Выбрать главу

"Ah, ich errathe! Sie wollen mir entkommen, ohne Auskunft geben zu müssen, dies aber wird Ihnen nicht gelingen. Auch einmal abgesehen davon, daß Ihre Betheiligung an den Intriguen dieser Menschen nicht mit der Würde Ihres Amtes zu vereinbaren ist, selbst wenn sie in der wohlgemeinten Absicht geschah von welcher Sie reden, habe ich die feste Überzeugung, daß Sie länger als einen Monat Mitglied sind und zu den Wissenden gehören. Nur einem solchen wird Zutritt zu Verhandlungen gewährt, wie sie heut da oben im Brunnen geführt worden sind. Bedenken Sie: noch weiß kein Mensch etwas von Ihrer jetzigen Lage, und nur ein offenes Geständniß kann Sie retten."

"Ich vermag es mit tausend Eiden zu beschwören, daß ich die Wahrheit gesagt habe. Ich kann nichts verrathen oder mittheilen, weil ich noch nichts weiß."

"Lüge!" meinte Max. "Sie genießen das vollständige Vertrauen dieses Pater Valerius. Ich kenne seine eiserne Disziplin, welche selbst vor Mordthaten nicht zurückschreckt. Er hat jedes Mitglied unter der strengsten geheimen Kontrole, und wären Sie seiner Sache nicht aufrichtig ergeben, so lägen Sie wohl längst da oben in der Schlucht, welche seine Richtstätte bildet. Majestät, wir haben nicht länger Zeit hier nutzlos zu verhandeln. Was befehlen Sie über den Gefangenen?" Der König wandte sich an Wallroth:

"Übernehmen Sie ihn, Her Major. Diese drei wackern Männer werden Sie unterstützen und dafür sorgen, daß er nicht entkommt. Sie führen ihn nach seiner Wohnung, aber in einer B Weise, welche nicht auffällt. Seine Verbündeten dürfen nicht ahnen, was mit ihm vorgegangen ist. Dort bewachen Sie ihn, bis ich weitere Verfügungen treffe. Er gilt als krank und darf das Lager nicht verlassen. Sie haben ihn unterwegs getroffen und nach Hause begleitet und werden dafür sorgen, daß er mit Niemand hinter Ihrem Rücken zu verhandeln vermag und daß alle seine Papiere bis auf weiteres unangetastet bleiben." "Zu Befehl, Majestät! Vorwärts, mein Herr! Sie haben Alles vernommen. Widerstreben Sie diesen Verfügungen nur im Geringsten, so werde ich Sie tödten!"

Er schob seine Hand unter den Arm des Gefesselten und schritt mit ihm in einer Haltung davon, welche Beide als Spaziergänger erscheinen ließ. Die drei Gesellen folgten. "Ein wunderschönes Apenteuer, nicht wahr, Paldrian?" flüsterte Thomas. "Das ist am Den!" antwortete dieser leise zurück.

"Der Oberhofprediger!" meinte Heinrich. "Und gefangen! Was muß nur da oben vorgegangen sein? Es ist eigentlich niederträchtig, daß wir in dem Loche stecken mußten und gar nichts gesehen haben."

A "Halte den Schnapel, Artillerie! Daß wir in dem Loche staken, war Subordnung, verstanden! Und was da open passirt ist, das prauchen wir nicht zu wissen, sonst hätte der Herr Doktor dafür gesorgt, daß wir es auch mit peopachten konnten. Und jetzt hapen wir weiter nichts zu thun als aufzupassen, daß dieser Schlingel dem Herrn Major nicht durchprennt. Aper sopald wir in die Stadt kommen, nehmen wir etwas weitere Distanz, denn wer uns pegegnet, praucht nicht zu wissen, daß dieser hochwürdige Malefizius unser Gefangener ist."

Unterdessen schritt der König mit Max nach dem Flusse zu. Beide sprachen kein Wort. Der Umstand, den Hofprediger unter den Verschwörern zu finden, gab ihnen mehr zu empfinden als zu sprechen. Am Ufer lagen mehrere Boote frei. Sie lösten eines derselben und stiegen ein. Max ruderte, und der König führte das Steuer, indem er auf das gegenüberliegende Ufer zu hielt. Dort angekommen, stiegen sie aus und schritten nach dem Garten des Herzogs. Sie kamen am hintern Theil desselben leicht über die Mauer und schlichen sich vorwärts nach der Stelle, an welcher Max den Vater vermuthete.

Als sie sich der Treppe näherten raschelte es leise hinter den Orangeriebäumen, welche zu beiden Seiten auf den Stufen standen.

"Vater!"

"Max!"

Der Schmied trat hervor. Er erkannte den König und grüßte ihn ehrerbietig.

"Ist Jemand passirt, Vater?"

"Nein."

"Auch Niemand im Garten gewesen?"

