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»Unter der Voraussetzung, dass Eberly uns wieder freilässt«, sagte Gaeta, nachdem die Gesprächslampe des Telefons erloschen war.

»Er kann uns nicht ewig hier gefangen halten«, erwiderte Cardenas gepresst.

»Im Moment sitzen wir auf jeden Fall hinter Schloss und Riegel.«

»Was können wir tun?«, fragte sie sich laut.

Gaeta griff nach ihr. »Du kennst doch den berühmten Ausspruch.«

Sie ließ sich von ihm in den Arm nehmen. »Nein, wie lautet er denn?«

Er grinste. »Wenn man dir eine Zitrone gibt, presse sie aus.«

Sie dachte an die Wanzen, die Eberlys Leute im Apartment platziert haben mussten. »Sie lassen uns wahrscheinlich mit Kameras überwachen.«

Er grinste schelmisch. »Dann wollen wir ihnen doch etwas bieten.«

Cardenas schüttelte den Kopf. »O nein. Wir können aber unter der Decke bleiben. Ich glaube nicht, dass sie hier auch Wärmesensoren installiert haben.«

Holly gelangte ins Verwaltungsgebäude und huschte durch die leeren Korridore in ihr Büro. Weil es dort kein Fenster gab, ging sie in Morgenthaus Büro und schaute auf die Straße hinaus. Leer. Die Leute sind entweder auf der Veranstaltung oder verfolgen sie von zu Hause aus, sagte sie sich. Hoffte sie jedenfalls.

Aber da sind immer noch die Sicherheits-Affen, die die Überwachungskameras im Blick haben. Und noch schlimmer, sie wusste, dass Computer darauf programmiert waren, alle besonderen Vorkommnisse zu melden, die die Kameras erfassten. Ich wette, dass mein Steckbrief auf der Liste dieser besonderen Vorkommnisse steht. Menschen können abgelenkt oder sogar bestochen werden; die verdammten Computer aber sind unbestechlich.

Ich muss ein Ablenkungsmanöver starten. Die Computer werde ich damit nicht täuschen, aber die Sicherheitsleute beschäftigen.

Ein Ablenkungsmanöver.

Holly schloss die Augen und rief sich die Schaltungen des Sicherheitssystems des Habitats in Erinnerung, die sie abgespeichert hatte. Für ein paar Minuten saß sie an Morgenthaus Schreibtisch und hatte das Gesicht zu einer konzentrierten Grimasse verzerrt. Schließlich lächelte sie. Sie aktivierte Morgenthaus Computer, gab den Zugangs-Code für das Brandschutzsystem ein und wies den Computer an, ein Ablenkungsmanöver für sie zu inszenieren.

Tavalera schlurfte müde durch den Tunnel zurück, durch den er gekommen war. Zumindest war er sich ziemlich sicher, dass es derselbe Tunnel war. In der Nähe des Habitat-Endes, wo mehrere Tunnels zusammenliefen, hatte er nämlich ein paar Kurven beschrieben.

Nach wie vor keine Spur von Holly. Vielleicht haben die Affen von der Sicherheit sie erwischt. Er spürte Ärger in sich aufwallen. Zorn, Frustration und Furcht wüteten in ihm. Verstärkt durch den dumpfen Schmerz in der Seite, wo sie ihn mit den Knüppeln geschlagen hatten.

Die Bastarde, sagte er sich. Holly hat doch niemandem etwas getan. Wieso sind sie überhaupt hinter ihr her? Wo könnte sie sein? Ist sie in Sicherheit? Haben sie sie schon erwischt? Wo steckt sie nur?

Er blieb stehen und schaute sich im schwach beleuchteten Tunnel um. Rohrleitungen und Kabelstränge verliefen an der Decke und an beiden Wänden.

»Mein Gott«, murmelte er. »Wo, zum Teufel, bin ich hier?«

Die Beobachtung der Überwachungskameras war eine leichte Übung. Gee Archer saß mit dem Rücken zur Doppelreihe der Überwachungsmonitore, während er mit einem Stift an die Zähne klopfte und seinen nächsten Zug plante.

»Schläfst du?«, fragte Yoko Chiyoda mit einem kessen Grinsen.

»Ich überlege«, sagte Archer.

