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"Ganz nach Belieben! Aber der Schmiedejunge wagt es doch, Platz zu nehmen bei zwei Personen so hoher Distinktion, weil er weiß, daß ein Junge zuweilen achtbarer ist als ein Prinz."

"Hinaus mit Dir, Schurke!"

"Ich habe ganz im Gegentheile sehr mit Ihnen zu sprechen, ersuche Sie aber, sich einer anständigeren Ausdrucksweise zu bedienen, da dies ganz in Ihrem eigenen Interesse liegt, weil ich, hören Sie wohl, Prinz, weil ich Ihr Schicksal in meinen Händen halte!" "Du - Sie, in Ihren Händen?"

"Ja. Hören Sie! Sie sagten, die Armee Süderlands werde heut noch marschiren, und ich sage, daß sie geschlagen wird. Sie sagen, daß der König Ihr Gefangener sei, und ich sage, daß ich sein Gefängniß kenne; es ist der Gang, welcher aus der Bibliothek Ihres sehr erlauchten Vaters bis unter die Gartentreppe führt. Ich werde ihn befreien."

Bei diesen Worten beobachtete er den Prinzen und sah aus dem Zucken der Augen desselben, daß er sich nicht geirrt habe. Er fuhr fort:

"Sie sagen, daß sich noch heut das Volk erheben werde, und ich verneine dies, denn die Befehle zu dieser Erhebung sind von mir aufgefangen worden. Sie befinden sich in meinen Händen." "Lügner!"

Max griff ruhig in die Tasche.

"Hier sind Ihre Billets. Sie werden Ihre Handschrift kennen, wie sich vermuthen läßt. Die Herren Adressaten befinden sich bereits in meiner Gefangenschaft. Nicht wahr, es ist sehr zu verwundern, daß ein "Hund", ein "Mensch", ein "Schmiedejunge" es wagt, zum Beispiel einen Kriegsminister zu arretiren. Der fromme Herr Hofprediger und dieser Herr Penentrier wurden bereits gestern Abend von dem Könige selbst arretirt. Ich habe alle Ihre Depeschen und Aktenstücke dechiffrirt und vermuthe, daß dieser kleine Koffer, welcher jedenfalls Ihnen gehört, noch mehr Beweisstücke in meine Hand liefern wird." Der Prinz zitterte vor Überraschung.

"Und wenn dies Alles wahr ist, was Sie sagen, so sind dennoch alle Ihre Mühen und

Entdeckungen fruchtlos. Den König werden Sie nicht finden; das Volk wird doch aufstehen,

und nun, da es so steht, werde ich die Stadt nicht verlassen, sondern jetzt gleich, unverweilt die Meinigen zu den Waffen rufen!"

"Das werden Sie nicht, denn Sie sind mein Gefangener!"

"Ich? Ihr Gefangener? Mensch, Sie sind wahnsinnig!"

"Dies zu denken steht Ihnen ja frei. Aber Sie dürfen mir glauben, daß sich das Volk wirklich nicht erheben wird, denn alle Häupter des Aufstandes, welche wir in der Liste des Pater Valerius verzeichnet fanden, gehen in diesem Augenblicke einer strengen Bestrafung und wenigstens einer lebenslänglichen Gefangenschaft entgegen. Auch darüber, daß Sie mein Gefangener sind, kann kein Zweifel herrschen. Ihrem Aufstande hat nur der Schmiedejunge mit einem seiner Gesellen gegenüber gestanden; aber er ist bisher Sieger gewesen und wird auch ferner Sieger bleiben. Ich verhafte Sie im Namen des Königs!"

"Wirklich eine ganz ergötzliche Komödie. Wollen Sie heut vielleicht die Prophezeiung jener alten Zigeunerin, welche wir einst trafen, in Scene setzen? Es war da wohl von Königskronen, von einer wunderherrlichen Königin und von einem Hammer die Rede, mit welchem Sie sich ein Scepter erringen würden!"

"Sie trachten nach einem Scepter; den Hammer habe ich in der Hand. Vielleicht schlage ich Ihnen mit demselben das Scepter aus der Faust."

"Wohlan, versuchen Sie es! Übrigens wissen Sie zuviel von uns, als daß ich mich Ihres Schweigens nicht versichern sollte. Sie zwingen uns, schneller zu beginnen als wir wollten, und so soll der Anfang auch gerade bei Ihnen gemacht werden!"

Er riß ein Terzerol aus der Tasche - zwei Schreie erklangen. Der eine kam von den Lippen der erschrockenen Prinzessin, welche eine Bewegung machte, sich zwischen die Feinde zu werfen, dieselbe aber nicht auszuführen vermochte. Der andere erklang vom Munde des Prinzen selbst, es war ein Schmerzensschrei: denn noch ehe er loszudrücken vermochte, hatte Max die Hand sammt der Waffe mit solcher Stärke gepackt, daß sie wie in einem eisernen Schraubstocke lag.

B "Bitte, königliche Hoheit, haben Sie keine Sorge, es soll vor Ihren Augen kein Tropfen Blut fließen!"

Er packte auch den andern Arm des Prinzen. "Geben Sie sich freiwillig gefangen?"

