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»Ich sehe aber keinen Grund, weshalb…«

»Mein Entschluss steht fest«, sagte Eberly schroff. »Sie können Wachen um das Haus postieren. Sie wird nirgendwo hingehen.«

Sein Bild verschwand, und Kananga starrte zornig auf einen dunklen Bildschirm.

»Und was tun wir nun?«, fragte die Einsatzleiterin.

Kananga schaute sie finster an. »Sie bleiben hier. Und wenn sie das Gebäude zu verlassen versucht, nehmen Sie sie fest.«

»Und Sie, Sir?«

»Ich will versuchen, ein paar Stunden zu schlafen«, sagte er und entfernte sich in Richtung seines Quartiers.

Das Telefon weckte Kris Cardenas. Schlaftrunken setzte sie sich auf und rief: »Kein Bild.« Ihr Blick fiel auf Gaeta, der selig neben ihr schlummerte, und sie sagte sich, dass der Mann wahrscheinlich auch den Weltuntergang verschlafen würde.

Hollys Gesicht erschien am Fußende des Bettes. »Kris, sind Sie da?«

»Holly!« rief Cardenas. »Wo sind Sie?«

»Ich bin in Professor Wilmots Apartment über Ihnen. Können Sie sofort herkommen?«

Cardenas sah, dass es ein paar Minuten nach sieben war. »Da stehen zwei Sicherheitsleute vor meiner Tür, Holly. Sie werden nicht…«

»Das ist schon in Ordnung. Sie werden Sie durchlassen. Professor Wilmot hat schon mit ihnen gesprochen.«

Oswaldo Yaňez wachte in bester Laune auf. Er hörte seine Frau in der Küche das Frühstück zubereiten. Er duschte, putzte die Zähne und zog sich mit einem fröhlichen Pfeifen an.

Das Frühstück erwartete ihn schon auf dem Küchentisch; es dampfte und sah überhaupt recht lecker aus. Er küsste seine Frau flüchtig auf die Stirn und sagte: »Vor dem Essen muss ich noch eine staatsbürgerliche Pflicht erfüllen.«

Er setzte sich Estela gegenüber an den Tisch und aktivierte den Computer per Sprachbefehl.

»Wen wirst du denn wählen?«, fragte sie.

»Die geheime Wahl ist mir heilig, mein Schatz«, erwiderte er grinsend.

»Ich habe Eberly gewählt. Er scheint mir kompetenter als die anderen zu sein.«

Yanez klappte die Kinnlade herunter. »Du hast schon gewählt?«

»Natürlich, gleich, nachdem ich aufgewacht bin.«

Yanez' gute Laune wurde förmlich aus ihm herausgesogen. Er hatte als Erster seine Stimme abgeben wollen. Es war unfair von seiner Frau, ihm zuvorzukommen.

Dann seufzte er entsagungsvoll. Wenigstens hat sie für den richtigen Kandidaten gestimmt.

»Sind Sie in Ordnung?«, fragte Cardenas, nachdem sie Wilmots Apartment betreten hatte. Gaeta folgte ihr auf dem Fuß; er schaut etwas verwirrt.

»Mir geht es gut«, sagte Holly. »Sie kennen alle hier Anwesenden, oder?«, wandte sie sich an Eberly und Wilmot.

»Natürlich.«

Gaeta musterte Eberly mit einem kämpferischen Blick. »Was hat das zu bedeuten, dass Sie uns in diesem Apartment versammeln? Was ist eigentlich los?«

»Wir versuchen, Miss Lane den Hals zu retten«, sagte Eberly.

»Ja«, bestätigte Wilmot. »Wir wollen Gewaltanwendung vermeiden, doch dazu müssen ganz bestimmte Maßnahmen getroffen werden.«

Holly sagte ihnen, was sie geplant hatte und was sie von ihnen erwartete.

Cardenas blinzelte, nachdem sie erst einmal begriffen hatte, worum es ging. »Posse comitatus?«, fragte sie ungläubig. »Ein Aufgebot?«

Gaeta stieß ein nervöses Lachen aus. »Heilige Mutter Gottes, meinst du vielleicht ein Aufgebot wie in den alten Western?«

»Das wird nicht funktionieren«, sagte Cardenas. »Diese Leute sind zu individualistisch, als dass sie ein Aufgebot stellen würden, nur weil Sie es verlangen. Sie werden wissen wollen, aus welchem Grund und wie die Aktion ablaufen soll. Befehle werden sie von Ihnen jedenfalls nicht entgegennehmen.«

»Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht«, sagte Wilmot.

