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»Einen Frühstücksdirektor? Wen denn?«

»Ruth Morgenthau ist die ideale Besetzung für diese Rolle. Sie arbeitet derzeit im Verwaltungsbüro. Wenn ich sie hierher versetzen lasse, wird Wilmot nichts dagegen haben.«

Morgenthau, sagte Holly sich. Deshalb hat er also so viel Zeit mit ihr verbracht.

»Sie ist ziemlich faul, müssen Sie wissen«, sagte er mit einem hämischen Grinsen. »Und ziemlich eitel. Wir setzen sie an diesen Schreibtisch, wo sie Ihnen nicht im Weg ist. Und dann werden Sie die Abteilung leiten.«

»Würde sie sich überhaupt darauf einlassen?«

»Sie wird die Gelegenheit sofort beim Schopf ergreifen«, erwiderte er mit einem Kopfnicken. »Mehr Prestige und weniger Arbeit. Sie wird es lieben.«

»Ich verstehe.« Holly versuchte sein Grinsen zu erwidern, aber es geriet ihr zu einer Grimasse.

Er beugte sich über den Schreibtisch und hob ihr Kinn an, so dass er ihr in die Augen schauen konnte. »Es hängt nun alles von Ihnen ab, Holly. Wollen Sie diese Verantwortung übernehmen? Wollen Sie das für mich tun?«

Eine Woge von Emotionen schlug über Holly zusammen: Dankbarkeit, Loyalität, das Bedürfnis, Malcolm Eberly zu Gefallen zu sein, eine Sehnsucht, dass er sie liebte.

»Ja«, sagte sie atemlos. »Ich werde alles für Sie tun, Malcolm.«

Er lächelte entwaffnend. Und sagte sich, dass Morgenthau damit glücklich sein müsste: die Insignien der Autorität, eine ganze Abteilung, über die sie zu herrschen vermochte. Damit müsste sie so beschäftigt sein, um meine Kreise nicht zu stören.

Namen sind Schall und Rauch

An: alle Bewohner

Von: M. Eberly, Abteilungsleiter Human Resources

Betreff: Namensgebungs-Wettbewerbe

Sie, die Bewohner dieses Habitats, werden über die Namensgebung für die fünf Ortschaften, die verschiedenen Arbeitsbereiche und die natürlichen Bereiche (Farmen, Gärten, Waldgebiete, Seen etc.) entscheiden, indem Sie an Wettbewerben zur Auswahl dieser Namen teilnehmen.

Die Bewohner eines jeden Ortes werden einen Namen für das Dorf auswählen, in dem sie leben. Die Arbeiter in jeder Fabrik, Verarbeitungsanlage, Farm, Aquakultur-Komplex etc. werden die Namen für diese Zentren auswählen. Falls gewünscht, können auch einzelne Gebäude mit Namen versehen werden.

Jeder Wettbewerb wird aus drei Phasen bestehen. In der ersten Phase werden alle Bürger über die Kategorien abstimmen, aus denen die Namen anschließend ausgewählt werden. So werden die Bewohner zum Beispiel entscheiden, ob sie die Dörfer nach Nationalhelden, Städten auf der Erde, berühmten Künstlern und Wissenschaftlern etc. auswählen.

In der zweiten Phase werden spezifischen Namen aus jeder ausgewählten Kategorie nominiert und diskutiert. Die Namensliste für jedes spezifische Objekt wird in geheimer Abstimmung auf fünf Positionen verkürzt.

In der dritten und letzten Phase werden — wieder in geheimer Abstimmung — die endgültigen Namen aus der verkürzten Liste ausgewählt.

Die Human-Resources-Abteilung wird die Einzelwettbewerbe organisieren. Die Human-Resources-Abteilung kann auch Gremien aus Bürgern einsetzen, die als Juroren, Forscher oder je nach Bedarf in anderen Eigenschaften fungieren.

Eine öffentliche Veranstaltung wird am Donnerstag um 22:00 Uhr in der Cafeteria anberaumt, um dieses Projekt zu erörtern. Die Teilnahme möglichst aller Bewohner an dieser Veranstaltung ist erwünscht.

Memorandum

An: das gesamte Personal des Habitats

Von: R. Morgenthau, amtierende Leiterin der Abteilung Human Resources

Thema: medizinische Prophylaxe

Als proaktive Maßnahme zur Vorbeugung gegen den Ausbruch von durch die Luft übertragenen Infektionskrankheiten werden die Wohnquartiere aller Personen innerhalb der nächsten vier Wochen mit einem desinfizierenden Sprüh-Antibiotikum behandelt werden.

