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»Ich bin im Gegenteile überzeugt, daß ich es mir doch hole!«

»Keinen Pfennig! Aber, Sennor, Ihre verrückte Idee hat Ihnen bisher so viel Mühe gemacht, daß wir Mitleid mit Ihnen haben und Ihnen etwas zukommen lassen wollen.«

»Was denn wohl, meine gütige Sennora?«

»Sie wissen wohl, wo Vogel sich gegenwärtig befindet?«

»Ja.«

»Das ist wieder ein eklatanter Beweis, daß es mit Ihrer vielgerühmten Klugheit nicht allzuweit her ist. Welcher vernünftige Mensch kommt auf die Idee, einen solchen unerfahrenen Knaben mit hierher zu nehmen! Was hindert uns, ihn unschädlich zu machen?«

»Das hätte nicht den geringsten Vorteil für Sie!«

»Nicht? Wirklich nicht?«

»Durch den Tod des einen Erben, der noch mehrere Nebenerben hat, werden Sie noch lange nicht der rechtliche Besitzer der Erbschaft. Das Verbrechen bleibt Verbrechen. Sie werden sich wohl hüten, den

jungen Mann zu ermorden.«

»Ich? Nun ja, mir ist es sehr gleichgültig, ob er stirbt oder ob er leben bleibt. Aber Jonathan und sein Vater werden ihn gewiß töten, wenn ich unverrichteter Sache von Ihnen zurückkehre.«

»Unverrichteter Sache! Sie haben uns also gewisse Anträge zu Stellen, gewisse Vorschläge zu machen?« »Ja. Wir sind bereit, Ihnen gewisse Vorteile abzulassen -« »Und verlangen dafür noch größere Vorteile für sich selbst!«

»Wohl kaum! Hören Sie, was ich Ihnen alles biete! Sie bekommen Ihre Pferde wieder, auch den jungen Menschen, der sich Vogel nennt und mit Hunter verwandt gewesen zu sein behauptet -«

»Schön!«

»Vogel erhält hunderttausend Dollars in guten Wertpapieren und Sie bekommen zehntausend Dollars in ebenso sichern Papieren.«

»Für mich?«

»Ja. Bedenken Sie, was das heißt, da Sie dem

Onkel Melton, als Sie ihn erstachen, sein Geld abgenommen haben. Sie gelangen also in den Besitz eines Vermögens!«

»Sehr richtig, Sennora!«

»Dafür verlangen wir weiter nichts, als daß -«

Sie stockte und sah mich forschend an, was ich zu dem Folgenden wohl sagen würde. »Nun, als daß -?« fragte ich.

»Als daß Sie die Verfolgung Jonathans und seines Vaters aufgeben, nie wieder gegen irgend einen Menschen von dieser Angelegenheit sprechen.«

»Natürlich, natürlich!«

»Und Vogel und seine Verwandten bestimmen, sich mit den hunderttausend Dollars zufrieden zu geben und ebenso verschwiegen zu sein, wie Sie sein werden.«

»Welch eine Bescheidenheit, welch eine wirklich großartige Bescheidenheit!«

»Nicht wahr? Für das viele Geld ein wenig Verschwiegenheit! Kann man etwa weniger verlangen?«

»Nein, auf keinen Fall.«

»Sie sind also einverstanden?«

»Ja.«

»Das freut mich! Ich glaubte wirklich nicht, daß Sie so verständig sein würden, so schnell Ihren Vorteil zu erkennen. Wenn Sie alle drei einverstanden sind, so -«

»Wir sind einverstanden,« unterbrach ich sie, »vollständig einverstanden. Nur haben Sie sich noch nicht erkundigt, auf welchen Punkt sich das Einverständnis bezieht.«

»Nun, auf welchen?«

»Darauf, daß die Meltons die allergrößten Schurken sind, welche es unter der Sonne giebt.« »Das gehört doch nicht hierher!«

»Gehört vielleicht auch die andere Wahrheit, über welche wir gleichfalls so einverstanden sind, nicht hierher, nämlich die, daß Sie eine ebenso große Schurkin sind wie die beiden Meltons zusammen?«

»Sennor, wozu die Redensarten! Wollen Sie unser schönes Uebereinkommen zerstören?«

Sie mochte wirklich geglaubt haben, daß ich auf ihren Vorschlag eingehen wolle, denn ich hatte so ruhig und gleichmütig gesprochen, wie es trotz meiner Empörung möglich war. Erst jetzt schien sie zu bemerken, daß eine Ironie des Grimmes aus mir gesprochen hatte. Sie war bei ihren letzten Worten aufgestanden, als ob sie sich im Zorne entfernen wolle. Ich erhob mich nun auch aus dem Grase und antwortete:

