»Weißt du etwas?« Er hob die Stimme.
»Nein, verdammt, ich weiß gar nichts, aber ich werde es herausfinden. Das muß aufhören!«
»Also. « - Market rieb sich das Kinn - »Courtney weiß es, Rick Shaw und Officer Cooper, und natürlich Clai und Diana vom Rettungsdienst. Die Leute im Zug wissen es, einschließlich der Fahrgäste. Der Zug hat gehalten. Eine Menge Leute wissen es.«
»Ja, ja.« Ihre Stimme verlor sich.
»Woran denkst du?« »Ich wünschte, daß es nicht schon so viele Leute wüßten. Sonst hätte man vielleicht noch auf einen Hinweis stoßen können.«
»Tja.« Drinnen klingelte das Telefon. »Ich muß ran. Laß uns zusammenhalten, Harry.«
»Worauf du dich verlassen kannst.«
Market öffnete die Tür, und Pewter flitzte hinein, wobei sie sich über die Schulter verabschiedete.
Unglücklich schloß Harry die Tür zum Postamt auf. Mrs. Murphy und Tucker blieben zurück.
»Kommt rein.«
Mrs. Murphy sah Tucker an.»Denkst du, was ich denke?«
Tucker erwiderte.»Ja, aber wir wissen nicht wo.«
»Verdammt!« Mrs. Murphy sträubte aufgebracht ihre Schwanzhaare und stolzierte ins Postamt.
Tucker folgte ihr, während Harry zum Telefon griff und zu wählen begann .
»Es könnte meilenweit von hier sein.«
»Ich weiß.« maulte Mrs. Murphy.»Und wir verlieren die Witterung -falls eine da ist.«
»Sie hat voriges Mal ein bißchen gehalten. An dem Tag war es genauso heiß wie heute.«
Mrs. Murphy lehnte sich an die Corgihündin. »Hoffentlich. Liebste Freundin, wir müssen alles daransetzen, um der Sache auf den Grund zu kommen. Harry ist klug, aber sie hat einen schlechten Riecher. Ihre Ohren sind auch nicht besonders. Menschen können sich nicht sehr schnell bewegen. Wir müssen rauskriegen, wer es ist, damit wir Harry beschützen können.«
»Lieber sterbe ich, bevor ich zulasse, daß jemand Harry was antut!« Tucker bellte laut.
»Susan, es ist wieder ein Mord geschehen.«
»Ich komme gleich rüber«, erwiderte Susan.
Harry schickte sich an, Fairs Nummer in der Praxis zu wählen, aber dann legte sie auf. Es war eine automatische Reaktion, ihn anzurufen.
»Rick Shaw ist gerade gekommen, er wollte zu Ned«, sagte Susan, als Harry die Vordertür aufschloß. Es war halb acht.
»Was will er von Ned?« »Er möchte, daß er eine Bürgerwacht organisiert Harry, es ist einfach unglaublich. Wir sind hier in Crozet, Virginia, meine Güte, nicht in New York.«
»Unglaublich oder nicht, es ist wahr. Hat Rick was von Maude gesagt?«
»Was meinst du?«
»Ich meine, hat sie noch gelebt, als sie überfahren wurde?« Harrys ganzer Körper zuckte bei dem Gedanken, und eine Woge der Übelkeit überflutete sie.
»Daran habe ich auch gedacht. Ich habe ihn gefragt. Er meinte, sie wüßten es nicht, aber sie nähmen es nicht an. Der Untersuchungsrichter könnte genau sagen, wann sie starb.«
»Wenn Rick das gesagt hat, bedeutet es, daß sie schon tot war. Ich meine, man müßte schön blöd sein, wenn man es nach einer bestimmten Zeitspanne nicht sagen könnte. Hat er sonst noch was gesagt?«
»Nur daß es draußen in der Nähe vom Greenwood-Tunnel passiert ist, hinten beim ersten Gleisabschnitt.«
Mehr zu sich selbst sagte Harry: »Was hat sie so weit da draußen gemacht?«
»Das weiß Gott allein.« Susan schniefte. »Was, wenn dieses - diese Kreatur auf unsere Kinder losgeht?«
»Soweit wird es nicht kommen, da bin ich ganz sicher.«
»Woher willst du das wissen?« Ein zorniger Tonfall schlich sich in Susans Stimme.
»Verzeih. Natürlich verstehe ich, daß du dir Sorgen um die Kinder machst, und du solltest sie abends im Haus behalten. Es ist nur, daß - ich weiß nicht. Ein Gefühl.«
»Da draußen läuft ein Wahnsinniger frei herum! Sag mir, was Kelly Craycroft und Maude Bly Modena gemeinsam hatten! Sag mir das!«
»Wenn wir das rauskriegen, erwischen wir vielleicht den Mörder.« Harrys Stimme nahm einen energischen Ton an. Sie war eine geborene Anführerin, obgleich sie es nie zugab und Gruppen sogar aus dem Weg ging.