»Da scheint es kaum einen Unterschied zu geben.«

Sie war eine große Frau mit einem massigen Körper und dicken Gliedmaßen, die durch jahrelanges Kampfsport- Training ziemlich muskulös waren. Archer war schlank, fast zerbrechlich und hatte zurückgekämmtes blondes Haar und sanfte rehbraune Augen. Der Bildschirm zwischen ihnen zeigte die Schlachtformationen der russischen und japanischen Flotte in der Straße von Tsuschima im Mai 1905. Nur um Archer zu ärgern, hatte sie die russische Seite gewählt und brachte ihm trotzdem eine vernichtende Niederlage nach der andern bei.

»Gib mir noch eine Minute«, nuschelte Archer.

»Aber du hast doch schon…«

Mehrere Dinge ereigneten sich gleichzeitig. Die Sprinkleranlage der Decke besprühte sie mit Wasser. Die Interkom-Lautsprecher plärrten: › Feuer. Das Gebäude sofort evakuieren‹. Archer sprang auf, wobei er sich schmerzhaft den Kopf am Tisch stieß. Chiyoda stand auch auf und spie das eiskalte Wasser aus, das auf ihr Gesicht herabregnete. Sie packte Archer an der Hand und zerrte ihn humpelnd zur Tür.

Einer der nun unbeobachteten Uberwachungsmonitore zeigte eine einsame Frau, die schnell die leere Straße in Athen entlangging, die vom Verwaltungsgebäude zum Komplex der Apartmentgebäude weiter oben auf dem Hügel führte. ›Es besteht eine dreiundneunzigprozentige Übereinstimmung zwischen der Person im Erfassungsbereich der Kamera und der flüchtigen Holly Lane‹, sagte die synthetische Stimme des Sicherheits-Computers. ›Sofort die Sicherheitszentrale benachrichtigen, um die entsprechenden Maßnahmen zur Ergreifung der flüchtigen Holly Lane zu treffen. Sie wird gesucht wegen…‹

Doch weder Archer noch Chiyoda hörten den Sicherheits- Computer. Sie waren schon fast aus dem Gebäude. Klitschnass rannten sie blindlings weiter, um dem Feuer zu entkommen, das einzig und allein in den Schaltkreisen des Sicherheits- Computers brannte.

Computer sind ja so schlau, sagte Holly sich und zugleich so doof. Ein Mensch hätte erst einmal nachgeschaut, ob es wirklich im Gebäude brannte. Einen Computer muss man nur entsprechend instruieren, und schon gibt er Feueralarm, auch wenn's gar nicht brennt. Grinsend eilte sie die Treppe zum Apartmentgebäude hinauf und gab den Sicherheitscode ein. Die Tür öffnete sich seufzend, und sie trat ein. Nun befand sie sich außerhalb des Erfassungsbereichs der Überwachungskameras und stieg die Treppe hinauf in den zweiten Stock, wo Wilmots Apartment war.

Und lief den beiden Sicherheitsbeamten in die Arme, die vor Wilmots Tür auf dem Flur standen.

»Es darf niemand zu Professor Wilmot«, sagte der erste.

»Aber ich…«

»He!«, rief die zweite Wache. Erkenntnis dämmerte in ihrem Gesicht. »Sie sind doch Holly Lane, nicht wahr?«

Holly wandte sich zur Flucht, aber die Wache packte sie am Arm. Sie wollte ihr einen Schlag versetzen, doch dann fiel die zweite Wache ihr in den Arm, während sie noch ausholte.

»Geben Sie auf. Wir wollen Ihnen nicht wehtun.«

Holly sah ein, dass es keinen Sinn hatte. Sie entspannte sich und schaute sie finster an.

Die erste Wache schlug so fest gegen Wilmots Tür, dass sie im Rahmen klapperte, während die zweite Wache aufgeregt in ihren Palmtop sprach:

»Wir haben sie! Holly Lane. Die Flüchtige. Sie ist hier vor Wilmots Quartier.«

»Ausgezeichnet«, ertönte eine blecherne Stimme. »Halten Sie sie dort fest, bis wir eintreffen.«

Wilmot öffnete die Tür. Er trug einen flauschigen blauen Morgenmantel, den er fest um die Hüfte verknotet hatte. Seine Augen weiteten sich vor Erstaunen, als er Holly im Griff der Wache sah.

»Sie haben Besuch, Professor«, sagte die Wache und stieß Holly am verblüfften alten Mann vorbei in sein Wohnzimmer. Dann schob sie die Tür wieder zu.

»Ich sollte mich wohl nicht über Ihr Erscheinen wundern«, sagte Wilmot. »Das einzig Erstaunliche ist, dass es Ihnen gelungen ist, sich den Sicherheitsleuten so lang zu entziehen.«