Jede Person wird darüber informiert werden, wann ihr beziehungsweise sein Gebäude behandelt wird. Diese Behandlung erfolgt während der normalen Arbeitszeit; es ist weder erforderlich noch wünschenswert, dass Sie sich während der Sprüh-Prozedur in Ihren Quartieren aufhalten.

Die erste Wahlkampfveranstaltung

Obwohl es im Habitat zwei Restaurants mit Bedienung gab, aßen fast alle Leute jeden Tag in der großen und lauten Cafeteria. Die Restaurants waren klein und intim und wurden von oftmals angefeindeten Unternehmern betrieben, die die Lebensmittel direkt von den Leuten bezogen, die die Farmen und Fisch-Tanks bewirtschaften. Wie die für die Ernährung zuständigen Funktionäre von Selene schon gelernt hatten, produzierte Aquakultur mehr Protein pro Einheit zugeführter Energie, als dies bei Nutztieren wie Rindern und Schweinen möglich war. Vorm Verlassen der Erde/Mond-Region hatten ein paar Farmer vorgeschlagen, Kaninchen und Geflügel für die Fleischversorgung mitzunehmen. Wilmot hatte dieses Ansinnen strikt zurückgewiesen und wahre Horrorgeschichten aus Australien erzählt, wo entlaufene Kaninchen zu einer regelrechten Landplage geworden wären, und von den Krankheiten, die zusammengepferchte Vögel verursachten.

Also bezogen die Bewohner des Habitats ihr Eiweiß von Fischen, Fröschen, Soja-Derivativen und den synthetischen Produkten der Nahrungsmittelfabrik, die im Volksmund als ›Mampfburger‹ bezeichnet wurden. Wenn die Leute sich nicht in ihren Quartieren eine Mahlzeit zubereiteten, aßen sie normalerweise in der Cafeteria.

Die Cafeteria war der größte umbaute Raum im Habitat und diente zwischen den Mahlzeiten oft als provisorisches Theater und Veranstaltungshalle. Nachdem das Habitat den Asteroiden-Gürtel verlassen hatte und zur zweiten Etappe des Flugs aufgebrochen war, die es zum Jupiter bringen würde, hatte Eberly hier eine öffentliche Versammlung anberaumt.

Die Veranstaltung war für 22:00 Uhr vorgesehen, und es waren immer noch ein paar Leute beim Abendessen, als Eberlys Team — einschließlich Holly — sich anschickte, die Tische und Stühle auf eine Seite des großen Raums zu stellen, um Platz für die erwarteten Zuhörer zu schaffen.

Eberly stand mit einem ungeduldigen Stirnrunzeln an der Rückwand des Raums, neben der kleinen Bühne, auf der er die Rede halten wollte. Er sah, wie das Personal der Cafeteria und ihre Roboter Warmhalteplatten und Vitrinen, klapperndes Geschirr und klirrende Gläser wegräumten. Dass sich eine große Menge versammelte, sah er jedoch nicht.

Ruth Morgenthau überflog das spärliche Publikum. »Alle Leute aus meiner Abteilung sind hier«, sagte sie.

»Aber sonst nicht viele«, sagte Sammi Vyborg.

Oberst Kananga lächelte verkniffen. »Es wird alles auf Video aufgezeichnet. Ich werde die Namen und Dossiers aller Anwesenden kommen lassen.«

»Ich will die Namen derjenigen, die nicht hier sind«, grummelte Eberly.

»Ein simples Rechenexempel« sagte Kananga. Und er grinste, als ob er einen tollen Witz gerissen hätte.

Nachdem die letzten Gäste gegangen und ihre Tische aus dem Weg geräumt worden waren, wuchtete Morgenthau sich die drei Stufen zur Rednertribüne hinauf und gebot mit ausgebreiteten Armen Schweigen. Das gedämpfte Summen der vielen Einzelgespräche in der Menge brach langsam ab, und jeder wandte sich ihr erwartungsvoll zu.

Holly war am Haupteingang positioniert worden, der zum zentralen Dorfplatz hinausging. Eberly hatte ihr gesagt, dass ihre Aufgabe darin bestünde, Passanten zum Eintritt zu animieren und alle Anwesenden davon abzuhalten, zu gehen. Er hatte ihr zwei große, muskulöse junge Männer von der Sicherheitsabteilung zur Seite gestellt, um sie bei der zweiten Aufgabe zu unterstützen. Sie war enttäuscht, dass nur so wenige Leute zu Eberlys Ansprache erschienen waren. Es stand an diesem Abend keine öffentliche Unterhaltung auf dem Plan; dafür hatte sie bei der Terminierung seines Auftritts schon gesorgt.