"Nein; aber vor einiger Zeit ging ein Mann vorüber, der aus einem Boot stieg und in den Palast getreten zu sein scheint." "Welche Gestalt hatte er?" "Er war klein."

"Es ist Penentrier. Majestät, wir müssen uns sputen!"

"Also vorwärts! Brandauer, Du bleibst hier. Sind wir in einer Stunde noch nicht zurück, oder haben wir bis dahin nichts von uns hören lassen, so eilst Du nach der Wache und bringst dem Offizier meinen Befehl, ohne Verzug und womöglich ohne Aufsehen den herzoglichen Palast zu nehmen. Hier ist mein Ring zu Deiner B Legitimation. Durch diesen Gang hier sind wir jedenfalls am sichersten zu finden, wenn uns etwas geschehen sollte."

Max hatte bereits das Fenster ausgehoben und stieg ein; der König folgte ihm. Nachdem das Fenster wieder eingesetzt worden war, nahm der erstere den letzteren bei der Hand und führte ihn behutsam vorwärts. Sie erreichten die verborgene Thür. Max lauschte eine Weile, und als er sich überzeugt hatte, daß hinter derselben nicht gesprochen wurde, öffnete er sie vorsichtig. Das Bibliothekzimmer war dunkel, doch drang durch die Fenster ein Schein, welcher genügend war, die größeren Gegenstände zu erkennen. Aus dem Arbeitszimmer klangen zwei Stimmen herüber.

"Er ist noch da," flüsterte Max. "Sollte einer von ihnen hier eintreten, so ist unser Versteck dort unter der Tafel, deren Decke uns verbirgt."

Sie schlichen bis an die Portiere und zogen sie ganz behutsam ein wenig auseinander. Der

Herzog saß auf dem Sopha und Penentrier ihm gegenüber auf einem Stuhle. Die beiden

Lauscher vermochten jedes ihrer Worte zu hören.

"Abb,, Sie sind wahrhaftig allwissend!" meinte eben der Herzog.

Das Gesicht des Rentier legte sich in eine höchst selbstgefällige Miene.

"Nicht ganz, denn allwissend ist nur Gott, Excellenz; aber was mir nothwendig ist zu erfahren, das pflegt mir niemals unbekannt zu bleiben. Doch ich bin mit meinen Mittheilungen noch nicht zu Ende. Sie haben Briefe von Ihren beiden süderländischen Agenten bekommen?"

"Sie meinen den früheren Direktor und Oberarzt unserer Irrenanstalt?" "Ja."

"Sie haben mir bereits öfters geschrieben."

"Vortheilhaft?"

"Sehr."

"Sie wissen, wo sich die Beiden befinden?" "Natürlich, in der Hauptstadt."

"Oder nicht, Durchlaucht. Die Briefe, welche Sie erhielten, sind unächt, und alle Ihre

Zuschriften sind in falsche Hände gekommen."

"Nicht möglich!" rief der Herzog aufspringend. "Wie so?"

A "Die beiden Ärzte sind gar nicht nach Süderland gekommen. Man hat sie unterwegs aufgegriffen und hält sie irgendwo gefangen. Jedenfalls hat man sich auch ihrer Papiere bemächtigt."

"Bei allen Teufeln, das wäre ja verdammt!"

"Es ist so. Man hat die Klugheit gehabt, auf unsere Taktik einzugehen, und zwei Beamte nach Süderland geschickt, welche dort für die beiden Ärzte gelten und mit Ihnen in der Weise in Verbindung stehen, daß sie von allen hin oder hergehenden Schriftstücken eine Abschrift nehmen und sie dem Könige einschicken." "Können Sie dies beweisen?"

"Ja. Hier ist der darauf bezügliche Brief meines Agenten. Er muß aus irgend einem Umstande Verdacht gezogen und die Beiden dann genau beobachtet haben. Er ist ein guter Zeichner und legt ihre Bilder bei."

Der Herzog nahm den Brief und las ihn. Sein Gesicht wurde blaß.

"Ich muß es glauben!" knirschte er dann. "Wissen Sie, wo man die beiden Ärzte untergebracht hat?"

"Nein. Ich habe keine Nachforschungen anstellen können, weil ich diesen Brief erst heut erhielt."

"Hier vermag der Fuhrmann Auskunft zu ertheilen."

"Beyer? Bei ihm bin ich allerdings bereits gewesen. Er behauptet, sie richtig über die Grenze gebracht zu haben."

"Werde ihn strenger in das Verhör nehmen! Es ist allerdings ein Glück, daß ich nur Nebensächliches durch die Hände der falschen Agenten gehen ließ, und daß alles mit unserer Chifferschrift geschrieben war, zu welcher der Schlüssel unmöglich zu finden ist." "So haben unsere schlauen Gegner also höchstens in Erfahrung gebracht, daß Sie in geheimen Verhandlungen mit dem süderländischen Hofe stehen. Wie weit sind Sie mit der Prinzessin Asta?"