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»Zum Teufel mit den Ingenieuren«, murmelte er. »Sie haben alles durchgecheckt, aber es funktioniert trotzdem nichts.«

Auf die Anzugsdiagnostik konnte er also nichts geben. Gaeta wusste, dass Fritz den Fehler sicher finden würde. Er kennt alle Details. Er hat sogar die Positionsdaten, die im Navigationsprogramm gespeichert sind; und alles, was ich habe, ist eine nicht funktionierende Funkverbindung.

Gaeta hatte aber noch einen Trumpf. Wenn der nicht sticht, werde ich ein Tiefkühlgericht für diese chingado Eis-Wanzen abgeben, sagte er sich. Das unter Federspannung stehende Kabel aus Buckminster-Fulleren durchstieß den Eispanzer und rollte sich wie eine Peitsche zur vollen Länge von hundert Metern aus. Gaeta spürte die Vibrationen im Anzug wie das leise Summen eines Elektrorasierers.

»Fritz! Hörst du mich?«, rief er.

»Manny!«, ertönte Fritz' Stimme. »Wie ist die Lage? Die Diagnosedaten hier sind uneinheitlich.«

»Anzugsantennen vereist«, erwiderte Gaeta, wobei er automatisch in den abgehackten, Zeit sparenden Slang der Piloten und Fluglotsen fiel. »Schubdüsen zünden nicht.«

»Lebenserhaltung?«

»Funktioniert noch. Die Schubdüsen, Mann. Ich muss von hier verschwinden.«

»Hast du es schon mit dem Notaggregat versucht?«

»Natürlich habe ich es mit dem Notaggregat versucht! Es sieht so aus, als ob alles eingefroren wäre.«

»Dreh die Anzugsheizung hoch«, ertönte Wunderlys Stimme.

»Die Heizung?«

»Dreh sie so hoch, dass du es gerade noch aushältst«, sagte sie. »Die Eis-Wanzen mögen wahrscheinlich keine hohen Temperaturen.«

»Wahrscheinlich ist mir auch keine große Hilfe«, sagte Gaeta.

»Versuch es wenigstens«, befahl Fritz ihm.

Gaeta wusste, dass die elektrische Energie des Anzugs aus einem thermionischen Konverter kam: Die Heizung hatte auf jeden Fall genug Saft.

»Okay«, sagte er widerstrebend. »Ich gehe in den Sauna- Modus.«

Holly machte sich mehr Sorgen um Tavaleras Bein als um ihre eigene Zukunft. Zwei schwarz gekleidete Sicherheits-Leute schleiften Raoul den Hang hinauf zur zentralen Luftschleuse. Er schien einen Schock zu haben; das Gesicht war kreidebleich, und er knirschte mit den Zähnen. Es war dumm gewesen von ihm, mir helfen zu wollen, sagte Holly sich. Dumm, aber mutig.

Mit dem Äthiopier an der Spitze erklommen sie die sanfte Steigung und spürten die eigentümliche Abnahme der Schwerkraft, als sie sich der Mittellinie des Habitats näherten. Holly fragte sich, ob sie den irritierenden Schwund der Schwerkraft vielleicht als Waffe einsetzen könnte, aber sie und der verwundete Tavalera hätten dann vier von Kanangas Leuten gegenüber gestanden. Sie durfte Raoul nicht in ihren Fängen lassen, egal was geschehen würde.

»Wieso bringt ihr uns dorthin?«, fragte Holly.

»Wir befolgen nur unsere Befehle«, sagte der stämmige Anführer des Sicherheits-Teams.

»Befehle? Wessen Befehle?«

»Oberst Kanangas. Er will sich in der zentralen Luftschleuse mit Ihnen unterhalten.«

Eberly war überhaupt nicht erfreut, aber er wusste, dass er keine andere Wahl hatte, als Morgenthau zu dieser Besprechung mit Kananga zu begleiten. Was soll ich sonst tun, fragte er sich. Ich bin doch nicht mehr als eine Galionsfigur. Sie hat die eigentliche Macht, sie und Kananga und diese Natter Vyborg. Ohne ihn und seinen krankhaften Ehrgeiz wäre das alles nicht passiert. Ich habe die Macht für sie gewonnen, nicht für mich.

Widerwillig folgte er Morgenthau zum Fahrradständer vorm Verwaltungsgebäude und stieg auf eins der Zweiräder mit Elektroantrieb. Von hinten sah Morgenthau aus wie ein Nilpferd auf einem Fahrrad. Er bemerkte, dass sie nicht einmal auf ebener Strecke in die Pedale trat; stattdessen überließ sie es dem lautlosen kleinen Elektromotor, sie zu befördern. Ich hoffe nur, dass der Akku leer ist, wenn wir die Steigung erreichen, sagte Eberly sich boshafterweise.

