Satyros.
Wie sich Haß und Lieb gebar
Und das All nun ein Ganzes war,
Und das Ganze klang
In lebend wirkendem Ebengesang,
Sich täte Kraft in Kraft verzehren,
Sich täte Kraft in Kraft vermehren,
Und auf und ab sich rollend ging
Das all und ein und ewig Ding,
Immer verändert, immer beständig!
Das Volk.
Es ist ein Gott!
Hermes.
Wie wird die Seele lebendig
Vom Feuer seiner Rede!
Das Volk.
Gott! Gott!
Psyche.
Heiliger Prophete!
Gottheit! an deinen Worten, an deinen Blicken
Ich sterbe für Entzücken!
Das Volk.
Sinkt nieder!
Betet an!
Einer.
Sei uns gnädig!
Ein Andrer.
Wundertätig
Und herrlich!
Das Volk.
Nimm dies Opfer an!
Einer.
Die Finsternis ist vergangen.
Das Volk.
Nimm dies Opfer an!
Einer.
Der Tag bricht herein.
Das Volk.
Wir sind dein!
Gott, dein! ganz dein!
Der Einsiedler kommt durch den Wald gerade auf den Satyros zu.
Einsiedler.
Ah, saubrer Gast! find ich dich hier,
Du ungezogen schändlich Tier!
Satyros.
Mit wem sprichst du?
Einsiedler.
Mit dir!
Wer hat bestohlen mich undankbar?
Meines Gottes Bild geraubet gar?
Du hinkender Teufel!
Das Volk.
Höllenspott!
Er lästert unsern herrlichen Gott!
Einsiedler.
Du wirst von keiner Schande rot.
Das Volk.
Der Lästrer hat verdient den Tod.
Steinigt ihn!
Satyros.
Haltet ein!
Ich will nicht dabei zu gegen sein.
Das Volk.
Sein unrein Blut, du himmlisch Licht,
Fließ fern von deinem Angesicht!
Satyros.
Ich gehe!
Das Volk.
Doch verlaß uns nicht!
Satyros ab.
Einsiedler.
Seid ihr toll?
Hermes.
Unseliger, kein Wort!
Bringt ihn an einen sichern Ort!
Geht, verschließt ihn in meine Wohnung.
Sie führen den Einsiedler ab.
Das Volk.
Sterben soll er!
Hermes.
Er verdient keine Schonung.
Und zu versühnen den himmlischen Geist,
Der uns sich so gnädig und liebreich erweist,
Wollen wir ihm unsern Tempel weihn
Und mit dem blutigen Opfer erfreun.
Das Volk.
Wohl! Wohl!
Hermes.
Zur Gottheit Füßen
Den Frevel zu büßen.
Das Volk.
Das Verbrechen
Zu rächen,
Zu tilgen den Spott.
Alle.
Zernichtet die Lästrer,
Verherrlichet Gott!
Ende des vierten Akts.
Fünfter Akt
Wohnung des Hermes
Eudora, Hermes' Frau. Der Einsiedler.
Eudora.
Nimm, guter Mann, dies Brot und Milch von mir,
Es ist das Letzte.
Einsiedler.
Weib! ich danke dir.
Und weine nicht, laß mich in Ruhe scheiden;
Dies Herz ist wohlgewöhnt zu leiden,
Allein zu leiden männiglich.
Dein Mitleid überwältigt mich.
Eudora.
Ich bin betrübt, wie Blutdurst meinen Mann,
Das ganze Volk der Schwindel fassen kann!
Einsiedler.
Sie glauben. — Laß sie! Du wirst nichts gewinnen.
Das Schicksal spielt
Mit unserm armen Kopf und Sinnen.
Eudora.
Dich um des Tiers willen töten!
Einsiedler.
Tiers! Wer sein Herz bedürftig fühlt,
Find't überall einen Propheten.
Ich bin der erste Märtyrer nicht,
Aber gewiß der harmlosen einer;
Um keiner Meinungen, keiner
Willkürlichen Grillen,
Um eines armen Lappens willen,
Eines Lappens, bei Gott! den ich brauchte.
Mein Andachtsbild, den Schutzgott meiner Ruh,
Raubt mir das Ungeheuer dazu.
Eudora.
O Freund! ich kenn sein Götterblut wie du.
Mein Mann ward Knecht in seiner eignen Wohnung,
Und Ihre borstge Majestät sah zur Belohnung
Mich Hausfrau für einen arkadischen Schwan,
Mein Ehbett für einen Rasen an,
Sich drauf zu tummeln.
Einsiedler.
Ich erkenn ihn dran.
Eudora.
Ich schickt ihn mit Verachtung weg. Er hing
Sich fester an Psyche, das arme Ding,
Um mich zu trotzen! Und seit der Zeit
Sterb ich oder seh dich befreit.
Einsiedler.
Sie bereiten das Opfer heut.
Eudora.
Die Gefahr lehrt uns bereit sein.
Ich geb nichts verloren;
Mit einem Blicke lenk ich ein