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"Ein guter Norländer. Seit wann rückt man in ein fremdes Gebiet ohne vorherige Verhandlung und Kriegserklärung ein?"

"Kecker Bursche! Mache Dich fort, sonst wirst Du weggeputzt!"

"Ich stehe hier als Beauftragter meines Königs. Euer Vordringen ist gegen das Völkerrecht. Geht zurück, sonst könnt Ihr erfahren, wer weggeputzt wird! Das ists, was ich Euch zu sagen habe. Dieses Land, diese Straße gehört unser. Wir werden Beide zu behalten wissen. Gute Nacht!"

Er ging mit lautem langsamen Schritte zurück. Nach einiger Zeit, während welcher jedenfalls Meldung abgegangen und der betreffende Befehl zurückgekommen war, hörte man, daß die Tanne weggeräumt werden sollte. "Könnt Ihr genug sehen?" frug der Hauptmann.

B "Besser als Sie," klang die Antwort. "Unsereiner ist die Nacht gewohnt." "So gebt Feuer, aber immer zehn und zehn!"

Die ersten Schüsse krachten. Drüben ertönte ein wüthiger Schrei. Dann wieder zehn und noch zehn. Als die Letzten Feuer gaben, hatten die Ersten bereits wieder geladen. Einen solchen Empfang hatte der Feind nicht erwartet; er wußte nicht, wen er vor sich hatte und beschloß, das Morgengrauen zu erwarten. Gefährlich konnte diese Zögerung nicht werden, da man nach seiner Meinung in Norland nicht kriegsbereit war und genug mit der Unterdrückung des Aufstandes zu thun hatte.

Nur eine Stunde später hellten sich bereits die Höhen auf, während das Thal noch im Dunkel lag. Der Major stand hinter einem Baume und blickte hinab. Die Nebel wirbelten und wallten unten wie eine unruhige See, und es war bereits genug Licht vorhanden, um ein sicheres Ziel zu nehmen. Er konnte die Straße unten auf eine ganze Viertelstunde ihrer Länge bestreichen. Sein Feuer mußte dem Feinde geradezu fürchterlich werden, und wer zwischen dem Thale und der Schanze war, konnte unmöglich wieder zurück. Er ließ sechs Geschütze hinunter und die übrigen zwei gegen die letzte Krümmung der Straße richten.

Da ertönte von den Vorposten her lebhaftes Gewehrfeuer. Der Hauptmann war angegriffen worden. Der Feind hatte in den Gegnern nur Gebirgsbewohner erkannt und einen so scharfen Vorstoß unternommen, daß sich der Hauptmann, allerdings ohne Verlust, zurückziehen mußte. Kaum hatte er sich mit seinen Leuten hinter die Schanze geflüchtet, so erschien der Feind, jetzt Schützen an der Spitze. Er stutzte beim Anblicke des Verhaues einen Augenblick, A rückte dann aber zum Angriffe vor. Wallroth ließ ihn so nahe wie möglich herankommen; dann flogen die Masken von den Geschützen und der Adler Norlands erhob sich über der Schanze.

"Feuer!" kommandirte er.

Die acht Geschütze krachten zu gleicher Zeit. Ein Hagel von Kartätschen riß die Jäger, so weit sie um die letzte Biegung erschienen waren, förmlich nieder, und unten vom Thale empor schallte ein Geheul, welches nur zu sehr bewies, daß die Kugeln ihre Schuldigkeit gethan hatten.

Der Krieg hatte begonnen! -

Am andern Morgen tönte Glockengeläute durch ganz Norland. Wie durch einen Zauberschlag hatte sich selbst bis in das kleinste Dorf die Nachricht verbreitet, daß der König die bisherige Regierungsform aufgegeben, die verhaßten Räthe und Minister entfernt habe und seinem Volke eine Konstitution geben werde. Dieses Volk solle seine selbstgewählten Vertreter an den Hof schicken, um die Konstitution zu berathen. Und bereits wurde überall Max Brandauer genannt, dem diese hohe Errungenschaft zu verdanken sei. Die Proklamationen des Königs waren an allen Ecken angeschlagen und unter dem Namen desselben mit "Max Brandauer, Geheimerath," unterzeichnet. Der König selbst hatte es so befohlen.

