Выбрать главу

»Weil das Gras nirgendwo niedergedrückt ist. Wenn sie hierher geschleppt worden wäre, müßte eine Spur da sein, obwohl es geregnet hat. Eine Leiche hat ein ziemliches Gewicht.« Der Geruch stieg Harry in die Nase, und sie trat von den Schienen zurück.

»Vielleicht wurde sie getragen.« Josiah trat zu ihr.

»Müßte ein starker Mann gewesen sein.«

Auch Hayden entfernte sich von den Schienen. »Wir wissen nicht, ob der Mörder männlich oder weiblich ist, obwohl statistisch gesehen über neunzig Prozent der Morde hierzulande von Männern begangen werden.«

Josiah entgegnete: »Das ist nicht ganz richtig. Die Frauen sind nur zu schlau, sich erwischen zu lassen.«

Market, der sich als letzter abwandte, obwohl der Gestank ihm den Magen umdrehte, bezweifelte das. »Maude war fast einsachtzig groß. Die Straße liegt ein Stück weit zurück. Der stärkste von uns war Kelly. Der zweitstärkste ist Fair. Niemand sonst hätte sie tragen können, außer Jim Sanburne, und der hat einen kaputten Rücken.«

»Ein Wagen mit Allradantrieb hätte hier raufkommen können.« Josiah beobachtete die Tiere, die näher kamen.

»Cooper sagt, es gibt keine Reifenspuren«, warf Market ein.

»Also ist sie zu Fuß gegangen. Na und?« Josiah schob die Hände in die Taschen.

»Wo war Fair gestern nacht?« fragte Hayden nicht ohne Argwohn.

»Fragen Sie ihn«, versetzte Harry wie aus der Pistole geschossen.

»Sie ist mitten in der Nacht zu Fuß hierher gegangen?« dachte Market laut. »Warum?« »Sie joggte gern und lief meistens an den Schienen entlang«, klärte Harry die Männer auf.

»Muß 'ne verdammt gute Joggerin gewesen sein, um den ganzen Weg bis Greenwood zu laufen«, sagte Market.

»Mitten in der Nacht?« Hayden rieb sich das Kinn.

»Um der Hitze davonzurennen«, warf Josiah ein. »He, wieso stellt sich Berryman eigentlich so an?«

»In der Schule hat er sich nicht so angestellt«, erinnerte sich Market. »Einmal hab ich gesehen, wie der Trainer ihm während eines Footballspiels mit einer Nadel ins Knie gestochen hat. Er hatte sich bei einem mißglückten Fang das Knie verrenkt. Jedenfalls, Kooter Ashcomb.«

»An den erinnere ich mich!« Harry lächelte.

Kooter war ein alter Mann gewesen, als Harry die Crozet High School besuchte.

»Tja, also, Kooter stach ihm eine Spritze ins Knie und gab ihm eine Injektion. Dann hat er das Spiel zu Ende gespielt.«

»Haben wir gewonnen?« wollte Harry wissen.

»Na klar.« Market verschränkte die Arme. Die Erinnerung an seine Zeit als Verteidiger war Market weit lieber als die Gegenwart.

»Zurück zu Maude.« Eine Schweißspur rann seitlich an Harrys Gesicht hinunter. »Ist sie allein hergekommen? Ist sie hergekommen, um sich mit jemand zu treffen? Ist sie mit jemand zusammen gekommen?«

»Ich hatte keine Ahnung, daß du so logisch denkst, Harry«, bemerkte Josiah.

»Die Fragen liegen auf der Hand, und ich bin sicher, daß Rick Shaw und Co. sie auch gestellt haben.« Harry wischte sich den Schweiß ab.

»Ich wünschte, wir könnten ein paar Spuren finden.« Hayden, der kein Jäger war, hätte nicht einmal gewußt, wie er danach suchen sollte.

In der Ferne erschien der Ausläufer einer großen Gewitterwolke über den Blue Ridge Mountains.

»Es gibt keine Spuren, wenn man auf die Gleisbettung tritt.« Harry fühlte sich miserabel. Die Unmittelbarkeit von Maudes Ermordung, das Blut vor ihr am Boden, drückte ihr auf den Kopf. Sie spürte ein Pochen in den Schläfen.

»Hier ist nichts« - Josiah senkte die Stimme - »außer dem hier.« Er zeigte auf die befleckte Stelle.

»Aber da ist was! Da ist was!« bellte Tucker.

Mrs. Murphy und Tucker schwärmten über den Schauplatz des Mordes. Harry mißverstand das und glaubte, sie würden von dem Blut angezogen.

»Weg da!« schrie sie.

»Sei nicht böse auf sie, Harry. Es sind bloß Tiere«, sagte Market.

»Da ist was! Hier ist derselbe Geruch!« bellte Tucker.

