seiner Schneidemühle ein fast unerschöpfliches Material zu liefern versprach. Dann ging es zwischen kahlen Höhen hin, welche sich plötzlich öffneten und eine weite Niederung umschlossen, welche ein allerdings trostloses Aussehen bot. Vor uns lag Sumpf und nichts als Sumpf. Am Rande desselben waren noch einige Büsche zu sehen. Dann kam Schilf, dann Moos, grünbraunes Sumpfmoos, zwischen welchem blöde Wasserlachen lagen. Jede andere Vegetation war erstorben, und auch das Tierleben hatte sich aus dieser traurigen Bodensenkung zurückgezogen.«

»Da haben Sie es!« sagte der alte Ackermann. »Dieser Anblick ist so trostlos, daß ich, so oft ich hierher komme, gleich wieder umkehre.«

»Weiter drüben waren Sie also wohl noch nicht?«

»Nein.«

»Ich möchte aber doch gern hinüber, um zu sehen, ob es dort ebenso aussieht wie hier.« »Natürlich ist's nicht anders als hier. Das zeigt Ihnen doch der erste Blick.«

»Mag sein! Aber ich will mein Besitztum einmal rund umreiten. Habe ich es dann von allen Seiten gesehen, so ist der Genuß mit vierhundert Dollars bezahlt, und ich komme nicht wieder her.«

»Wie Sie wollen! Wir haben ja Zeit. Umreiten wir den Platz also einmal! Aber in acht müssen wir uns nehmen. Der Boden ist trügerisch, und man weiß nicht, wie tief man einsinkt.«

»Wir ritten einer hinter dem andern vorsichtig weiter. Die Luft kam uns entgegen und brachte einen ganz eigenartigen Geruch mit sich. Der Alte, welcher voran war, merkte das auch. Er hielt sein Pferd ein, sog die Luft durch die Nase und meinte:

»Was ist das nur für ein häßlicher, penetranter Gestank? Den habe ich noch nie bemerkt. Es riecht wie Sarg!«

»Wie Leiche!« stimmte sein Sohn bei. »Wie Kienöl!« fügte ich hinzu.

»Dann ging es wieder weiter. Der Geruch wurde stärker. Wir kamen an eine Stelle des rechts von uns liegenden Sumpfes, an welcher die Decke desselben, das Moos, weit zurücktrat; es hatte auch ein ganz anderes Aussehen, gerade als ob es vergiftet sei. Das Wasser sah ölig fett aus; es war wie mit einer blau-und gelbblinkenden Haut überzogen. Da stieß der alte Ackermann einen lauten Ruf aus, sprang vom Pferde und schritt dem Wasser zu.«

»Um Gotteswillen, was wagst du, Vater!« schrie sein Sohn voller Angst. »Bleib da, bleib da!« »Ich muß nachsehen, nachsehen!« antwortete der Alte in unbegreiflichem Eifer. »Aber die Decke schwankt unter deinen Füßen!« »Mag sie schwanken!«

Jetzt hatte er den Wasserrand erreicht; er stand bis an das Knie im Sumpfe und sank immer tiefer ein. Wir sahen, daß er mit beiden Händen Wasser schöpfte und es besah, dann auch beroch. Schon steckte er bis über das Knie im Schlamme; da arbeitete er sich mit einer energischen Anstrengung heraus und kam zu uns zurück. Er stieg nicht auf sein Pferd, sondern trat zu mir, und fragte:

»Sagten Sie nicht, daß Ihnen nur hundert Dollars geblieben seien?«

»Ja.«

»So will ich Ihnen diesen Sumpf abkaufen. Wieviel wollen Sie dafür?« »Sonderbare Frage! Geben Sie mir die vierhundert Dollars, welche ich bezahlt habe?« »Nein, ich gebe Ihnen mehr, viel mehr.« »Wieviel?«

»Sehr viel. Sagen wir hunderttausend, sagen wir sogar eine halbe Million Dollars!«

Ich saß vor Erstaunen stumm in meinem Sattel, denn Spaß konnte es nicht sein. Ackermann war überhaupt kein Spaßvogel, und daß er auch jetzt keinen Scherz trieb, das zeigte sein Gesicht. Als ich nicht redete, fuhr er fort:

»Junger Mann, Sie sind ein Glückskind, ein wahrer Glückspilz! Das ist Wasser, auf welchem Petroleum schwimmt. Das Steinöl tritt hier zu Tage. Es muß unter der Erde in ungeheuren Massen vorhanden sein. Sie sind Millionär!«

»Mil - li - o - när!« wiederholte ich, beinahe lallend. »Sie irren sich; Sie müssen sich irren!«

»Nein, gewiß nicht. Ich habe lange Jahre jenseits der neuen Staaten in der Oelregion gelebt und kenne das genau. Ich weiß, was Petroleum ist. Glauben Sie mir das!«

»Pe - tro - le - um! Mil - li - o - när!« silbierte ich noch immer.

»Ja, Sie sind Millionär! Sie sind das, was man hier einen Oelprinz nennt. Das heißt, Sie sind es noch nicht, sondern Sie werden es sein. Es ist nicht genug, daß man den Boden besitzt, in welchem das Petroleum steckt; man muß es herausschaffen, um es zu Geld zu machen.«

»Herausschaffenl«

»Ja, mit Maschinen. Und die sind teuer.«

»So werde ich kein Millionär. Wo soll ich das Geld für die Maschinen hernehmen!«

»Liebster Nachbar, seien Sie doch nicht so kurzsichtig! Sie brauchen kein Geld, keinen Pfennig. Annoncieren Sie, und sofort werden sich hundert und noch mehr Geldmänner finden, welche Ihnen ihre Kasse zur Verfügung stellen.«

»Das ist wahr! Ja, das glaube ich.«

»Aber die Leute wollen ihren Nutzen haben. Sie müssen ihnen große, sehr große Vorteile abtreten. Ich kenne aber einen, der Sie nicht über das Ohr hauen wird, wie diese Menschen.«

»Wer ist das?«

»Ich bin es, ich, der alte Ackermann. Ich würde nur nachbarlich, nur freundschaftlich gegen Sie handeln. Wollen Sie es mit mir versuchen?«

»Warum nicht! Aber haben Sie soviel Geld dazu?«

»Ich werde es schon zusammenbringen; da brauchen Sie gar keine Sorge zu haben. Und wenn das Meinige nicht reicht, nehmen wir billigen Kredit zu Hilfe, während andere viel höhere Ansprüche an Sie machen würden. Ueberlegen Sie sich mein Angebot! Jetzt aber wollen wir weiterreiten, um ganz um den Sumpf zu kommen und zu sehen, was er verspricht.«

»Was wir zu sehen bekamen, befriedigte ihn dermaßen, daß er mir gleich auf der Stelle die vorteilhaftesten Vorschläge machte, auf welche ich kurz entschlossen einging. Ich will nicht ausführlich berichten, wie sich nun das Geschäft entwickelte; kurz gesagt, Ackermann war ehrlich und übervorteilte mich nicht, und bald ging die Kunde von unserm Oil-Swamp durch die Vereinigten Staaten und noch weit über dieselben hinaus. Das Großkapital stellte sich uns zur Verfügung; das Unternehmen wuchs zu riesiger Höhe, und jetzt nach Verlauf von noch nicht zwei Jahren werde ich Oelprinz genannt, zu den Millionären gezählt und bin herüber, um meine Mutter hinüberzuholen.«