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"Ich gebe mein Ehrenwort, daß nichts zu finden ist, was Veranlassung geben könnte, mich unter eine Anklage zu stellen!"

"Sie gaben bereits vorhin einmal Ihr Ehrenwort und ich war überzeugt, daß Sie die Unwahrheit sprachen."

"Wie? Majestät nennen mich einen Lügner? Es ist zu bedenken, daß ich mich im Hause Raumburg und inmitten einer Dienerschaft befinde, deren Treue mir die Mittel bietet, jeder Gewalt kräftig entgegen zu treten!"

"Sie wagen es, Ihrem Könige zu drohen? Pah! Ich bin nicht so isolirt, wie Sie meinen dürften. Versuchen Sie den geringsten Widerstand, so sind Sie unrettbar und für immer verloren. Ich kenne allerdings die Gewaltthätigkeiten, welche von jeher im Hause Raumburg verübt worden sind, und habe meine Vorkehrungen so getroffen, daß wenigstens die Majestät hier sicher ist!"

Der Prinz wurde durch diese Worte sichtlich eingeschüchtert; er zögerte, sein Arbeitszimmer zu betreten.

"Wenn Vater sich in Prisson befindet, so muß ich fragen, welcher Ort sein unfreiwilliger Aufenthalt ist?"

"Es wird auf Ihr Verhalten ankommen, ob Ihnen darüber eine Mittheilung gemacht werden kann. Ich ersuche Sie zum letzten Male um Vorlegung Ihrer Korrespondenz. Oder wünschen Sie, daß ich Ihre Wohnung polizeilich durchsuchen lasse? Sie sehen, daß ich allerdings geneigt bin, Ihren Rang zu berücksichtigen, indem ich amtliche Hände von Ihnen fern zu halten suche." A "Ich füge mich!"

Sie traten in das Studierzimmer des Generals.

"Setzen Sie sich in diese Ecke, Prinz!" befahl der König. "Sie erheben sich nicht eher, als bis ich Ihnen die Erlaubniß dazu ertheile. Im Gegenfalle muß ich die in Bereitschaft stehende Hilfe rufen und kann dann keine Rücksicht mehr walten lassen."

Der Monarch begann die Untersuchung in der Erwartung, daß er nichts Bedeutendes finden werde, fühlte sich aber sehr bald enttäuscht, denn bereits nach kurzer Zeit kam ihm ein Päckchen Briefe und Aufzeichnungen in die Hand, aus denen die sehr eingehende Betheiligung des Prinzen leicht zu beweisen war.

"Wie steht es nun mit Ihrem Ehrenworte?" frug er. "Nur der jugendliche Leichtsinn und das Einwiegen in vollständige Sicherheit konnten diesen offenen Ort zum Aufbewahrungsorte so wichtiger Skripturen wählen. Ein Anderer hätte sie wenigstens in ein verborgenes Fach gelegt, ungefähr wie dieses, welches ich jetzt öffne."

In demselben fanden sich neue Belege; die vorigen waren jedenfalls vor kurzer Zeit gebraucht und nicht wieder zurückgelegt worden. Der Prinz mußte einsehen, daß ein Leugnen jetzt vollständig unmöglich war. Er schwieg, aber seine Hand lag am Degen, und sein Blick suchte die geladenen Reiterpistolen, welche nebst anderen Waffen an der Wand hingen. Der König bemerkte dies, schien es aber gar nicht zu beachten.

"Sie werden jetzt die Güte haben, mich in das Arbeitszimmer Ihres Vaters zu geleiten. Man muß sehen, ob dort vielleicht ein ähnlicher Fund zu machen ist!"

Die Augen des Prinzen leuchteten auf. Der Befehl des Königs mußte in ihm einen Gedanken erweckt haben, welcher vortheilhaft für ihn war. Er nahm eine kleinmüthige Miene an. "Majestät, kann ein offenes Geständniß jene Rücksicht erwecken, um welche ich vorhin bat?" "Allerdings. Doch muß ich bemerken, daß Sie nicht um dieselbe gebeten, sondern sie streng gefordert haben."

"So bemühen sich Ew. Hoheit mit mir nach den Räumen meines Vaters. Ich werde Ihnen Alles ausantworten, was auf diese unglückselige Angelegenheit Bezug hat." Der König hatte den Blick gesehen. Er trat zur Wand und nahm die beiden Pistolen herab. "Erlauben Sie vorher, diese Waffen zu mir zu stecken!"

"Sie stehen zur Verfügung," meinte der Prinz, und dieses Mal bemerkte der König das höhnische Lächeln nicht, welches über die Züge seines Gegners glitt.