Im ganzen Lande war keine einzige Stimme zu hören, welche eine feindselige Äußerung hätte thun mögen oder dürfen, und als man nun auch erfuhr, welche Gefahr dem Staate gedroht habe und mit welchen Mitteln dieselbe abgewendet worden sei, war an allen Ecken und Enden eine Entrüstung zu spüren, in welche selbst Diejenigen mit einstimmen mußten, welche geheimen Antheil an den revolutionären Umtrieben gehabt hatten. Am Nachmittage erschien eine zweite Proklamation des Königs, in welcher er den Einfall der Süderländer bekannt machte und seine Streiter zu den Waffen rief. Dies fachte den Patriotismus zu doppelter Höhe an. Alles eilte freudig zu den Fahnen und noch im Laufe des Tages liefen von verschiedenen Orten telegraphische Petitionen ein, in denen um die Erlaubniß zur Bildung von Freiwilligenregimentern gebeten wurde. Der König und sein "Geheimerath" hatten ganz gewiß eine außerordentliche Menge von Arbeiten zu überwältigen. - -

Der Tag, an dem die beiden Sternburgs Tremona verlassen hatten, war vergangen, und der andere Morgen brach an. Ganz in der Frühe hielt ein Reiter auf Schloß Sternburg zu. Es war ein Offizier. Er mußte am Thore klopfen, da dasselbe noch gar nicht geöffnet war.

Der Kastellan erschien und ließ ihn ein.

"Nurwan-Pascha?" frug der Ankommende.

"Ist da, schläft aber noch."

"Wecken Sie ihn und melden Sie mich. Hier ist meine Karte. Ich gehe einstweilen in den Garten."

Nach zehn Minuten erschien Horn dort, um ihn zum Pascha zu führen. Dieser stand im Empfangszimmer.

"Ich komme direkt von Sr. Majestät, dem Könige," meinte der Offizier nach der ersten Begrüßung, "und habe Ihnen dieses Couvert zu übergeben." Der Pascha runzelte die Stirn.

"Es enthält jedenfalls meine Instruktionen. Sie sind Flügeladjutant des Königs und kennen jedenfalls den Inhalt dieses Schreibens, nicht?"

"Ja. Es ist mir in die Feder diktirt worden."

Katombo erbrach das Couvert und überflog den Inhalt.

"Es ist so, wie ich dachte, aber bitte, Herr Generalmajor, kommen Sie!"

Er führte ihn hinaus auf den Balkon, von welchem aus man den Hafen überblicken konnte.

"In diesem Schreiben werden meine gestrigen Bedingungen acceptirt; Seine Majestät sind so gütig, mir den Oberbefehl über die im Hafen von Tremona liegende Flotte zu übertragen; aber nun frage ich Sie, wo diese Flotte ist. Bemerken Sie vielleicht eine einzige Spur von derselben?"

"Ah! Wie kommt das?"

"Noch gestern Abend lagen vierzehn Kriegsschiffe hier; über Nacht sind sie verschwunden. Kehren Sie zurück, melden Sie es dem Könige und ersuchen Sie ihn in meinem Namen um Aufklärung!"

"Ich verstehe, ich begreife das nicht!"

"Ich noch weniger. Es ist nicht nur hier im Reiche, sondern auch in Norland bekannt, daß ich den Oberbefehl über Ihre Marine übernehmen soll; ich trete in Verhandlung; ich sage zu; ich erhalte die Instruktion sofort, noch heute Morgen auszulaufen, Süderhafen zu nehmen und die norländische Küste zu blockiren, und gerade in B diesem Augenblicke erhalten die Fahrzeuge den Befehl, zu verschwinden."

"Ich weiß von keinem Befehle, Excellenz!"

"Können die Kapitäns ohne einen solchen handeln?"

"Allerdings, nein!"

"Sie gestehen dies selbst zu. Fragen Sie den König; ich kann nichts thun, als die Antwort abwarten."

"Wäre es nicht besser, Excellenz, Sie begleiteten mich?" Der Pascha schüttelte stolz den Kopf.

"Ich habe die Weisung auszulaufen, nicht aber, bei Hofe anzulaufen oder den König zu überlaufen. Ich habe mich nicht um das Kommando beworben, sondern ich wurde hierher gerufen und folgte zugleich dem Willen des Großherrn, meines Gebieters. Erhalte ich nicht bis heut Abend Aufklärung, so reise ich ab. Leben Sie wohl, Herr Generalmajor!" Er machte eine Verbeugung und wandte sich ab. Der höchst betretene Offizier verließ das Schloß.

Einige Stunden später saß Almah wieder in ihrer Laube und gedachte des sonderbaren Abschiedes, welchen der Matrose Bill Willmers von ihr genommen hatte. Da kam die Kastellanin in höchster Eile daher, schlug bereits längst vor der Laube die Hände zusammen und rief:

"Herrjesses, mein Kind, ist das ein Unglück, ist das ein Jammer, ein Elend, ein Herzeleid und ein Malheur!"

Almah erschrak im höchsten Grade.

"Was ist es denn, Mutter Horn?"

"Was es ist? O, das Schlimmste, was es gibt, oh, oh!"

"Aber bitte, Sie machen mir ja Angst. So sagen Sie es doch!"