Выбрать главу

»Brummen Sie nicht, sondern reden Sie! Warum machen Sie ein Gesicht, in welchem das deutlichste "Nein" zu lesen ist?«

»Weil Sie angewiesen worden sind, hier zu bleiben, um auf den Kolarasi zu warten.«

»Pah! Das kann mich nun nichts mehr angehen. Es war als selbstverständlich vorausgesetzt, daß er siegen werde. Es hat aber das Gegenteil stattgefunden, und da versteht es sich ganz von selbst, daß ich nicht mehr an diese Weisung gebunden bin.«

Ich warf mit voller Absicht einen forschenden Blick auf ihn. Als er denselben bemerkte, meinte er: »Sie wundern sich über die Aufregung, in welcher ich mich befinde?«

»Ich gestehe das allerdings. Der Kolarasi ist doch ein Ihnen fremder Mensch; er geht Sie gar nichts an!«

»Das ist freilich wahr, aber ich bin einmal so. Sie kennen mich noch nicht genau. Ich habe ihm meine Hand zur Befreiung geboten, und ich pflege Wort zu halten. Erst galt es die Befreiung aus einer Lage, welche ihn zu drücken begann, jetzt aber befindet er sich gar in Lebensgefahr. Bin ich da nun nicht erst recht verpflichtet, ihm zu helfen? Hoffentlich haben Sie die Güte, das Vertrauen, welches ich in Sie setze, nicht zu Schanden werden zu lassen.«

»Hm! Sie wollen dem Kolarasi beistehen und verlangen selbst Beistand!«

»Lassen Sie doch Ihr Brummen und Ihr immerwährendes "Hm"! Jetzt freue ich mich darüber, daß Sie

Ihre Aehnlichkeit mit diesem Kara Ben Nemsi benutzt haben, Krüger-Bei zu täuschen. Er hält Sie für seinen Freund und wird Ihnen keinen billigen Wunsch abschlagen. Wollen Sie bei ihm für mich bitten?«

»Welche Bitte meinen Sie?« fragte ich, innerlich darüber erfreut, daß er auf meine heimliche Absicht einzugehen begann.

»Die Bitte, mitreiten zu dürfen.«

»Hm, ich bezweifle sehr, daß Krüger-Bei Ihnen die erbetene Erlaubnis geben werde. Auf militärische Expeditionen nimmt man nicht den ersten besten Civilisten mit.«

»Er nimmt doch Sie auch mit!«

»Weil er mich für Kara Ben Nemsi hält; sonst würde er sich wohl hüten, es zu thun.« »Aber Sir Emery und sogar der Somali dürfen teilnehmen!«

»Weil sie seine Gäste sind, denen er nach dem Gebrauche des Landes diesen Wunsch nicht abschlagen darf.« »Ausrede, Mr. Jones, Ausrede! Sagen Sie mir kurz und bündig, ob Sie sich für mich verwenden wollen oder nicht!«

»Wohl! Ich werde es versuchen.«

»Schön, ich danke Ihnen. Also morgen wird aufgebrochen?« »Morgen nachmittag nach dem Asr.«

»So müssen Sie mich bald benachrichtigen, welchen Erfolg Ihre Fürbitte gehabt hat. Wann und wie wird das geschehen?«

»Noch heute, durch einen Boten, den ich nicht an Sie, sondern an Ihren Wirt sende. Aber ich muß doch dem Herrn der Heerscharen sagen, wer und was Sie sind. Welchen Namen und Charakter wollen Sie sich geben?«

»Den richtigen; das ist das allerbeste. Sagen Sie ihm, daß ich Small Hunter heiße, aus den Vereinigten Staaten stamme und ein Bekannter des Kolarasi bin. Und nun gehen Sie! Sie dürfen keine Zeit verlieren. Ich bin überzeugt, daß Sie sich Mühe geben werden, mir die Erlaubnis zu erwirken, und werde also meine Reisevorbereitungen sofort treffen.«

»Ihren Koffer können Sie nicht mitnehmen.«

»Fällt mir auch gar nicht ein, ihn mitzuschleppen. Ich nehme nur das Allernotwendigste mit und werde mir von meinem Wirte ein gutes Pferd geben lassen. Aber nun machen Sie endlich, daß Sie fortkommen! Sie sind im stande, die schönste, kostbarste Zeit zu versäumen!«

Er schob mich förmlich zur Thüre hinaus, und ich ging, um draußen auf das Pferd zu steigen und nach der Stadt und dem Bardo zurückzureiten.

