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"Ich habe den Anstaltsschließer mit seiner Frau gefahren."

"Ah! bis hierher? Und wen noch?"

"Zwei Herren."

"Die Sie kannten?"

"Nur den Einen."

"Den Herzog?"

"Ja. Sie wissen - -?"

"Ich weiß. Sie bleiben hier nicht halten." Er wandte sich an einen der Soldaten: "Sie setzen sich zu diesem Manne auf den Bock und bringen ihn auf die Schloßwache. Gehorcht er nicht, so machen Sie Gebrauch von Ihren Waffen!" "Zu Befehl!"

A Der Kutscher mußte aufsteigen; der Soldat folgte ihm und der Wagen lenkte um, um die vorgeschriebene Richtung einzuhalten.

Jetzt gab Max den andern Begleitern seine Weisung:

"Sie Zwei folgen uns in den Garten; Sie zwei nehmen Posto vor dem Hauptportale des Herzogs und lassen keinen Menschen passiren, selbst den Herzog nicht. Im Weigerungsfalle, Ihnen zu gehorchen, gebrauchen Sie die Waffen. Verstanden?" "Ja."

"Die andern Fünf patroulliren um das Gebäude und den Garten. Es darf beide Niemand verlassen; wer es erzwingen will, wird gefangen genommen oder mit der Waffe behandelt. Jetzt vorwärts!"

Er stieg mit Thomas über die Mauer. Die beiden Soldaten folgten ihnen. Unter der Gartentreppe nahm er das Fenster heraus und stieg ein, um durch den Gang in die Bibliothek zu gelangen. Droben hinter der Thür mußte er warten, bis ihm die Andern gefolgt waren, dann öffnete er behutsam. Es brannte kein Licht, aber in dem Arbeitszimmer war es hell, und Stimmen tönten durch die Portiere. Er trat an diese heran und blickte hindurch. Der Herzog stand am Schreibtische und zählte Banknoten auf; neben ihm hielt ein Mann und eine Frau, in denen Max den Schließer und sein Weib erkannte, und auf einem Fauteuil hatte sich der Abb, niedergelassen, welcher außerordentlich angegriffen aussah.

"Kommen Sie heran!" flüsterte Max. "Ich werde eintreten, und sobald Sie mich in Gefahr sehen, folgen Sie mir!"

B Die sämmtlichen vier Personen kehrten ihm den Rücken zu. Er lüftete die Portiere, schob sich hindurch und setzte sich auf das Sopha, ohne daß es bemerkt wurde.

"Hier," meinte der Herzog. "Zählen Sie nach: Fünfunddreißig Tausend!"

Der Schließer zählte mit zitternden Händen die Banknoten, und die Augen seines Weibes glühten vor Begierde, diese Summe in die Hände zu bekommen.

"Richtig?" frug der Herzog.

"Richtig!" antwortete der Mann. "Durchlaucht, ich danke von ganzem Herzen für - -" "Schon gut! Sie haben mir einen Gefallen erwiesen, und ich habe Sie dafür bezahlt. Wir sind quitt."

"Aber die Empfehlungen?"

"Kommen jetzt noch nicht in Ihre Hände. Sie könnten doch den Fehler begehen, sich ergreifen zu lassen, noch ehe Sie die Grenze überschritten haben, und dann wäre ich blamirt. Hier ist die Adresse eines Mannes, an den Sie sich wenden mögen, sobald Sie Süderland glücklich erreicht haben; dieser wird sich in meinem Namen möglichst um Sie bemühen."

Er warf einige Worte auf ein Blatt Papier und gab dies dem Schließer.

"Ihr Wagen steht noch unten, und ich werde Sie jetzt auf demselben Wege, den wir - -"

Er wandte sich um, um unwillkürlich auf den verborgenen Gang zu deuten und erblickte Max.

Ein furchtbarer Schreck zuckte über sein Gesicht, und der begonnene Satz blieb ihm in der

Kehle stecken.

A Max erhob sich.

"Guten Abend, meine Herren! Ich komme, wie es scheint, hier zu einem sehr eigenthümlichen Handel."

Der betroffene Schließer, welcher Max natürlich kannte, blickte wie Rettung suchend auf den

Herzog. Dieser faßte sich zuerst.

"Was thun Sie hier? Wie kommen Sie herein?"

"Ganz auf Ihrem eigenen Wege, Durchlaucht."

"Welchen Weg meinen Sie?"

"Die verborgene Treppe."

"Alle Donner!"

"Bitte, ereifern Sie sich nicht! Es ist nicht das erste Mal, daß ich diesen Weg betrete. Auf ihm kam ich, als ich hinter dieser Portiere Ihre Unterredung mit diesem Herrn, dem Pater Valerius, belauschte; auf ihm kam ich, als ich mich des Schlüssels zu Ihrer geheimen Chifferschrift bemächtigte, auf ihm - -"

"Hund!" unterbrach ihn der Herzog brüllend. "Also Du bist es, dem ich Alles zu danken habe, was ich jetzt - Alles - - Alles - - Alles - - !"

