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»Deine Antworten stimmen, und ich muß dich also zu ihm führen. Doch sage mir, ob der Oberst der Leibwache weiß, wohin du geritten bist.«

»Er weiß es nicht.«

»Aber du wirst es ihm sagen?«

»Das fällt mir nicht ein. Ich weiß, daß du ein Freund des Kolarasi Kalaf Ben Urik bist und nur diesem zu Gefallen den Fremden bei dir aufgenommen hast. Ich schenke dem Kolarasi eine sehr große und sehr lebhafte Teilnahme; ich kenne seinen Willen, seine Wünsche und Absichten noch viel genauer, als du sie kennst, und so bitte ich dich, dein Mißtrauen fallen zu lassen und mich zu deinem Gaste zu führen. Ich habe ihm sehr wichtige Dinge mitzuteilen, welche keinen Aufschub erleiden dürfen.«

»So komm! Ich werde dich zu ihm führen.«

Es war allerdings kein Wunder, daß der Pferde- Pferdehändler mir nicht traute. Er war, wenn auch nicht geradezu von Thomas Melton in das Geheimnis gezogen, aber doch jedenfalls von diesem mehr oder weniger unterrichtet worden und wußte also, daß die Obrigkeit von der Anwesenheit seines Gastes nichts wissen sollte. Ich kam nun auf dem Pferde eines Beamten geritten, welcher zu den höchsten Personen der Obrigkeit gehörte, und je wertvoller das Pferd war, in desto größerem Vertrauen mußte ich bei diesem Herrn stehen. Dies war freilich geeignet, ihn zur Vorsicht zu veranlassen.

Ich ließ mein Pferd stehen und folgte ihm. Der scheinbare Zweck meines Besuches war, Jonathan Melton davon zu benachrichtigen, daß der Kolarasi, sein Vater, noch nicht von seinem Zuge zurückgekehrt sei; meine eigentliche Absicht aber bestand darin, ihn zu veranlassen, nicht hier in Zaghuan verborgen stecken zu bleiben, sondern mit uns zu reiten, damit wir ihn sicher hätten und er uns nicht entgehen könne.

Wie aber das anfangen, ohne seinen Verdacht zu erregen? Der wunde Punkt war der, daß er mich für einen Mr. Jones hielt und, wenn er mit uns ging, von Krüger-Bei und anderen unbedingt erfahren mußte, daß ich ein Deutscher war. Ich mußte ihm diesen Widerspruch in einer Weise, welche seinen Verdacht nicht erregte, zu erklären suchen.

Der Pferdehändler führte mich durch einige kleine Räume und ließ mich in einem stehen, um mich anzumelden. Daß er dies selbst jetzt noch für notwendig hielt, war ein Zeichen, daß es mir nicht gelungen war, sein Mißtrauen zu zerstreuen. Es dauerte auch wirklich eine längere Zeit, ehe er wiederkam und mich aufforderte, einzutreten, worauf er sich entfernte.

Der falsche Hunter stand im nächsten Zimmer, mich erwartend. Es war, wie es schien, der am besten ausgestattete Raum des Hauses. Er reichte mir die Hand und sagte:

»Da sind Sie ja! Fast wären Sie nicht zu mir gelassen worden. Nicht?«

Aus seinem Tone und seinem Gesichte schloß ich, daß es dem Pferdehändler nicht gelungen war, ihn gegen mich einzunehmen, und ich antwortete:

»Allerdings. Ihr Wirt schien Mißtrauen gegen mich zu hegen.«

»Das ist wahr. Und wissen Sie vielleicht, warum?«

Ach hoffe, es von Ihnen zu erfahren.«

»Weil Sie den Fuchshengst des Kommandanten der Leibgarde reiten. Er sagte, Sie müßten ein Vertrauter des Obersten der Heerscharen sein.«

»Ali so! Hm! Da hat er richtig und auch falsch geraten.«

»Wieso?«

»Ein ganz eigentümlicher Umstand! Ich war zunächst ganz erstaunt, dann aber rasch entschlossen, ihn mir zu nutze zu machen. Setzen wir uns! Ich muß es Ihnen erzählen. Es ist eine Art von Abenteuer, und ich halte es für wahrscheinlich, daß noch mehr Abenteuer darauf folgen.«

»Wieso? Ich bin ganz gespannt. Reden Sie!« forderte er mich auf, indem er sich mit mir niedersetzte und mir eine Cigarre nebst Feuer gab.

