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»Wie wird wohl Wilmots Reaktion ausfallen?«, fragte Vyborg.

»Das werden wir noch früh genug erfahren«, sagte Eberly.

Ein verschmitzter Ausdruck erschien in Morgenthaus Mondgesicht. »Angenommen, er ignoriert uns einfach?«

»Das ist unmöglich«, sagte Vyborg unwirsch. »Wir haben seine Autorität direkt herausgefordert.«

»Aber angenommen, er ist sich seiner Position so sicher, dass er uns einfach ignoriert?«, insistierte Morgenthau.

»Dann werden wir eben solange einen draufsatteln«, sagte Eberly, »bis er mich einfach nicht mehr ignorieren kann.« Er hieb mit der Faust in die offene Handfläche.

Kananga sagte nichts, aber die Lippen kräuselten sich in einem verstohlenen Lächeln.

Holly, Cardenas und Manuel Gaeta waren die letzten Besucher im Bistro. Die menschliche Bedienung war schon nach Hause gegangen, und es standen nur noch die Servierroboter an der Küchentür. Sie warteten darauf, dass die Leute gingen, sodass sie den letzten Tisch abzuwischen und den Boden zu putzen vermochten.

»…Ihr größtes Problem ist die Kontamination?«, fragte Cardenas den Stuntman.

Gaeta warf einen Blick aufs Tablett, das die Bedienung auf ihrem Tisch zurückgelassen hatte: Es lagen nur noch Krümel darauf. Mit dem Essen waren sie längst fertig.

»Richtig, Kontamination«, sagte Gaeta und unterdrückte ein Gähnen. »Wilmot und die anderen Pfeifen haben Angst, dass ich den Mikroben auf der Oberfläche etwas antun könnte.«

»Das ist ein wichtiger Aspekt«, sagte Holly.

»Ja, stimmt.«

»Ich bin ziemlich sicher, dass ich eine Lösung für Ihr Problem habe«, sagte Cardenas.

Gaeta machte große Augen. »Und wie?«

»Ich könnte Nanomaschinen darauf programmieren, alle Rückstände von Schweiß und anderen organischen Substanzen, die Sie mit dem Raumanzug einschleppen, aufzuspalten. Sie werden den Anzug reinigen und die organischen Substanzen in Kohlendioxid und Wasserdampf umwandeln. Kein Schweiß.«

»Buchstäblich!«, betonte Holly das Wortspiel.

Gaeta fand das nicht zum Lachen. »Diese Nanomaschinen… ist das die Art, die auch als Gobblers bezeichnet wird?«

»Ja, manche Leute bezeichnen sie so«, erwiderte Cardenas steif.

»Dann können sie einen auch töten, nicht wahr?«

Holly verlagerte ihre Aufmerksamkeit von Gaetas dunklem, skeptischem Gesicht zu Cardenas, die plötzlich zugeknöpft wirkte.

Für eine Weile sagte Cardenas nichts. »Ja, man vermag Gobblers darauf zu programmieren, Eiweiß zu zersetzen. Oder jede beliebige organische Substanz aus Kohlenstoff-Ketten.«

»Dann ist das also ziemlich riskant, nicht wahr?«, fragte er.

Holly sah, dass Cardenas sich beherrschen musste, um nicht die Contenance zu verlieren. »Wenn Sie erst einmal im Anzug stecken, kann er von außen mit Nanomaschinen besprüht werden. Wir vermögen zu berechnen, wie lang es dauert, alle organischen Substanzen auf dem Anzug zu zerstören. Und dann bestrahlen wir den Anzug fürs Doppelte oder Dreifache dieser Zeit mit weichem UV-Licht. Dadurch werden die Nanomaschinen deaktiviert.«

»Deaktiviert?«, fragte Gaeta. »Sie meinen wohl getötet?«

»Das sind Maschinen, Manny«, sagte sie. »Sie sind nicht lebendig und können deshalb auch nicht getötet werden.«

»Aber werden sie nicht später zurückkommen und sich wieder an organischen Stoffen gütlich tun?«

»Nein, wir werden sie alle abwaschen. Und wenn sie erst einmal deaktiviert sind, erwachen sie auch nicht mehr zum Leben. Es ist so, als ob man einen Motor oder ein Spielzeug auseinander nehmen würde. Die Einzelteile setzen sich nicht von selbst wieder zusammen.«

Gaeta nickte. Aber Holly hatte nicht den Eindruck, dass er wirklich überzeugt war.