»Unser Uebereinkommen? Haben Sie denn in Wirklichkeit annehmen können, daß ich mit Ihren mehr als wahnsinnigen Forderungen einverstanden sei?«

»Wahnsinnig nennen Sie dieselben? Wahnsinnig?« rief sie aus. »Ueberlegen Sie sich doch, was ich Ihnen biete!«

»Ich brauche es mir nicht zu überlegen! Vogel wird ohnehin alles bekommen, alles, außer dem natürlich, was bis jetzt schon von dem Gelde verschwunden ist!«

»Das zu sagen, ist Wahnsinn. Greifen Sie zu?«

»Nein.«

»So bekommen Sie Ihre Pferde nicht wieder!« »Ich hole sie mir!« »Und Vogel stirbt!«

»Wird ihm auch nur ein Haar gekrümmt, so bezahlen Sie es mit Ihrem Leben, Sennora Judith! Merken Sie sich das! Es ist mein bitterster Ernst!«

»Möchte wissen, wie und wann Sie an mich kommen wollten!«

»Das werden Sie erfahren! Ich dächte, Sie hätten allen Grund, nicht allzu zuversichtlich zu sein. Sie haben Winnetou und Old Shatterhand ja kennen gelernt!«

»Dafür werden Sie uns nun auch kennen lernen. Also gehen Sie auf meine Vorschläge ein?« »Nein und wieder nein!«

»So sind wir fertig!«

»Für diesen Augenblick, nicht aber für später. Ich denke vielmehr, unser neues und schönes Verhältnis wird erst jetzt beginnen!«

»Drohen Sie immerhin; ich lache Sie doch aus!«

Sie gab der Indianerin, die während unserer Unterhaltung fern gestanden hatte, einen Wink, den Sessel aufzunehmen, und schritt dem Hohlwege zu. Dort angekommen, blieb sie stehen, blickte eine kurze Zeit sinnend nieder, kehrte dann um, kam wieder zu mir und sagte:

»Sennor, ich will Sie trotz alledem noch einmal warnen. Trauen Sie sich wirklich zu, in unser Felsennest einzudringen?«

»Ja. Es ist nicht eine Spur von Gefahr dabei!«

»Und ich sage Ihnen, daß wir uns bis auf den Tod verteidigen werden!«

»Ist mir gleichgültig. Ich habe noch ganz andere Gegner vor mir gehabt, als die Meltons sind. Sie selbst rechne ich natürlich gar nicht.«

»O, ich bitte, mich doch zu rechnen, und zwar sehr! Wenn es Ihnen trotz aller Erwartung durch irgend einen günstigen Zufall gelingen sollte, in meine Nähe vorzudringen, würde ich Sie ohne Gnade niederschießen!«

»Thun Sie das, Sennora!«

»Ja, ich werde es thun; darauf können Sie sich verlassen. Ich kämpfe um einen Preis, der mir hoch genug ist, einen Mord zu begehen. Ich habe mich an den Reichtum gewöhnt; ich kann und mag ohne ihn nicht leben; er wird mir jetzt wieder geboten, und Sie wollen mir ihn rauben. Nehmen Sie sich also auch vor mir in acht!«

Sie machte eine Bewegung, sich wieder fort zu wenden, besann sich aber und fügte noch hinzu: »Wir glaubten, Sie würden auf meine Vorschläge eingehen, dennoch -«

»Dann wäre ich ein Subjekt, welches Ihnen und den Meltons gleichgestellt werden müßte,« unterbrach ich sie.

Sie fuhr, ohne auf meine Worte zu achten, weiter fort:

»Dennoch dachten wir auch daran, daß Sie sich doch vielleicht weigern könnten. Für diesen Fall erhielt ich den Auftrag, Ihnen bis morgen mittag eine Frist zur Ueberlegung zu geben.«

»Sehr freundlich von Ihnen!«

»Allerdings, denn es ist eine Gnadenfrist. Morgen mittag werde ich wieder hierher kommen. Werden Sie hier sein?«

»Jedenfalls, nämlich wenn wir uns nicht schon vorher wiedergesehen haben.«

»Das werden Sie nicht fertig bringen!« lachte sie. »Also morgen mittag. Leben Sie wohl, Sie großer Held und Retter von Leuten, die Sie nichts angehen!«

»Nicht so schnell, nicht so schnell, Sennora! Wir gehen ein Stückchen mit.« »Warum?« fragte sie verwundert, indem sie stehen blieb.