»Denken Sie!« begann ich. »Ich begab mich Ihrem Auftrage gemäß nach der Kaserne, um mich nach dem Kolarasi zu erkundigen. Mehrere Soldaten saßen plaudernd vor dem Thore, und eben wollte ich meine Fragen an sie richten, als sie aufsprangen und Honneur machten. Ich sah mich um. Es kamen mehrere Reiter, an deren

Spitze sich ein hoher Offizier zu befinden schien. Natürlich trat ich schnell zurück. Im Vorüberreiten fiel sein Blick auf mich; er hielt sofort sein Pferd an, stieß einen Ruf der Freude aus und begrüßte mich, indem er mich Kara Ben Nemsi nannte.« »Ah! Sonderbar! Sie scheinen also demjenigen, welcher so heißt, ähnlich, sogar sehr ähnlich zu sein. Sie sagten ihm doch, daß er sich irre?«

»Das that ich allerdings; aber er lachte dazu und nahm es für Scherz.« »Dann ist die Aehnlichkeit eine ganz außerordentliche! Wer war der Offizier?« »Eben Krüger-Bei, der Herr der Heerscharen.«

»Das ist höchst interessant. Erzählen Sie weiter! Was thaten Sie nun? Sie überzeugten ihn doch, daß er sich irre?«

»Das wollte ich; aber er schnitt mir durch ein weiteres lustiges Lachen die Rede ab, nahm mich beim Arme und forderte mich auf, den Scherz doch nicht zu weit zu treiben. Ich mußte ihm in die Kaserne folgen, wo er mich in eine Offiziersstube brachte und mich bat, hier auf ihn zu warten, bis er die dienstliche Angelegenheit, welche ihn hierher geführt hatte, erledigt habe. Damit ich mich indessen nicht langweile, ließ er einen alten Feldwebel bei mir, welcher Sallam hieß.«

»Das klingt freilich ganz wie ein Abenteuer!«

»Es kommt noch besser! Der Feldwebel behauptete nämlich auch, mich genau zu kennen, und nannte mich auch Kara Ben Nemsi.«

»Aber es ist Ihnen gelungen, wenigstens diesen zu überführen?«

»Nein. Fiel mir auch gar nicht ein. Es kam mir nämlich ein Gedanke, welcher zwar kühn war, mir aber außerordentliche Vorteile verschaffen kann. Sie wissen doch, daß ich Pelz und Lederhändler bin; ebenso werden Sie wissen, daß die tunesischen Beduinen außerordentlich viel Felle erzeugen, und daß dort große Mengen Maroquin und Saffian ausgeführt werden?«

»Das weiß ich freilich.«

»Schön! Wie also, wenn ich als Lederhändler mir meine Ahnlichkeit mit diesem Kara Ben Nemsi zu nutzen machte?«

»In welcher Weise könnte das geschehen?«

»Auf die einfachste Weise der Welt. Es steht doch fest, daß die Freundschaft, die Empfehlung Krüger-Beis einem Großhändler von ungeheurem Nutzen sein kann, denn dieser Mann ist die rechte Hand des Pascha von Tunis und kann einem Freunde zu großen Vorteilen verhelfen. Ich habe mich also entschlossen, Geschäftsbeziehungen mit Tunis anzuknüpfen und bedeutende Einkäufe an Fellen und Leder zu machen. Dabei hoffe ich, daß meine Aehnlichkeit mir schätzenswerte Vergünstigungen bringen wird.«

»Das würde,« meinte er nachdenklich, »ein vortrefflicher Gedanke sein, wenn -wenn nicht -«

»Nun? Wenn nicht - was meinen Sie?«

»Wenn es nicht ein ganz bedeutendes Bedenken dabei gäbe.«

»Welches Bedenken?«

»Ich vermute, Sie wollen Krüger-Bei bei dem Gedanken lassen, daß Sie Kara Ben Nemsi sind?« »Ja.«

»Und doch soll die beabsichtigte Geschäftsverbindung für

Sie, den Mr. Jones, eingeleitet werden. Wie reimen Sie aber dann beides zusammen? Sie können doch nicht Mr. Jones sein und zu gleicher Zeit als Kara Ben Nemsi auftreten!«

»Das werde ich auch nicht. Der Widerspruch ist außerordentlich leicht zu lösen. Ich bin Kara Ben Nemsi; Mr. Jones ist ein Freund von mir und hat mich beauftragt, seine Interessen hier zu vertreten. Verstehen Sie mich?«

»Ja; in dieser Weise könnte es sich freilich machen; aber ich bezweifle, daß Sie es fertig bringen werden, weil es Ihnen unmöglich sein wird, Ihre Rolle als Kara Ben Nemsi durchzuführen.«

»Was das betrifft, so bin ich andrer Ansicht.«

»Die Ansicht ist jedenfalls eine falsche. Sie begeben sich in eine Gefahr, in welcher Sie leicht umkommen können. Es ist nicht nur leicht möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich, daß Sie entlarvt werden.«