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"O nein; das mag ich nicht; ich bin gern allein, sehr gern, (\64\)A und mag gar nicht hinaus unter die vielen Leute, unter denen ich mich so fürchte. Doch kommen Sie; ich muß hinunter zu Papa; man wird jetzt wohl unsere Effekten bringen!"

Sie ließ die Schleier liegen und stieg nach unten, wo ihr Vater wirklich bereits auf sie wartete. Man sah aus den Fenstern seiner Wohnung die drei Araber die Höhe ersteigen, und nicht lange dauerte es, so befanden sich Almah und die Kastellanin im Vorzimmer beim Auspacken."

"Warum haben Sie die Araber fortgeschickt, Fräulein Almah? Nun müssen Sie diese Arbeit selbst vornehmen!"

"Sie meinen, ich soll fremde Männer für Papa sorgen lassen? O nein, das ist er nicht gewohnt, und das mag ich auch gar nicht leiden."

"So, gerade so geht es mir auch mit meinem lieben, jungen Herrn!"

"Wer ist das?"

"Prinz Arthur - - "

"Der uns hier erwarten sollte?"

"Ja."

"Aber, hören Sie, meine liebe Mutter Horn, ist das nicht ein wenig unartig von diesem Prinzen, daß er uns entflohen ist? Meine alte Dienerin hat mir sehr viel davon erzählt, daß die Männer des Abendlandes so aufmerksam gegen ihre Frauen seien. Bei einem Prinzen ist dies wohl nicht der Fall?"

"O doch! Aber er hat ja gar nicht gewußt, daß Sie mitkommen, und sodann war in dem Briefe seines Vaters ja von einer späteren Zeit die Rede."

(\65\)A "Ja, wir sind eine Woche früher abgereist, als Papa eigentlich beabsichtigte. Doch, Sie wollten sagen, daß sie den Prinzen auch gern bedienen?"

"Ja, das wollte ich sagen. Ich lassen ihm von einem Andern keine Handreichung thun." "Warum? Er ist ja doch nicht Ihr Gatte oder Ihr Vater!"

"Aber mein Herr, und dennoch dabei so lieb und gut, so mild und nachsichtig, als ob er mein Sohn sei."

"Er ist schon sehr alt?" "Warum?"

"Weil er Fregattenkapitän ist, und Papa sagte, daß man dies sehr schwer und sehr spät werde." "O nein, er ist erst zweiundzwanzig Jahre alt."

"Zweiundzwanzig? So jung! Sagen Sie einmal, Mutter Horn, wie sieht denn eigentlich so ein abendländischer Prinz aus? Wohl recht stolz, streng und vornehm?"

"Meist."

"Also Prinz Arthur auch?"

"Dieser nicht - im Gegentheile! Wenn der Sie anschaut, so ist es, als ob Ihnen die liebe Sonne recht hell und warm in die Augen schiene."

"So hat er wohl Augen wie - wie - wie der Matrose, den Papa mit der Karte zu Ihnen sandte?" "Wie der - der Bill Willmers? Ja, gerade so (\65\)B sind seine Augen. Sie dürfen nur - - doch, da ist er, Ihr Diener!"

Die Thür zum Vorzimmer war geöffnet worden, und Arthur stand unter derselben. Almah hatte sich über einen Koffer gebeugt, jetzt erhob sie sich und wandte sich zu ihm um. Sie stand vor ihm, gerade so wie er zu seinen Kameraden auf der Veranda gesagt hatte, wie die Schönheit in ihrer herrlichsten Inkarnation. Den schlanken und doch vollen Oberkörper bedeckte eine rothe, mit Gold gestickte türkische Jacke, unter welcher ein blausammetnes, von massiven Silberspangen verschlossenes Mieder die herrlichste Büste mit einer Taille verband, die man mit den Fingern zu umspannen vermochte. Sie wurde umschlossen von einem mit edlen Steinen besetzten Schuppengürtel, von welchem aus weißseidene Hosen über die schön gerundeten Hüften bis herab zu den Knöcheln gingen, deren Feinheit mit der Kleine des Füßchens bezaubernd harmonirte. Auf dem schlanken, schneeigen Halse saß ein Köpfchen, dessen Anmuth ebenso wenig zu beschreiben war, wie die unvergleichliche Schönheit der Gesichtszüge, welche in ihrer Harmonie ein Ganzes bildeten, dem kein Malerpinsel und auch nicht das nachbildende Licht der Sonne gewachsen sein konnte. Arthur war, als sie ^66\)A sich emporrichtete und mit dem kleinen, reizenden Händchen die vollen, schwarzblauen Locken aus der Stirn zurückwarf, wie erstarrt halten geblieben. Kein Glied seines Körpers bewegte sich; sein Mund war leise geöffnet und seine Augen richteten sich fast unnatürlich groß auf das entzückende Wesen, welchem am Tage seine Gedanken und des Nachts seine Träume gegolten hatten seit jenem Abende auf dem Nile. Sie sah den erstarrenden Ausdruck seiner Züge und frug halb ängstlich: "Was ist Ihnen? Was wollen Sie? Sie sind schon zurück!"

