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Wir befanden uns in einer Gegend, in der es hier und da ganze Gruppen von Bäumen und Sträuchern gab, was auf Quellen und Wasserläufe schließen ließ. Südlich von uns lag die Sierra Blanca, welche wir freilich in dem Regen nicht sehen konnten.

Dann waren die Wolken wie weggeblasen, und der blaue Himmel lachte über uns, aber freilich auf wie lange! Jetzt hatten wir wieder freie Aussicht. Droben auf der Sierra schien es fortzuregnen; je weiter herunter aber, desto klarer und durchsichtiger war die Luft. Hatte man noch vor nur fünf Minuten keine zehn Schritte weit durch den Regen zu sehen vermocht, so konnte man jetzt - ah, sogar den Mann sehen, welcher da oben auf der Höhe stand, auf welche wir zuritten. Da oben war es kahl; es gab keinen Baum. Der Mann mußte schon im Regen da oben gestanden haben und demselben ganz schutzlos preisgegeben gewesen sein. Jetzt bewegte er sich. Er kam herabgestiegen und erreichte den Fuß des Berges gerade, als wir dort vorüber wollten. Er war ein Indianer in den mittleren Jahren, halb in Leder, halb in Callico gekleidet und machte in der Freundlichkeit, mit welcher er uns grüßte, einen gar nicht üblen Eindruck. Waffen hatte er nicht bei sich. Er betrachtete uns mit neugierigen Blicken und schien gar zu gern mit uns sprechen zu wollen. Darum fragte ich ihn:

»Zu welchem Stamme gehört mein roter Bruder?«

»Ich bin ein Zuni,« antwortete er. »Woher kommt mein weißer Bruder?«

»Von Acoma herüber.«

»Und wo will er hin?«

»An den Colorado und dann noch weiter. Ist mein Bruder in der Gegend bekannt?« »Ja. Ich wohne hier in der Nähe mit meinem Weibe.«

»Giebt es vielleicht einen Ort, an welchem man die Nacht lagern kann, ohne vom Regen weggespült zu werden?«

»Es giebt einen, und wenn es meinen Brüdern recht ist, will ich sie in das Haus, in welchem ich wohne, führen.«

»Ah, es giebt hier ein Haus?«

»Ja. Meine Brüder mögen kommen und es sich ansehen. Wenn es ihnen gefällt, können sie bei mir bleiben. Kein Regen dringt durch die Decke, und das Feuer brennt während der ganzen Nacht.«

Er schritt uns voran, und wir folgten ihm.

»Ein Zuni? Was sind das für Leute?« fragte mich Emery. »Bist du schon einmal mit einem oder mehreren von ihnen zusammengekommen?«

»Ja. Die Zuni sind die zahlreichsten unter allen Puebloindianern, und haben früher gar keine unbedeutende Rolle gespielt. Sie sind friedliebend und gelten für begabter, als die andern Pueblos.«

»Der Mann sieht nicht verdächtig aus. Ich bin neugierig, was das für ein Bauwerk ist, welches er als sein "Haus" bezeichnet. Es wäre gar nicht übel, wenn wir eine Nacht unter Dach und Fach zubringen und dabei unsere Kleider einmal trocknen könnten.«

Der Zuni führte uns über eine große Grasfläche, durch welche sich ein schmaler Bach schlängelte. Am Ende derselben stand das »Haus«, ein großer Mauerwürfel, in welchem es nur eine einzige Oeffnung gab, durch die man in das Innere gelangen konnte. Die Mauern bestanden aus Lehm, aus weiter nichts, das Dach aus Schilf, welches außen und innen auch mit Lehm beworfen war. Die vier Wände umschlossen einen einzigen Raum, welcher allen Zwecken zu dienen schien. In einem Winkel lagen verschiedene Früchte als Erträgnisse der Bodenarbeit des Indianers. In der andern Ecke befand sich eine Lagerstätte, welche aus Laub und Fellen bestand. In der Mitte der Hinterwand, der Thür gegenüber, stand ein Herd, eine einfache Erhöhung des Fußbodens, welcher auch aus Lehm bestand. Daneben lag Vorrat von Holz, das zum Gebrauche zugerichtet war. Die Thüröffnung konnte mit Hilfe einiger Felle verhangen werden. Das Interessanteste für uns waren große Stücke geräucherten Wildpretes, welche an der Decke hingen. Der Zuniindianer war wahrscheinlich ein großer Jäger vor dem Herrn.

