Выбрать главу

Er ging. Er hatte ihr von Boom Boom erzählen wollen. Die Wahrheit. Er hatte es versucht. Er konnte es nicht.

Harry fragte sich, ob er in die Morde verwickelt war. Er benahm sich so merkwürdig. Es konnte nicht sein.

Ausgeschlossen.

28

Mrs. Hogendobbers Befürchtungen waren berechtigt. Rick Shaw schäumte, als sie und Harry gestanden, den zweiten Ordner kopiert zu haben.

Als Harry nach Hause kam, befand sie, daß, wenn dies vielleicht auch nicht der schlimmste Tag ihres Lebens gewesen war, er doch immerhin so schlimm gewesen war, daß sie ihn kein zweites Mal hätte erleben wollen.

Sie rief Susan an und erzählte ihr von Fairs sonderbarem Benehmen. Susan erklärte, Fair befinde sich im Trauerstadium der Scheidung. Harry bat sie, morgen vormittag auf eine lange Kaffeepause ins Postamt zu kommen. Als sie aufgelegt hatte, beschloß sie, Susan dann auch von der Postkarte mit der Rüstung zu erzählen, die sie erhalten hatte. Sie mußte wissen, was Susan dazu zu sagen hatte. Außerdem - wenn sie ihrer besten Freundin nicht trauen konnte, war das Leben nicht mehr lebenswert.

29

Tucker nagte hinter der Fleischtheke an einem großen Knochen. Market Shiflett hatte ihr in Spendierlaune einen frischen geschenkt. Mrs. Murphy und Pewter bekamen kleinere Rindsknochen. Sie kauten munter vor sich hin, während sie sich gegenseitig über die neuesten Ereignisse unterrichteten. Ozzie, Bob Berrymans australischer Schäferhund, sei vollkommen am Boden zerstört. Pewter behauptete, er wedle kaum mit dem Schwanz und belle fast nie. Mim Sanburnes hochnäsiger Afghane sei gestern seiner Hoden verlustig gegangen. Die Tierneuigkeiten, normalerweise im Sommer reichlich vorhanden, blieben dieses Jahr hinter den Menschenneuigkeiten zurück.

Tucker schilderte Rick Shaws temperamentvollen Ausbruch. Die arme Mrs. Hogendobber hatte gedacht, sie käme ins Gefängnis.

Courtney achtete kaum auf die drei Tiere, die Knochen mahlten und sich unterhielten. Ihre großen Ohrringe klimperten.

»Seit wann kleidet sich denn Courtney wie eine Zigeunerin?« wollte die in puncto Kleidung konservative Mrs. Murphy wissen.

»Sie will Danny Tucker auf sich aufmerksam machen. Er mäht heute Maude Bly Modenas Rasen. Er wird sie hören, bevor er sie sieht.« Pewter hatte so viel gefressen, daß sie sich auf die Seite legte und den Kopf auf die ausgestreckte Vorderpfote stützte.

»Schätze, du hast gehört, was er getan hat?«

»Mrs. Murphy hat es mir gestern erzählt, als du auf dem Topf warst, wie Harry das nennt.« Pewter lachte.»Ich hab eigentlich nichts gegen Harrys Ausdrücke, aber wenn sie dich auf den Topf schickt, hebt sie die Stimme um eine halbe Oktave. Stell dir vor, Courtney steckt sich nicht nur große Reifen in die Ohren; gestern abend, als Market weg war, hat sie sich doch wahrhaftig einen Martini gemacht. Sie möchte erfahren wirken, und sie denkt, daß das mit einem Martini zu schaffen ist. Ha! Schmeckt wie Feuerzeugbenzin.«

»Sie ist jung.« Mrs. Murphy riß eine zarte Faser roten Fleisches vom Knochen.

»Wem sagst du das. Die Menschen brauchen vierzig Jahre, um erwachsen zu werden, und die Hälfte von ihnen wird es nicht mal dann. Wir sind mit sechs Monaten bereit für die Welt.«

»Aber richtig erwachsen sind wir dann noch nicht, Pewter.« Mrs. Murphy leckte sich das Maul.»Ich würde sagen, das dauert etwa ein Jahr. Ich frage mich, wieso die Menschen so lange brauchen.«

»Zurückgeblieben«, lautete Pewters prompte Antwort.»Ich meine, seht euch doch Courtney Shiflett an. Wenn sie mein Kind wäre - die Ringe wären so schnell aus ihren Ohren verschwunden, daß sie nicht wüßte, wie ihr geschieht.«

»Aber sie arbeitet wenigstens. Denkt mal an all die Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht verdienen, bevor sie Mitte Zwanzig sind. Sie arbeitet nach der Schule, und sie arbeitet im Sommer. Sie ist ein braves Kind.« Mrs. Murphy hielt die meisten Menschen für faul, besonders die jungen.