"Al - - Almah!" rang es sich halb seufzend und halb jubelnd von seinen Lippen; dann kam ihm die Bewegung wieder, und er machte Miene, sich auf sie zu stürzen, wurde aber von dem Blicke, welchen sie auf ihn warf, förmlich zurückgeschleudert. "Sie wissen wie ich heiße?" "Ja."

"Woher erfuhren Sie meinen Namen?"

Er besann sich und bemühte sich, die furchtbare Aufregung, unter welcher jedes Glied seines Körpers erbeben wollte, in die Tiefen seines Innern zurückzuringen.

"Hörte ich ihn nicht von Excellenz, dem Pascha selbst?"

"Ach so. Sie bleiben jetzt zur Disposition und lassen sich vom Kastellane Ihre Wohnung anweisen. Gehen Sie!"

Er wandte sich wie im Traume zurück und verließ das Zimmer.

"Was war mit ihm?" frug Almah. "Haben Sie sein Erschrecken gesehen, Mutter Horn?" "Allerdings."

"Bin ich so häßlich, daß er sich vor mir fürchtet? Oder erschrak er aus einem Grunde, den ich nicht kenne?"

"Die Kastellanin war keine Diplomatin, und dennoch gab ihr die Vorsicht eine Antwort ein, die sie nicht besser hätte geben können:

"Es geht ihm wie mir; er hat Sie für eine Türkin gehalten, die sich nicht sehen lassen darf. Er hat Sie unverschleiert erblickt und hält sich nun für einen Verbrecher, dem Sie zürnen müssen; daher sein Schreck!" 

Neuntes Kapitel. Der tolle Prinz.

Über die Residenz von Süderland breitete sich ein wunderbar schöner, sternenvoller Abend, und die Luft war so mild und erquickend, daß die Promenaden von Spaziergängern wimmelten, welche unter den duftenden Bäumen wandelten, um nach des Tages Sorge und Arbeit den angestrengten und ermüdeten Geist zu erfrischen.

Unter den Promenirenden bewegten sich zwei junge Männer, welche ihrer Haltung und Kleidung nach zu den besseren Kreisen des Mittelstandes gehörten, Arm in Arm, und den Blicken, mit welchen sie die ihnen Begegnenden musterten, war es anzusehen, daß sie irgend Jemand erwarteten.

"Sie kommen nicht," meinte der Eine von ihnen, den Hut, als ob er schwitze, abnehmend, um die hohe, breite Stirn mit dem weißen Mouchoir zu trocknen.

"Sie werden kommen, Karl, darauf verlaß Dich. Anna hat mir noch in der Dämmerstunde bejahend zugenickt, als ich vorüberging."

"Sie wird kommen, ja; sie ist ein ruhiges, festes und treues Gemüth, und Du thatest damals wohl, gerade sie zu wählen."

"War es nicht ein eigenthümlicher Scherz, der dann so schön in Erfüllung ging?" "So schön? Ja, ich habe auch und lange Zeit geglaubt, daß es uns zum Glücke geschehen sei," meinte Karl mit halblauter Stimme, aus welcher eine tiefe, schwere Trauer klang. "Zweifelst Du jetzt wirklich?"

"Wir saßen im Parke," fuhr der Gefragte, ohne auf diese Worte zu hören, wie rezitirend fort, "und uns gegenüber nahmen zwei unbekannte Damen Platz, die Eine blond und schmächtig, die Andere braun, dunkeläugig, voll Feuer und Leben und von einer Gestalt, an welcher ein Corregio nichts auszusetzen gehabt hätte. Wir wählten uns im Scherze eine von ihnen; Du wolltest die Blonde, Sanfte, ich die Braune, Schöne, Feurige. Aus dem Scherze wurde Ernst -Du bist glücklich und ich - elend." "Karl!" rief der Andere. "Zweifelst Du?"

"Ich begreife es nicht. Emma ist schön, besitzt ein gutes Gemüth, einen häuslichen, wirthschaftlichen Sinn und "- -

"Und weiß, daß sie schön ist," fiel Karl ein. "Sie hat ihre (\66\)B Mutter bei der Geburt verloren und wurde von ihrem Vater durch übergroße Zärtlichkeit und unverständige Nachsicht so verzogen, daß sie kein anderes Gesetz kennt, als das Gefühl des Augenblicks. Sie kennt ihre körperlichen Vorzüge sehr genau; sie bemerkt es, wenn sie bewundert wird, und thut man dies nicht, so fordert sie durch Blick, Bewegung und Geberde dazu auf. Sie hatte mich lieb, aber sie will ihre Vorzüge nicht mir allein widmen, sie bedarf auch der Anerkennung Anderer, welche sie mit suchendem Auge einkassirt. Bei einem solchen Charakter oder vielmehr Naturell ist sie allen Versuchungen ausgesetzt, denen gegenüber sie nicht diejenige Festigkeit besitzt, welche erforderlich ist zur inneren und äußeren Treue gegen den Geliebten."