Beide schritten den Korridor entlang nach den Appartements des Herzogs. Die ihnen begegnenden Diener verbeugten sich so tief, daß keiner von ihnen eine Spur des Vorgefallenen in ihren Gesichtern bemerken konnte. Im Arbeitszimmer seines Vaters angekommen, meinte der Prinz:

"Hier ist nichts zu finden, Majestät. Vater pflegt Alles in seinem geheimen Kabinete aufzubewahren."

"Wo befindet sich dasselbe?"

"Hinter der Bibliothek."

"So kommen Sie!"

In der Bibliothek angelangt, trat der Prinz an die Wand, nahm ein Buch von seinem Orte und drückte an einem dahinter befindlichen Knopfe. Ein leises Rollen ließ sich vernehmen.

"Was thun Sie?"

"Ich öffne die geheime Thür."

Er stellte das Buch wieder an seinen Platz und zog das Büchergestell da, wo sich die Thür befand, zur Seite. Die Treppenöffnung wurde sichtbar.

"Bitte, Majestät!"

"Nein, gehen Sie voran!"

"Ganz wie Ew. Hoheit befehlen!"

Er stieg langsam einige Stufen hinab, hart hinter sich den König. Da plötzlich wandte er sich zurück, faßte den letzteren, der sich einen solchen Angriff nicht vermuthet hatte, um die Arme, riß ihn an sich vorüber und schleuderte ihn die Treppe hinab. Er selbst war mit einigen Sprüngen wieder in der Bibliothek, zog in fieberhafter Eile ein zweites Buch hervor, drückte an einem ebenso dahinter befindlichen Knopf und lauschte. Ein ähnliches Rollen ließ sich vernehmen. Seine gespannten Züge legten sich in ein befriedigtes Lächeln. "Gefangen! Wie gut war es, daß Vater kürzlich die eisernen Fallschieber anbrachte. Ihre ungeheure Nützlichkeit bei einem Falle wie der gegenwärtige hat sich jetzt gezeigt. Selbst wer den verborgenen Gang kennt, ist rettungslos verloren, wenn er zwischen diese Schieber kommt."

Er schob die Thür wieder zu, verließ die Bibliothek und trat an den Schreibtisch seines Vaters. B "Fort mit den Papieren! Und dann muß ich zunächst sehen, welches der Sukkurs ist, von dem der König sprach."

Er öffnete ein Fach des Tisches und steckte einen Pakt Schriften zu sich. Dann trat er hinaus auf den Korridor und stieg eine Treppe empor, welche auf das platte, mit einer hohen Steinbalustrade eingefaßte Dach des Palastes führte. Ein Gang um dasselbe genügte, ihm zu zeigen, daß in der ganzen Gegend nicht eine einzige polizeiliche oder ähnliche Person postirt sei.

"Ah, bloße Einschüchterung! Schadet aber nichts; er ist ja gefangen. Aber das ist sicher, daß wir verrathen sind. Es ist kein Augenblick Zeit zu verlieren, und nicht einmal nach dem Aufenthaltsorte des Vaters darf ich forschen. Geld her; dann zur Prinzessin und nachher fort, schleunigst fort und noch heut den Aufstand wach gerufen. Um Mitternacht befindet sich die Residenz bereits in den Händen der Aufständischen und dann kehre ich zurück. Vater wird dann leicht gefunden sein."

Er stieg hinab in seine Studirstube und schrieb eiligst einige Billets, welche er in Couverts wohl verschloß, und eine Depesche. Diese war an den König von Süderland gerichtet und lautete nur: "Gleich nach Empfang. Raumburg." Jetzt klingelte er. Ein Diener erschien.

"Hat der König mit Jemand gesprochen, als er jetzt ging?" frug er diesen. "Ich habe die Entfernung der Majestät nicht bemerkt, Durchlaucht," lautete die Antwort. "Aufpassen! Einen König bemerkt man allemal, und Ihr wußtet ja, daß er bei mir war. Diese Billets besorgt Heinrich eiligst an ihre Adresse, und Du nimmst ein Pferd, reitest augenblicklich nach dem ersten Anhaltepunkte der Südbahn und gibst diese Depesche auf. Franz schirrt schnell an; ich fahre zur Prinzessin von Süderland. Du haftest mit Deiner Stellung für die schleunigste Erfüllung dieser Befehle!"

Der Diener entfernte sich. Der Prinz legte seine Uniform ab und kleidete sich in Civil. Ein kleines Handköfferchen nahm die geheimen Papiere und die vorhandenen Gelder auf, dann begab er sich hinab in den Hof.

Der Kutscher schwang sich soeben auf den Bock, und Franz, der Diener öffnete den Schlag, um seinen Herrn einsteigen zu lassen. Der Wagen, welcher natürlich nicht per Kahn übergesetzt werden konnte, rollte der Brücke zu, welche weit oberhalb des herzoglichen Palais über den Fluß führte.