"Nein und tausendmal nein. Ich werde um Hilfe rufen, wenn Sie nicht loslassen!" "Rufen Sie!" "Hil-- -!"

Er hielt mitten im Rufe inne, weil er sich bereits gerettet fühlte, da er deutlich hörte, daß sich mehrere Personen über die Mauer schwangen. Die drei Gesellen erschienen am Eingange, und Thomas war der erste, welcher eintrat.

"Was gipt es denn zu schreien, da hier? Ah, der Herr General von der Artillerie! Sollen wir ihn zusammenwickeln, Herr Doktor?"

"Ja."

"Zu Pefehl! Komm mein Söhnchen und laß Dich umärmeln!"

"Fort von hier!" gebot der Prinz. "Ich rufe die Schiffer herbei, Ihr Mörder!"

"Soll ich ihm eins gepen, Herr Doktor?"

"Ja."

"Zu Pefehl! hier, wohl pekomms!"

Er traf mit seiner Faust den Prinzen so vor die Stirn, daß dieser bewußtlos zusammenfiel.

"Was nun, Herr Doktor?"

Max wandte sich an die Prinzessin:

"Verzeihung, königliche Hoheit, daß mir die Umstände nicht gestatteten, dem Auge eines Engels eine solche Scene zu verhüllen. Ich fühle die Verpflichtung, Ihnen vollständige Aufklärung zu geben und bitte nur um die Erlaubniß, meinen Arrestanten, noch ehe ihm das Bewußtsein wiederkehrt, fortzuschaffen." "Thun Sie es!"

"Bindet ihn fest; gebt ihm einen Knebel, daß er nicht sprechen kann, und tragt ihn zum Meister, der ihn zu den Andern stecken mag!"

"Aper wie sollen wir ihn fortpringen?" frug Thomas. "Es darf ihn doch Niemand zu sehen pekommen."

"Dort am Gewächshause lehnt eine Trage, und hier bei den Frühbeeten liegt Stroh. Wickelt ihn so ein, daß seine Glieder vollständig verhüllt sind; dann wird es gehen."

Jetzt erhob sich die Prinzessin von dem Sitze, auf welchen sie niedergesunken war.

"Mein Herr, ich sehe noch nicht klar, aber ich fühle, daß Sie das Richtige thun und werde

Ihnen behilflich sein. Hier ist der Schlüssel zum Gartenthore, welches nach dem Flusse führt."

"Danke, Hoheit!"

Er nahm den Schlüssel und übergab ihn Thomas.

"Sucht zuvor einmal die Taschen des Gefangenen durch nach Papieren und dem

Schlüsselchen zu diesem Koffer."

"Hape ihn pereits, Herr Doktor. Hier ist er."

"Und hier ist eine Brieftasche."

"Weiter nichts?"

"Nein."

"Dann fort mit ihm! Werdet Ihr es fertig bringen, ohne daß es auffällig wird, Baldrian?" Dieser nickte bedächtig. "Das ist am Den!"

Sie entfernten sich mit dem Prinzen, wickelten ihn in das Stroh, banden ihn auf die Tragbahre und trugen ihn davon.

Jetzt befand sich Max mit Derjenigen allein, deren Bild sich ihm bis in die tiefste Tiefe seines Herzens und Lebens eingeprägt hatte. Er stand vor ihr so schön und stolz und doch so bescheiden und ergeben; sie sah es und fühlte, ohne es sich zu gestehen, daß Ihr Auge noch keinen Mann gesehen habe, den sie mit ihm vergleichen könne. "Hoheit--!"

"Bitte, nehmen Sie Platz!" "Ich gehorche!" "Ihr Name ist Brandauer?" "Ja."

"Seine Majestät, der König, verkehren viel und freundlich in Ihrer Familie?" "Ich bin so glücklich, dies behaupten zu können."

"Ich beneide Sie, denn der Vater Ihres Landes ist ein Mann, dem ich meine vollste Hochachtung und Theilnahme zolle. Sie handelten jedenfalls gegenwärtig in seinem Auftrage?"

"So ist es. Königliche Hoheit gestatten mir eine kurze Darstellung der Lage. Zwar marschiren die Truppen Süderlands bereits gegen uns, aber ich weiß, daß ich mit Vertrauen sprechen darf."

A "Sie dürfen es. Ich werde Norland nicht eher verlassen, als bis dieser unglückselige Zwist beseitigt ist."

"Ich war in der Lage, den letzten Theil Ihrer Unterredung mit dem General anzuhören, und kann nicht umhin, Ihnen meine Bewunderung der edlen Gesinnungen auszudrücken, welche aus Ihren Worten sprach. Sie dürfen versichert sein, daß weder feindselige politische noch kriegerische Verhältnisse auf Ihre gegenwärtige Situation oder das Vertrauen meines Königs für Sie von Einfluß sein werden. Er fühlt sich hoch beglückt durch Ihre Gegenwart, bedauerte herzlich Ihre projektirte baldige Abreise und wird Ihrem jetzigen Aufenthaltsort unter allen Umständen die Eigenschaft eines Sanktuarium ertheilen, dessen Frieden nicht gestört werden darf. Doch, ich beginne."