Am Morgen danach

»Was sagst du denn zu seiner Rede von gestern Abend?«

Ilja Timoschenko schaute von seiner Konsole in der Navigations- und Kontrollkapsel der Goddard auf. Im Moment gab es wenig Arbeit für sie; das Habitat flog auf einem Kurs durchs Sonnensystem, den selbst Isaac Newton mit hinreichender Genauigkeit zu berechnen vermocht hätte. Die Fusionstriebwerke schnurrten wie Nähmaschinen — kleine, von Menschenhand geschaffene Sonnen, die Wasserstoffionen in Helium verwandelten und mit der so erzeugten Energie das Habitat antrieben. Timoschenko, der wie immer von der öden Routine seiner Schicht gelangweilt war, hatte in einem Tagtraum von den Möglichkeiten eines Fusionsantriebs geschwärmt, der Helium in Kohlenstoff und Sauerstoff umwandelte. Das tun nämlich die Sterne, wenn ihnen der Wasserstoff ausgeht; sie verbrennen dann das gesammelte Helium. Der durch die Heliumfusion entstehende Kohlenstoff und Sauerstoff wären ebenfalls wertvolle Ressourcen, wurde er sich bewusst.

Aber Farabi, der Navigator mit dieser Piepsstimme, will mir unbedingt ein Gespräch über Politik aufzwingen, sagte Timoschenko sich verdrießlich.

»Welche Rede?«, murmelte er. Die beiden Männer waren allein auf der Brücke. Captain Nicholson hatte befohlen, dass immer jeweils zwei Leute im Kontroll-Zentrum sein sollten — ungeachtet der Tatsache, dass eigentlich der Computer den ganzen Laden in Schwung hielt. Wir Menschen sind hier überflüssig, sagte Timoschenko sich oft. Aber der Captain bestand darauf, und die drei Untergebenen gehorchten.

»Eberlys Ansprache«, sagte Farabi. »Gestern Abend in der Cafeteria. Ich glaubte, dich dort gesehen zu haben.«

»Ich war nicht da«, sagte Timoschenko. »Du musst mich mit jemandem verwechselt haben.«

»Du warst es aber. Ich habe dich doch gesehen.«

Timoschenko schaute den Mann grimmig an. Farabi gab sich als Araber aus, als jemand aus dieser Wüstenei, die die Welt einstmals mit Öl versorgt hatte. Er war klein und drahtig, hatte haselnussbraune Haut und eine formidable Hakennase. Timoschenko mutete er eher wie einer der Juden aus den Ruinen Israels an, die sich vor den echten Arabern versteckten. Timoschenko selbst war ein waschechter Russe — kaum größer als Farabi, aber mit einem stämmigen, muskulösen Körper und einem Schopf aus widerspenstigem kastanienfarbenem Haar.

Es war die Politik, die ihn ins Exil ins neuerdings unabhängige Sibirien verschlagen hatte. Seine Ingenieurskarriere, die bevorstehende Hochzeit, die Sippe, in der sich sogar noch Helden der Sowjetunion fanden — alles passe, weil er nicht den Mund zu halten vermochte, wenn er einmal mit dem Trinken angefangen hatte. Also hatten sie ihm eine Frau untergejubelt, die ihn anschließend der Vergewaltigung bezichtigte, und so war er nun zum Saturn unterwegs — dank der Regierung und dieser Bande von bigotten Halleluja-Sängern, aus denen die Regierung bestand.

»Ich war nicht da«, dementierte er, obwohl es eine Lüge war. »Ich interessiere mich überhaupt nicht für Politik.«

Farabi schaute ihn ungläubig an. »Wie du meinst«, sagte er leise.

Timoschenko richtete die Aufmerksamkeit auf die leuchtenden Symbole, die über seine Konsole verteilt waren. Wieso können Menschen sich nicht so vorhersehbar verhalten wie Maschinen?, fragte er sich. Wieso machen die Leute nicht einfach ihre Arbeit und lassen mich in Ruhe?

»Ich glaube schon«, sagte Farabi, der an der nächsten Konsole saß, »dass Eberly ein paar interessante Fragen gestellt hat. Wir sollten an der Verwaltung des Habitats beteiligt werden. Es ist schließlich unsere Heimat, nicht wahr?«

Timoschenko wischte sich den Schweiß von der Stirn und unterdrückte die Antwort, die ihm auf der Zunge lag. Das ist keine Heimat, wollte er sagen, sondern ein Gefängnis. Egal, wie bequem es ist, es ist ein Gefängnis, und ich werde für den Rest meines Lebens darin eingesperrt sein, während du die Freiheit hast, zur Erde zurückzukehren, nachdem wir den Saturn erreicht haben.

»Ich interessiere mich nicht für Politik«, sagte er stattdessen nur.