Harry lief hin und nahm den Hund beim Halsband. »Du kommst jetzt sofort mit mir!«

Mrs. Murphy rannte neben Harry her.»Laß sie! Komm zurück. Komm zurück und schnupper!«

Harry konnte nicht zurückgehen, und das war gut so, denn hätte sie sich auf alle viere niedergelassen, um die Witterung aufzunehmen, dann hätte sie auch ein paar Büschel von Maudes blutgetränkten Haaren gesehen, die den Leuten von der Spurensicherung entgangen waren. Das hätte ihr den Rest gegeben.

Tucker und Mrs. Murphy hatten die Gegend rund um den Tatort gründlich inspiziert. Erst als sie den Schauplatz selbst untersuchten, nahmen sie den schwachen Amphibiengeruch wahr. Keine Spur, keine zusammenhängende Linie. Wieder konzentrierte er sich auf eine Stelle, obwohl es diesmal mehr war als ein Punkt. Es waren mehrere Punkte, die sich rasch verflüchtigten.

Aber niemand wollte auf sie hören, und sie fuhren nach Hause, in Ungnade gefallen bei Harry, die das Schlimmste von ihren besten Freundinnen dachte.

Am selben Abend brach das Gewitter über Crozet herein. Big Marilyn Sanburne war außer sich, weil der Strom ausfiel und sie ein Souffle im Ofen hatte. Jim, soeben von seiner Geschäftsreise zurück, sagte, zum Teufel damit. Sie könnten Brote essen. Er war außerdem vom ständigen Klingeln des Telefons genervt. Als Bürgermeister von Mordsweiler, wie ein Reporter sich ausdrückte, wurde von Jim erwartet, daß er etwas sagte. Das tat er. Er sagte den Journalisten, sie sollten sich »verpissen«, und Mim kreischte: »Ich hasse dieses Wort!« Sie war drauf und dran, zu einer ihrer Freundinnen zu fahren, aber der Sturm war zu heftig. Statt dessen stürmte sie in ihr Zimmer und knallte die Tür zu.

Bob Berryman fuhr ziellos umher. Ein riesiger Baum, von dem heftigen Wind entwurzelt, krachte über die Straße. Bob wich ihm aus. Mit zitternden Händen wendete er den Wagen und fuhr noch ein Stück. Ozzie saß neben ihm und fragte sich, was los war.

14

Boom Boom Craycroft dachte von allen das Schlimmste. So sehr sie sich muhte, ihre Emotionen für sich zu behalten, sie schwappten dauernd über, und da sie ihren Kummer nicht ausdrücken wollte, drückte sie Wut aus. Momentan war sie wütend auf Susan Tucker und verabschiedete sich vorübergehend von ihren guten Manieren.

»Es ist mir verdammt schnuppe, was du denkst. Und es ist mir egal, ob derjenige, der Maude umgebracht hat, auch Kelly umgebracht hat. Ich will den, der Kelly ermordet hat, und ich werde ihn kriegen.«

Susan ließ den Kopf hängen. Für einen Vorübergehenden hatte es so ausgesehen, als ginge sie den Golfball mit ihrem Fünfereisen an, eine ungewöhnliche Wahl für den Abschlag vom Tee. »Boom Boom, beruhige dich. Du warst es, die Golf spielen wollte. Du hast gesagt, es macht dich wahnsinnig, zu Hause rumzusitzen.«

Boom Boom schwang ihren Schlager und grub einen Klumpen Farmingtoner Golfclub-Rasen aus. Wenn der Caddie Master das gesehen hatte, hatte er einen Schlaganfall gekriegt. Susan legte das Rasenstück wortlos zurück, dann landete sie einen herrlichen Abschlag vom Tee.

»Hattest du 'n Holz genommen, warst du jetzt im Grün«, beriet Boom Boom sie. »Ich weiß nicht, warum ich überhaupt mit dir Golf spiele. Du machst die verrücktesten Sachen auf dem Golfplatz.«

»Ich schlag dich trotzdem.«

»Heute nicht.« Boom Boom steckte das Tee in die Erde, legte den Ball darauf und schlug ohne Probeschwung ab. Der Ball flog in einem schönen Bogen hoch und drehte dann nach links, um im Rough zu verschwinden.

»Scheiße!« Boom Boom warf ihren Schläger auf die Erde. Da sie das noch nicht befriedigte, trampelte sie auf ihm herum. »Scheiße! Kacke! Verdammt!«

Susan hielt während der haltlosen Toberei den Atem an. Es endete damit, daß Boom Boom ihre kostspielige lederne Golftasche umstieß. Bälle und Handschuhe fielen aus den offenen Reißverschlüssen. Von ihrem Wutausbruch erschöpft, setzte sich Boom Boom auf die Erde.