Der sonst so schlaue Mensch war jedenfalls überzeugt, mich im Sacke zu haben. Er hatte mich förmlich gezwungen, dahin zu wirken, daß er mitreiten durfte, und ahnte keineswegs, daß es gerade das war, was ich gewünscht und beabsichtigt hatte. Der Gerechte ist zuletzt immer klüger als der Ungerechte.

Im Bardo fand ich Winnetou und Emery bei Krüger-Bei sitzend. Sie unterhielten sich von ihren Erlebnissen, wobei Winnetou allerdings, da er weder Arabisch noch viel Deutsch verstand, den Schweigsamen spielen mußte. Er hatte sich zwar während seines Umganges mit mir verschiedene deutsche Worte zu eigen gemacht, doch reichte das noch lange nicht aus, an einem lebhaften Gespräche teilzunehmen.

Es wurde mir natürlich ganz und gar nicht schwer, für den falschen Hunter die von diesem erbetene Erlaubnis zu erwirken, doch verlangte Krüger-Bei, daß derselbe sich

von ihm und uns fernhalte und nur zu den gewöhnlichen Soldaten sich geselle.

»Das ist mir lieb,« antwortete ich; »seine Nähe wäre mir unangenehm gewesen.«

»Wodrum?« fragte der Herr der Heerscharen, welcher mit diesem Worte natürlich »warum« sagen wollte.

»Weil er mir unsympathisch ist, und weil er nicht wissen soll, daß sich der Häuptling der Apatschen bei uns befindet.«

»Hätten Sie gehabt einen Grund dafür?«

»Allerdings habe ich einen Grund. Erlauben Sie mir indessen, Ihnen dies bei einer spätern Gelegenheit mitzuteilen!«

»Bon! Ganz wie Ihnen wollen! Aber wenn er wird fragen nach Winnetou, was wünschen Sie da zu sagen? »Wir geben Winnetou für einen Somali Namens Ben Asra aus.«

Damit war die Angelegenheit abgemacht, und ich schickte den versprochenen Boten hinaus nach Zaghuan. Ich ließ dem falschen Hunter durch denselben sagen, daß er sich morgen noch vor dem Asr bei dem Dorfe Uneka einfinden solle, von welchem aus der Ritt beginnen werde.

Wir verlebten bei dem braven Herrn der Heerscharen einen hoch interessanten Abend, dessen Beschreibung hier leider zu weit führen würde, mußten dafür aber schon am frühen Morgen auf seine Gesellschaft verzichten, da ihn die dienstlichen Obliegenheiten und Vorbereitungen so in Anspruch nahmen, daß er für uns auch nicht eine Minute erübrigen konnte. Auch beim Mittagessen bekamen wir ihn nicht zu sehen. Nach demselben ritten wir hinaus nach Uneka, wo er sich befand, um die Truppen, welche nach dem Nachmittagsgebete aufbrechen sollten, zu besichtigen.

Die Leute waren recht gut beritten und mit Säbel, Lanzen und Gewehren versehen. Auf meinen Rat hatte Krüger-Bei auch für einige schnelle Reitkamele gesorgt, welche uns unter Umständen sehr nötig sein konnten. Es versteht sich ganz von selbst, daß auch Lastkamele genug vorhanden waren, welche Proviant, Munition, Zelte und andere Bagage zu tragen hatten. Außerdem hatte man jedes der Tiere mit einem Wasserschlauche versehen. Wir hatten zwar einen verkehrsreichen Weg vor uns, doch bot derselbe auch genug Gegenden, in denen es kein Wasser gab; da mußten die Schläuche vorher gefüllt werden. Und außerdem war es ja möglich, daß wir gezwungen waren, längere Zeit in der wasserlosen Wüste oder Steppe zu kampieren; da durfte es keinesfalls an Schläuchen fehlen.

Kurz vor dem Asr kam der falsche Hunter geritten. Er hatte zwei Pferde, von denen das eine ihn selbst und das andere seine Mundvorräte trug. Er wollte sich sogleich zu uns gesellen; aber als Krüger-Bei dies bemerkte, sagte er zu mir:

»Sagen Sie dem Menschen, daß ich nicht erlaube, jede fremde Person an meiner Seite zu sehen. Der Herr der Heerscharen hat als Höchstkommandierender nicht die Absicht, sich herabzulassen.«

Ich ging dem Amerikaner also entgegen und meldete ihm im Sinne dieser außerordentlich klaren Weisung meines Freundes:

»Krüger-Bei hat erlaubt, daß Sie uns begleiten, wünscht Sie aber nicht in seiner Nähe zu haben.«

Die Mitteilung enthielt eigentlich eine Beleidigung für ihn, er nahm sie aber wider mein Erwarten ruhig hin und antwortete in zufriedenem Tone: