Выбрать главу

»Das ist nicht so gut.« Timoschenko schaute durchs Cockpitfenster. Er sah die winzigen Konturen eines Menschen vorm Hintergrund der großen, hell leuchtenden Saturnringe.

»Au«, rief Gaeta.

»Was ist denn los?« Das war Fritz' Stimme.

»Mir ist ein Muskel gerissen, als ich die Beine aus dem Anzugsbein gezogen habe«, antwortete Gaeta. »Nun will ich sie wieder hineinstecken, und es schmerzt höllisch.«

»Wenn das dein größtes Problem ist«, sagte Fritz, »dann hast du wirklich keinen Grund zur Klage.«

Bei dieser coolen Bemerkung des Technikers musste Timoschenko lachen. Wie ein Zahnarzt, der sagt, es würde gar nicht wehtun, sagte er sich. Der Zahnarzt selbst spürt keinen Schmerz.

»Ich werde es kaum schaffen, an Bord des Raumboots zu kommen«, sagte Gaeta. »Ich fliege durch die Gegend wie ein abgefuckter Meteor. Ich habe keinen Antrieb und keinen Brennstoff zum Manövrieren mehr.«

»Keine Sorge«, sagte Timoschenko. »Ich werde dich aufsammeln. Ich fange dich auf, wie ein Artist auf dem Hochtrapez seinen Partner mitten in der Luft auffängt. Wie ein Balletttänzer, der die Ballerina im Scheitelpunkt des Sprungs auffängt. So in der Art.« Er wünschte sich, dass er so zuversichtlich gewesen wäre, wie er sich anhörte.

Holly lag zusammengekrümmt auf dem Stahlboden der Luftschleusenkammer. Sie war wieder bewusstlos.

»Sie simuliert nur«, sagte Morgenthau.

»Um Gottes willen, lasst sie in Ruhe«, bettelte Eberly »Werft sie aus der Luftschleuse, wenn es unbedingt sein muss, aber hört endlich mit dieser Folter auf. Das ist ja widerlich!«

»Wir haben auch genug Aufzeichnungen von ihrer Stimme, um eine Aussage gegen Cardenas zu synthetisieren«, sagte Vyborg.

»Ich will aber sichergehen«, sagte Morgenthau. »Ich will es aus ihrem Mund hören.«

Kananga stupste Tavaleras reglosen Körper mit der Stiefelspitze an. »Ich fürchte, dass bei ihm ein paar Rippen gebrochen sind. Er hat wahrscheinlich starke innere Blutungen. Vielleicht ist auch ein Lungenflügel perforiert.«

Morgenthau stemmte die Fäuste in die breiten Hüften: Sie bot ein Bild finsterer Entschlossenheit in ihrem albernen, knallbunten Kaftan.

»Wecken Sie sie auf«, befahl Morgenthau. »Ich will sie die Worte sagen hören. Dann können Sie sie loswerden.«

»Hundert Meter und näher kommend.« Timoschenkos Stimme in Gaetas Kopfhörer klang ruhig und professionell.

Gaeta sah das anfliegende Raumboot nicht durchs Helmvisier; also verbrauchte er einen Spritzer Brennstoff für die Minidüse, um sich etwas zu drehen. Und da war es. Es näherte sich schnell, und die plumpe Form mutete Gaeta so schön an wie eine Rennjacht. Die Ladeluke stand einladend offen.

»Du siehst verdammt gut aus, amigo«, sagte Gaeta.

»Ich gleiche meinen Geschwindigkeits-Vektor mit deinem ab«, erwiderte Timoschenko.

»Dein Brennstoffvorrat ist im kritischen Bereich«, ertönte Fritz' Stimme. »Es wäre besser, wenn du die zentrale Luftschleuse am Habitat-Ende anfliegst, anstatt zur Haupt- Luftschleuse zurückzukehren.«

»Ist die auch groß genug, dass ich mich im Anzug durchquetschen kann?«, fragte Gaeta.

»Ja«, sagte Fritz. »Flieg die zentrale Luftschleuse an.«

»Lass mich doch erst mal an Bord gehen, Mann«, sagte Gaeta.

Timoschenko nickte zustimmend. Er soll erst sicher an Bord kommen. Dann werden wir die Luftschleuse ansteuern, die am leichtesten zu erreichen ist.

Routiniert gab er Steuerbefehle in den Computer ein und manövrierte das Raumboot näher an Gaeta heran. Timoschenko wusste, wenn er die Zeit gehabt hätte, wäre er in der Lage gewesen, das Rendezvous-Problem in den Computer des Raumboots einzugeben und alles automatisch ablaufen zu lassen. Doch dafür war eben keine Zeit mehr. Er musste Gaeta manuell reinbringen. Er lächelte fast angesichts der Ironie des Vorgangs. Der Computer vermochte das Problem in einer Mikrosekunde zu lösen, aber es würde zu lang dauern, das Problem in den Computer einzugeben.

Es war unmöglich, die Geschwindigkeit der beiden Objekte exakt anzugleichen. Er musste die Entfernung zu Gaeta verringern und das Raumboot auf einer Flugbahn halten, die Gaetas Bahn in dem Punkt mit der kleinstmöglichen Geschwindigkeitsdifferenz schnitt. Timoschenko wischte sich den Schweiß aus den Augen, während er aufs Radarbild starrte. Zehn Meter trennten sie noch voneinander. Acht. Sechs.

Gaeta sah, wie die Ladeluke langsam näher kam. Komm schon, Kumpel, sagte er sich. Bring das Boot her. Bring es her. Er wünschte sich, er hätte noch einen Tropfen Brennstoff in der Antriebseinheit — selbst der winzige Schub-Impuls hätte die Lücke zwischen ihm und der Ladeluke geschlossen.

»Bin gleich da.« Timoschenkos Stimme klang angespannt und spröde.

Gaeta hob die Arme und versuchte den Rand der Luke zu fassen. Weniger als ein Meter trennten die Fingerspitzen von der Sicherheit.

»Mach dich bereit«, sagte Timoschenko.

»Ich bin bereit.«

Die Luke schoss plötzlich auf Gaeta zu und umfing ihn. Er flog so schnell in die Ladebucht hinein, dass er mit dem Hinterkopf gegen die Innenseite des Helms schlug.

»Willkommen an Bord«, sagte Timoschenko. Gaeta spürte förmlich das breite Grinsen auf seinem Gesicht.

»War etwas ungemütlich, aber trotzdem danke, amigo.«

»Gott sei Dank«, hörten sie Fritz atemlos sagen.

Luftschleusen-Justiz

Fritz und drei andere Techniker eilten in Begleitung von Wunderly und Berkowitz zum Habitat-Ende, um Gaeta und Timoschenko in Empfang zu nehmen, wenn sie anlegten. Zu Fritz' Erstaunen hielt der pummelige Berkowitz mit ihm mit, während sie auf dem Weg zum Habitat-Ende wie verrückt in die Pedale traten. Auch Wunderly war nicht weit hinter ihm; die Techniker waren auf dem Fahrradweg jedoch deutlich zurückgefallen.

Er wartete ungeduldig an der Schleuse der zentralen Luftschleuse am Habitat-Ende auf sie und sagte sich: Ich werde dafür sorgen müssen, dass sie wesentlich mehr Sport treiben. Beim Anblick der schnaufenden und schwitzenden Figuren schüttelte er den Kopf. Sie haben sich in richtige Schlaffis verwandelt, seit wir an Bord des Habitats sind. Flankiert von Wunderly und dem schnaufenden Berkowitz und gefolgt von den Technikern marschierte Fritz durch den stählernen Tunnel, der zur Luftschleuse führte. Sie gelangten bis zur Kammer, die der inneren Luke der Luftschleuse vorgelagert war. Dort wurden sie von einem Trio schwarz gekleideter Sicherheitsleute angehalten.

»Dieser Bereich ist gesperrt«, sagte der Anführer der Wache.

»Gesperrt?«, blaffte Fritz. »Was soll das heißen? Ein Raumboot wird in ein paar Minuten an dieser Luftschleuse anlegen.«

Die Wache zückte den Schlagstock. »Sie können dort nicht hinein. Ich habe meine Anweisungen.«

Der Schrei einer Frau hallte von den Stahlwänden wider und ließ Fritz das Blut in den Adern gefrieren. »Was, zum Teufel, geht da drin vor?«, fragte er nachdrücklich.

Als Timoschenko das Raumboot zur Luftschleuse des Habitat- Endes steuerte, rief er Gaeta in der Ladebucht zu: »Willst aus dem Anzug steigen? Ich kann nach hinten kommen und dir helfen.«

»Das geht nicht«, sagte Gaeta. »Ich habe einen Muskelriss im Oberschenkel. Mir werden gleich ein paar Leute beim Aussteigen helfen müssen.«

Timoschenko zuckte die Achseln. »In Ordnung. Wir werden die Luftschleuse in weniger als zehn Minuten erreichen.«

Als sie das Habitat jedoch erreichten und Timoschenko mit der Ladeluke an der äußeren Luftschleusenluke andocken wollte, erschien die Meldung ZUGANG ZUR LUFTSCHLEUSE VERWEIGERT auf dem Monitor.

»Zugang verweigert?«, knurrte Timoschenko. »Welcher blöde Hund hat denn die Luftschleuse gesperrt?«