Aber sie schaffte den ganzen Weg bis zum Habitat-Ende und zur Luke, die zur zentralen Luftschleuse führte.

Eberly folgte ihr brav. Sie ließen die Fahrräder im Ständer an der Luke stehen und betraten den kalten, trübe beleuchteten Stahltunnel.

Als die Luke sich hinter ihnen schloss, schaute Eberly über die Schulter zurück wie ein Häftling, der einen letzten Blick nach draußen wirft, bevor die Gefängnistore sich hinter ihm schließen. Er sah eine kleine Gruppe von Leuten, die die Steigung zur Luke erklommen. Drei von ihnen trugen die schwarzen Gewänder der Sicherheitskräfte. Die große, schlanke Gestalt in ihrer Mitte sah wie Holly aus. Den Mann in einer beigefarbenen Montur, der vor den anderen herhinkte, erkannte er aber nicht.

Dann schloss die Luke sich, und Eberly spürte, wie die Kälte des kühlen Stahltunnels ihm ins Gebein drang.

»Kommen Sie«, sagte Morgenthau. »Kananga wartet an der Schleuse auf uns. Vyborg ist auch da.«

Eberly folgte ihr wie ein widerspenstiger kleiner Junge, der zur Schule geschleppt wird, und fragte sich, was er zu tun vermochte.

Gaeta vertrieb mit einem Blinzeln den Schweiß aus den Augen. Er hatte die Notantenne eingeholt und sie noch zweimal ausgefahren. Jedes Mal hatte er etwa fünf Minuten einer klaren, deutlichen Kommunikation herausgeschunden, bevor die Eis-Kreaturen die Antenne wieder mit einer so dicken Eisschicht ummantelt hatten, dass die Verbindung abbrach.

Die Helmvisier-Anzeigen wurden mit Gelb gesprenkelt, als er elektrische Energie von den Anzugsensoren und sogar von den Servomotoren abzog, die Arme und Beine bewegten, und zur Heizung umleitete. Die Arme vermochte er selbst mit Hilfe der sich abmühenden Servomotoren kaum noch zu bewegen. Gott weiß, wie dick die Eisschicht schon ist.

Das Problem ist, dass die Anzugshaut eine zu gute Wärmeisolierung hat, sagte er sich. Der Anzug ist darauf ausgelegt, Wärme zu speichern und nicht etwa nach draußen abzugeben.

Das brachte ihn auf eine Idee. Es war zwar gewagt, aber es war eine Idee. Wie lang vermag ich im Vakuum zu atmen, fragte er sich. Das war eine Art Russisches Roulette, das Astronauten, Stuntmen und andere Verrückte hin und wieder spielten: Vakuum-Atmen. Man öffnet den Anzug und hält den Atem an. Der Trick dabei ist, den Anzug rechtzeitig wieder zu schließen, bevor man erstickt oder einem die Augen durch den Unterdruck aus den Höhlen quellen. Viele Leute hatten schon einen Rekordversuch unternommen; die meisten von ihnen waren tot. Er erinnerte sich, dass Pancho Lane gut in diesem Spiel gewesen war; damals, als sie noch Astronautin gewesen war.

Die eigentliche Frage lautet, sagte Gaeta sich: Wie viel Luft enthält der Anzug? Und wie schnell wird sie wohl entweichen, wenn ich eine Klappe öffne, zum Beispiel die im Ärmel?

Er wünschte, er hätte das mit Fritz abzuklären vermocht, doch nun funktionierte nicht einmal mehr die Notantenne; als er sie zuletzt benutzt hatte, war sie so stark vereist, dass er sie nicht mehr einzuholen vermochte.

Du bist auf dich allein gestellt, muchacho. Stell selbst Berechnungen an und handle auf eigene Faust. Es hilft dir niemand mehr.

Kananga wirkte ruhig und zufrieden; der große Mann stand lächelnd vor der inneren Luke der Luftschleuse. Es war eine übergroße Luke — breit und hoch genug, um sperrige Kisten mit Maschinen und andere Fracht aufzunehmen, aber auch Personen in Raumanzügen. Vyborg zappelte nervös herum. Er wollte die Sache offenbar möglichst schnell hinter sich bringen, sagte Eberly sich.

Auf der anderen Seite der stählernen Kammer stand Holly. Sie versuchte trotzig zu schauen, vermochte ihre Angst dennoch nicht zu verbergen. Ein junger Mann, den er als Raoul Tavalera identifizierte, lag mit schmerz- und wutverzerrtem Gesicht vor ihr. Eberly erinnerte sich, dass er der Astronaut war, den sie bei der Brennstoffaufnahme am Jupiter gerettet hatten. Der äthiopische Scout und die drei Sicherheitsleute standen etwas entfernt im Tunnel und versperrten den Fluchtweg.