Eberly lächelte jedoch. »Sie werden es tun. Ich muss nur ein wenig Überzeugungsarbeit leisten.«

Nach ein paar Stunden Schlaf stürmte Kananga in Eberlys Apartment. »Was machen Sie denn für Sachen? Wir waren uns doch einig, dass diese Lane in meinen Gewahrsam überstellt wird.«

Eberly saß mit verquollenen Augen am Schreibtisch und registrierte die ersten Wahlergebnisse. »Ich habe die Nacht durchgemacht und mich mit Ihrem Problem befasst«, sagte er.

»Mit meinem Problem? Mann, das ist auch Ihr Problem. Ich will, dass sie mir sofort überstellt wird.«

»Das wird sie schon«, sagte Eberly ungerührt. »Regen Sie sich nicht auf.«

»Wo ist sie überhaupt? Wieso ist sie nicht in meinen Händen?«

»Sie ist in Wilmots Apartment«, sagte Eberly und versuchte die Spannung zu kontrollieren, die sich in ihm aufbaute. »Sie wird nirgendwo hingehen.«

»Was geht hier eigentlich vor? Was spielen Sie für ein Spiel?« Kananga dräute über Eberly wie eine dunkle Gewitterwolke.

»Warten Sie, bis alle Wahlergebnisse vorliegen«, sagte Eberly und wies mit dem Finger auf die schnell sich ändernden Zahlen. »Wenn ich erst einmal der offizielle Leiter dieses Habitats bin, werde ich mit echter Macht ausgestattet sein.«

Kananga musterte ihn argwöhnisch.

In der Hoffnung, dass er den Ruander wenigstens halbwegs überzeugen konnte, erhob Eberly sich vom Schreibtischstuhl. »Wenn Sie mich nun entschuldigen wollen, ich brauche etwas Schlaf.«

»Jetzt? Obwohl die Wahl noch andauert?«

»Ich vermag nichts mehr zu tun, um die Wahlen noch zu beeinflussen. Es liegt nun alles im Schoß der Götter.«

Trotz seiner Verärgerung lächelte Kananga. »Passen Sie nur auf, dass Morgenthau Ihre heidnischen Sprüche nicht zu Ohren kommen.«

Eberly erwiderte das Lächeln gezwungen. »Ich muss etwas schlafen. Es würde nämlich einen sehr schlechten Eindruck machen, wenn der neu gewählte Leiter dieses Habitats sein Amt unausgeschlafen und mit verquollenen Augen antritt.«

19 Stunden bis zur Ankunft

Edouard Urbain verfolgte die letzten Minuten der Wahl in der Abgeschiedenheit seines Privatquartiers mit einer eigentümlichen Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung. Eberly hatte klar gewonnen, das stand am frühen Nachmittag schon fest. Urbain wartete jedoch bis zur Beendigung der Wahl um 17:00 Uhr, bevor er schließlich die Tatsache akzeptierte, dass er nicht der Leiter des Habitats sein würde.

Er lächelte beinahe. Nun kann ich mich endlich wieder meiner Arbeit widmen, sagte er sich, und werde nicht mehr von diesem politischen Affentheater abgelenkt.

Dennoch war er den Tränen nahe. Eine neuerliche Zurücksetzung. Mein Leben lang bin ich vom Spitzenplatz fern gehalten worden. Mein Leben lang hat man mir gesagt, dass ich nicht gut genug für die Nummer eins sei. Sogar Jeanne-Marie hat sich am Ende gegen mich gewandt.

Aber das ist noch nicht alles, wurde er sich bewusst. Nun muss ich mich mit diesem verrückten Stuntman und dem Ansinnen auseinander setzen, auf der Titanoberfläche zu landen. Eberly wird die Forderung natürlich unterstützen. Ich werde die IAA bitten müssen, Eberly mitzuteilen, dass sie es nicht erlauben wird. Damit werde ich mich vor der ganzen Welt bloßstellen — ich bin nicht mal Manns genug, einen simpel gestrickten Abenteurer daran zu hindern, eine jungfräuliche neue Welt zu verseuchen.

Mit Tränen in den Augen wies er das Telefon an, eine Verbindung zu Eberly herzustellen. Ich muss ihm gratulieren und meine Niederlage eingestehen, sagte er sich. Eine erneute Niederlage. Und es wird wohl auch nicht die letzte gewesen sein.

Ilja Timoschenko hingegen hatte kein Problem damit, dem Sieger zu gratulieren. Er saß in einem Schwarm seiner Anhänger — hauptsächlich Ingenieure und Techniker — an der Bar im Bistro und rief Eberly über den Palmtop an.

»Ich freue mich über Ihren Sieg«, sagte er zu Eberlys lächelndem Bild. »Nun lassen Sie uns diesen Blecheimer in einen Orbit um den Saturn schaffen.«