»Wenn du sie so gern hast, dann versuch mal, mit ihr zu leben. Wenn ich dieses George Michael-Band noch ein einziges Mal höre, werde ich es mit diesen meinen Krallen zerreißen.« Pewter ließ ihre imponierenden Krallen aufblitzen.»Außerdem wird das Mädchen noch taub - und ich obendrein -, wenn sie diese Dröhnkiste nicht leiser dreht. Manchmal denke ich, ich sollte einfach verschwinden und nie zurückkommen -und mich von Feldmäusen ernähren.«

»Du bist zu dick zum Mäusefangen.« Mrs. Murphy konnte es nicht lassen.

»Dann erkläre ich hiermit feierlich, daß ich vorige Woche eine gefangen habe. Ich habe sie Market geschenkt, und er hat den Kopf geschüttelt und etwas gemurmelt. Er hätte sich ruhig bedanken können.«

»Sie mögen keine Mäuse.« Tucker schlabberte an ihrem Knochen.

»Versuch mal, ihnen einen Vogel zu schenken.« Mrs. Murphy verdrehte die Augen.»Das ist das ärgste. Harry heult und begräbt den Vogel. Sie mag die Maulwürfe und Mäuse, die ich ihr bringe. Ich breche ihnen sauber das Genick. Kein Blut, kein Gerupfe. Saubere Arbeit, das darf ich wohl sagen.«

Pewter rülpste.»Verzeihung. Saubere Arbeit… Mrs. Murphy, die Menschenmorde waren eine Metzelei«, dachte sie laut.

»Wieso?« Tucker setzte sich auf, legte aber für alle Fälle die Pfote auf ihren Knochen. Pewter war dafür bekannt, daß sie Futter stahl. »Es lohnt nicht, einen Menschen mit solchem Aufwand zu töten. Einen in einen Betonmischer werfen und einen anderen auf die Bahngleise fesseln. Ursprünglich war es saubere Arbeit. Aber als sie tot waren, hat der Mörder Hackfleisch aus ihnen gemacht.«

Pewter sah auf.»Der Mörder ist offenbar kein Vegetarier.« Dann warf sie den Kopf zurück und lachte.

Mrs. Murphy stupste Pewter mit der Pfote.»Sehr komisch.«

»Fand ich auch.«

Tucker sagte:»Die Polizei gibt nicht bekannt, wie Kelly und Maude gestorben sind - falls man es weiß. Die Metzelei mußte sein, um irgendwas zu verbergen oder uns von dem abzulenken, was die Leute gemacht haben, bevor sie starben.«

»Sehr richtig, Tucker.« Mrs. Murphy kam ordentlich in Fahrt. »Was haben sie mitten in der Nacht gemacht? Kelly war in der Betonfabrik. Hat er gearbeitet? Vielleicht. Und Maude ist freiwillig zu den Bahngleisen westlich der Stadt gegangen. Menschen schlafen nachts. Wenn sie wach werden, muß es sich um was Wichtiges gehandelt haben, oder« - sie machte eine Pause -»es muß sich um etwas gehandelt haben, was sie zu tun gewohnt waren.«

30

»Mrs. Murphy und Tucker sind an der Hintertür.« Susan unterbrach Harry, die die Post sortierte und gleichzeitig alles berichtete.

»Laß sie rein, ja?«

Susan öffnete die Hintertür, und die beiden Freundinnen sausten miauend und bellend hinein. »Sie freuen sich, dich zu sehen.«

»Und wie gut sie gelaunt sind. Market hat heute Knochen spendiert.«

»Wir haben vermutlich ein Teil von dem Puzzle zusammengesetzt«, verkündete Mrs. Murphy.

»Sie haben unter einer Decke gesteckt, Kelly und Maude, mit irgendwas…«, rief Tucker.

»Nachts, wenn 's keiner sehen konnte«, unterbrach Mrs. Murphy.