Als wir in das Haus traten, erhob sich von dem Lager eine Frau, welche uns neugierig anschaute und sich dann entfernte, ohne sich zunächst wieder sehen zu lassen.

»Dies ist mein Haus,« sagte der Indianer. »Wenn es meinen Brüdern gefällt, mögen sie bleiben, solange es ihnen beliebt.«

Ein Blick Winnetous belehrte mich, daß er nichts dagegen habe, hier zu bleiben; darum antwortete ich dem Zuni:

»Wenn uns mein Bruder ein Feuer anbrennen lassen will, damit wir unsere Kleider trocknen können, werden wir bei ihm bleiben.«

»Das Feuer wird sofort brennen.«

Er kauerte sich an den Herd nieder, um anzuzünden, was mich einigermaßen wunderte, weil er doch eine Frau besaß, welche diese Arbeit übernehmen konnte. Gewöhnlich ist ein Indianer zu stolz für solche Beschäftigungen.

Für die Pferde gab es draußen einen eingepfählten Raum, in welchen wir sie trieben, nachdem wir ihnen die Sättel abgenommen hatten; die letzteren sollten uns als Kopfkissen dienen. Während der Zuni Feuer machte, erkundigte ich mich bei ihm:

»Wie lange wohnt mein Bruder schon in dieser Gegend?«

»So lange ich lebe,« antwortete er.

»So kennt er auch das Wasser, welches Flujo blanco genannt wird?« »Ja, es ist nicht weit von hier.« »Ob dort wohl Menschen wohnen?«

Diese Frage hatte für uns die größte Wichtigkeit, und ich war neugierig, was und wie er darauf antworten würde. Er entgegnete ganz unbefangen.

»Ja, es giebt dort rote und weiße Menschen.« »Seit wann?«

»Seit mehreren Jahren.« »Befindet sich etwa ein Pueblo dort?«

»Ja, ein Pueblo, welches seit undenklichen Zeiten den Zunis gehörte. Da kamen einst mehrere Indianer aus Mexiko, aus der Sonora herüber, als die Gegend noch zu Mexiko gehörte; sie fanden Gold an dem Wasser und kauften den Zunis das Pueblo ab. Die Bezahlung bestand in Waffen, welche sie später brachten. Seitdem gehörte das Pueblo einem Häuptling der Yumaindianer. Vor einigen Jahren kam der Enkel desselben an das Wasser. Er brachte eine sehr schöne weiße Squaw und mehrere Krieger und deren Frauen und Kinder mit. Sie wohnten in dem Pueblo. Der Häuptling ging mit seiner Frau oft fort, nach der großen Stadt, welche Frisko heißt, und kam nur selten einmal zurück. Dann starb er, und ich sah seine weiße Squaw eine lange Zeit nicht mehr. Seit einigen Tagen aber ist sie wieder dort mit einem weißen Mann.«

»Kamen sie geritten?«

»Gefahren. Sie saßen in einer alten Postkutsche. Ein Kutscher war dabei und ein Führer aus Albuquerque, welcher auf seinem Pferde nebenher ritt. Gestern in der Nacht kam noch ein Weißer. Ich habe gehört, daß er der Vater des Weißen ist, den die Squaw mitgebracht hat.«

»Von wem erfuhrst du das?«

»Von ihm selbst.«

»Wann?«

»Als er bei mir einkehrte.«

»Hm! Er kam mitten in der Nacht und ist bei dir eingekehrt? Das ist doch seltsam! Wer dein Haus des Nachts findet, muß es genau kennen. Ist er denn schon früher bei dir gewesen?«

»Nein. Aber mein Feuer brannte, und ich hatte die Thür offen; da leuchtete es weit in die Gegend hinaus; er sah es und kam herbei, um mich nach dem Pueblo zu fragen. Er wartete bei mir, und als es Tag geworden war, habe ich ihn hingeführt.«

»Wie weit ist es bis dorthin?«

»Wer schnell reitet, der kommt in zwei Stunden hin.«

»So bist du also befreundet mit den Weißen und Roten, die dort wohnen?«

»Ja.«

»Hat man dir denn nicht gesagt, daß wir kommen würden?« »Nein. Ihr wollt auch hin?«