Susan wußte, daß Harry einen Entschluß gefaßt hatte. »Du hast keine Erfahrung in solchen Sachen.«
»Du auch nicht. Hilfst du mir?« »Was muß ich tun?«
»Die Polizei stellt Routinefragen. Das ist gut so, weil sie eine Menge erfahren. Wir müssen andere Fragen stellen - nicht nur:
>Wo sind Sie an dem betreffenden Abend gewesen?<, sondern: >Wie standen Sie zu Kellys Ferrari, und wie standen Sie zu Maudes großem Erfolg mit ihrem Geschäft?< Emotionen. Vielleicht bringen uns Emotionen der Lösung näher.«
»Du kannst auf mich zählen.«
»Als erstes nehme ich mir Mrs. Hogendobber und Little Marilyn vor. Wie wäre es, wenn du Boom Boom und Mim besuchst? Nein, warte. Laß mich Boom Boom übernehmen. Ich habe meine Gründe. Du sprichst mit Little Marilyn.«
»Okay.«
Rob kam schwungvoll durch den Vordereingang. Er ließ die Postsäcke fallen wie Blei, als Harry ihm die Neuigkeit mitteilte. Er konnte absolut nicht glauben, daß so etwas passierte, aber wer konnte das schon?
Tucker und Mrs. Murphy hörten genau zu, als Harry den Tatort erwähnte.
»Da kommen wir nicht allein hin, wenn wir nicht einen ganzen Tag unterwegs sein wollen.«
»Ausgeschlossen.« Tucker kratzte an ihrem Halsband. Die metallene Tollwutmarke klimperte.
»Wie kommen wir da raus? Harry muß uns im Wagen hinbringen.«
»Halb Crozet wird hinfahren. Menschen haben eine morbide Art von Neugierde«, bemerkte Tucker.
»Sobald sie in den Wagen steigt, wann immer das ist, legen wir am besten einen Anfall hin.«
»Verstanden.«
Mrs. Hogendobber wurde von Market Shiflett aufgehalten, als sie die Treppe zum Postamt hinaufstieg. Sie stieß einen gellenden Schrei aus, als sie die Neuigkeit hörte.
Josiah, der gerade die Straße überquerte, zögerte einen Sekundenbruchteil, dann kam er herüber, um zu sehen, was Schlimmes passiert war.
»Das ist das Werk des Teufels!« Mrs. Hogendobber stützte sich mit der Hand an der Mauer ab.
»Es ist entsetzlich.« Josiah bemühte sich um einen tröstenden Ton, aber er hatte Mrs. Hogendobber noch nie leiden können. »Kommen Sie, Mrs. H. ich helfe Ihnen hinein.« Er stieß die Tür zum Postamt auf.
»Wann haben Sie es gehört?« Mrs. Hogendobbers Stimme klang ruhig.
»Heute morgen im Radio.« Josiah fächelte Mrs. H. die jetzt neben der Freistempelmaschine saß, mit seiner Zeitung Luft zu. »Soll ich Sie nach Hause bringen?« erbot er sich.
»Nein. Ich bin wegen meiner Post gekommen, und ich hole sie mir.« Resolut stand Mrs. Hogendobber auf und schritt zu ihrem Postfach.
Harry und Josiah folgten ihr, während Fair kreischend vorfuhr und den Motor abwürgte, bevor er den Zündschlüssel herumdrehen konnte, weil sein Fuß von der Kupplung rutschte.
»Sie hatten gleich durchs Fenster kommen können«, meinte Mrs. Hogendobber tadelnd.
Fair schloß die Tür hinter sich. »Ich dachte, den Steuerzahlern zuliebe verzichte ich darauf.«
»Dabei könnte dieser alte Bau eine Sanierung vertragen.« Josiah drehte den Schlüssel in seinem Postfach herum.
»Wissen Sie schon, die süße Maude Bly Modena? Ermordet! Kaltblütig.« Mrs. Hogendobber atmete wieder schwer.
»Na, na, regen Sie sich nicht übermäßig auf«, warnte Josiah sie.
»Vielleicht sollte ich das wirklich nicht.« Mrs. Hogendobber nahm sich zusammen. »Soviel Böses im Land. Aber ich hätte nie gedacht, daß es uns heimsuchen wurde.« Sie faßte sich an die Stirn, als versuche sie sich zu erinnern. »Das letzte Verbrechen, das hier passiert ist - abgesehen von all den Unfällen wegen Trunkenheit am Steuer -, also, das durften die Diebstähle im Farmington Country Club gewesen sein. Erinnern Sie sich?«