Die Wuth übermannte seine Sprache, und er machte Miene, sich auf Max zu stürzen. Doch dieser hob seine Fäuste ruhig empor und meinte: "Kommen Sie heran, Durchlaucht!" "Nein, ich will meine Hand nicht besudeln durch die Berührung eines Spiones. Es gibt andere Mittel, solche Kreaturen unschädlich zu machen."

Er that einen Schritt nach dem Waffenschranke zu, welcher sich seitwärts des Schreibtisches befand.

"Halt!" gebot Max, einen Revolver aus der Tasche ziehend. "Heben Sie die Hand nach dem Schlosse des Schrankes, so sind Sie eine Leiche, das schwöre ich Ihnen bei meiner Seligkeit!" Der Ton dieser Stimme klang so drohend, daß der Herzog zurücktrat. "Also auch morden können Sie!" rief er, mit den Zähnen knirschend.

"Bleiben Sie ruhig! Es ist besser, wir vergegenwärtigen uns ohne Aufregung die Lage, in welcher wir uns gegenseitig und gegenwärtig befinden. Bitte, nehmen Sie Platz, Durchlaucht, und gestatten Sie mir eine kurze Darstellung der Verhältnisse!"

Noch immer den Revolver in der Hand setzte er sich wieder auf das Sopha nieder. Der Abb, war durch die Haft so angegriffen, daß er ziemlich unschädlich genannt werden mußte; der Schließer und seine Frau kamen gar nicht in Betracht, und der Herzog sah trotz seiner Aufregung ein, daß es besser sei, scheinbar sich in ein Gespräch einzulassen, während er während desselben auf ein Mittel kommen konnte, sich zu retten. "Reden sie!"

Mit diesen Worten nahm auch er Platz. Max begann:

"Sie erinnern sich wohl noch des Tages, an welchem Sie mir den Fehdehandschuh hinwarfen und mir verkündigten, daß Sie mich zermalmen würden. Ich gab mir damals die Erlaubniß, Ihnen Dinge vorherzusagen, welche theilweise bereits eingetroffen sind. Ich bin Ihrer Verschwörung auf die Spur gekommen, wir haben diese Spur verfolgt und stehen nicht nur kampfgerüstet, sondern auch siegesgewiß den Feinden gegenüber; ja, wir haben wohl bereits gesiegt. Dort der Herr Abb, weiß es, daß ich seine Listen entziffert habe, wir kennen also die Namen aller Ihrer Verbündeten. Ich habe dieselben auf telegraphischem Wege im Namen des Abb, für heut Abend zu einer Zusammenkunft in die Klosterruine berufen; sie sind gekommen, und wir haben sie mit Hilfe des Militärs gefangen genommen. Ich komme soeben von der Ruine, es ist kein Einziger entkommen. Dort, in der Ruine, erhielt ich auch die Botschaft, daß es Ihnen gelungen ist, Ihren letzten Aufenthaltsort zu verlassen. Ich ahnte natürlich, daß Sie hier zu finden seien und begab mich unverweilt auf dem mir bekannten Wege zu Ihnen, um Sie hier zu empfangen und Ihnen denjenigen Rath zu ertheilen, welcher unter den gegenwärtigen Verhältnissen der allerbeste für Sie ist." "Ah, Sie - Sie wollen mir einen Rath geben?"

"Ja, ich, ich, der Schmiedejunge, wie mich Ihr Sohn zu nennen beliebte, der leider seine

Erziehung nun hinter dem Eisengitter zu büßen hat."

"Was? Mein Sohn auch gefangen!"

"Ja, Durchlaucht!"

"Er hat nichts gethan, was - -!"

"Er hat weiter nichts begangen, als die unverzeihliche Unvorsichtigkeit, gewisse Aktenstücke von mir in seiner Verwahrung auffinden zu lassen und den König da draußen in dem Gang zwischen den beiden Fallschirmen gefangen zu halten, bis es mir gelang, die Majestät aus dieser Lage zu befreien. Die beiden Raumburgs B sind unmöglich, wenn sie sich nicht in die Verhältnisse zu finden wissen!" "Wirklich?" hohnlächelte der Herzog. "Wirklich!"

"Und wenn sie sich nicht darein finden, so gibt es einen Raumburg, welcher würdig ist, diesen Namen zu tragen."

"Ah, Sie überraschen mich! Wer ist dieser Wundermann?" "Der gegenwärtige Major von Wallroth." "Der Major von - - Mensch, ich zermalme Sie!" Er sprang auf und ballte die Fäuste.

"Pah, die Brandauers sind nicht von einem Stoffe, der sich so leicht zermalmen läßt." "Und der Rath, welchen Sie mir ertheilen?"