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»Ist ja gut, Mädels, beruhigt euch.« Harry lächelte.

Mrs. Murphy sprang entmutigt in den Postbehälter.»Ich geb 's auf! Sie ist so begriffsstutzig.«

Tucker erwiderte:»Versuch mal, es ihr auf andere Weise beizubringen.«

Mrs. Murphy steckte den Kopf aus dem Behälter.»Gehen wir nach draußen.« Sie sprang heraus.

Tucker und die Katze flitzten zur Hintertür. Tucker bellte und winselte ein bißchen.

»Sag bloß nicht, daß du mal mußt. Du bist gerade erst reingekommen«, schalt Harry.

Tucker bellte noch ein wenig.»Was machen wir, wenn wir draußen sind?«

»Weiß ich noch nicht.«

Harry öffnete ungehalten die Tür, und Tucker rannte sie beinahe über den Haufen.

»Corgis sind viel schneller als man denkt«, bemerkte Susan.

Susan und Harry waren das gestrige Gespräch mit Fair noch einmal durchgegangen, und nun waren sie beide deprimiert. Harry kippte den letzten Postsack aus, der dreiviertelvoll war.

Susan stürzte sich auf die Postkarten. Sie hielt den Atem an. Eine Reihe italienischer Postkarten erschreckte sie, aber auf der Vorderseite waren keine Friedhöfe abgebildet, und beim Umdrehen wurde jeweils eine Ziffer in der rechten Ecke sowie die Unterschrift ihrer reisenden Freundin Lindsay Astrove sichtbar. Susan und Harry atmeten gleichzeitig aus.

»Ich lese dir Lindsays Karten vor, während du die Post in die Fächer verteilst.« Susan setzte sich auf einen Hocker, schlug die Beine übereinander, ordnete die Postkarten und begann.

Ein Auslandsaufenthalt ist so toll nun auch wieder nicht. Ich bin mit dem Zug über die Alpen gefahren, und als er in Venedig ankam, blieb mir fast das Herz stehen. Es war wunderschön. Von da an ging's nur noch bergab. Die Venezianer sind so ungehobelt, wie man es sich kaum vorstellen kann. Ihr Leben besteht darin, die Touristen nach Strich und Faden auszunehmen. Sie lächeln nie, auch nicht untereinander. Ich war jedoch entschlossen, diese irdische Plage gewissermaßen zu überwinden und die Schönheit der Stadt in mich aufzunehmen. Voller Blasen und erschöpft bin ich von einem Ort zum anderen gelatscht und habe Gott den Herrn auf einem Gemälde nach dem anderen gesehen. Ich sah Jesus am Kreuz, vom Kreuz abgenommen, im Mantel, im Lendentuch, mit Nägeln, ohne Nägel, blutend, nicht blutend, Haare hoch, Haare runter. Was man sich nur vorstellen kann, ich hab's gesehen. Neben den Gemälden gab's noch diverse andere künstlerische Darstellungen des Herrn mitsamt seinen engsten Freunden und Verwandten. Natürlich gab es viele, viele, viele Abbildungen der jungfräulichen Mutter Maria (ein kleiner Widerspruch in sich). Jedoch ist es mir in ganz Venedig nicht gelungen, einen einzigen Schnappschuß von Josef und dem Esel aufzutreiben. Ich konnte daraus nur schließen, daß sie sich seiner Dummheit schämen, Marias Geschichte über sich und Gott und dieser Empfängnismasche geglaubt zu haben, und daß sie ihn bloß Weihnachten hervorholen. Ich bin zu dem einzig logischen Schluß gekommen, daß diese Kunstwerke, da sie alle gleich aussehen,

möglicherweise von ein und demselben Mann stammen. Ich finde es plausibel, daß einer sie alle geschaffen und viele Namen benutzt hat. Oder vielleicht haben alle kleinen italienischen Jungen, die zwischen 1300 und 1799 geboren wurden und deren Nachname auf i oder o endete, ein Malbuch gekriegt, wo man Ziffern auf gestrichelten Linien verbinden muß. Bestimmt gibt es für dies alles eine logische Erklärung.

Noch ein Gedanke zum Abschluß, dann mache ich mich auf nach Rom. Ich bin froh, daß Jesus in Italien offenbar soviel besser angekommen ist als in Spanien. Die ganze Kunst wäre sonst in Neonfarben auf Samt statt in Öl auf Leinwand gemalt worden.

Auf nach Rom. Die Ewige Stadt Rom vereinigt die schlimmsten Eigenschaften von New York und Los Angeles. Das einzige, was die Römer gut können, ist hupen. Die lauteste Stadt der Welt. Die Römer machen den Venezianern im Ungehobeltsein Konkurrenz. Das Essen ist in beiden Städten nicht annähernd so gut wie beim schlechtesten Italiener von San Francisco.

Wie Du Dir vermutlich denken kannst, mußte ich ins Vatikanische Museum hinein. Ich mußte auch aus dem Vatikanischen Museum hinaus, weil ich lauthals verkündete, daß es einfach abstoßend sei zu sehen, welche Reichtümer die Kirche hortet. Allein von den Zinsen konnte man in weniger als einem Jahr Krebs, AIDS, Hunger und Obdachlosigkeit in den Griff kriegen. Plötzlich konnten all die Leute, die angeblich nicht Englisch sprachen, diese Sprache fließend. Ich wurde hinauskomplimentiert. Ich hab nicht mal den Papst in seinen Satingewändern zu sehen bekommen.

Der Rest von Rom war auch nicht umwerfend. Das Kolosseum war ein Trümmerfeld, die Spanische Treppe voll von Drogensüchtigen und Betrunkenen, und am Trevi- Brunnen ging's zu wie in einer Aufreißerbar. Die DesignerLäden waren eine Wucht. Ein Designer-Outfit sitzt nicht, paßt nicht und kostet nicht weniger als eine feste Bleibe. Habe in dieser Stadt nichts gekauft. Ich habe Rom verlassen

und mich gefragt, warum sich die Westgoten die Mühe gemacht haben, es zu erobern. Aber Monaco war sagenhaft. Die Leute, das Essen, das Flair, das Fehlen von Renaissancekultur!

Ich sehe Euch alle im September wieder, wenn ich soviel von der Alten Welt aufgenommen habe, wie ich irgend verdauen kann. Ich denke allmählich, Mim, Little Marilyn, Josiah und Co. müssen goldige Tölpel sein, daß sie wegen Europa, Möbeln und einem Gesichtslifting in der Schweiz derart aus dem Häuschen geraten. Wie Du weißt, verkörpert Mim für mich die Bedingungen menschlichen Daseins schlechthin. Und zeig diese Karten nicht Mrs. Hogendobber! Zeig sie Susan.

In Liebe Lindsay

Susan und Harry lachten, bis ihnen die Tränen über die Wangen kullerten. Als sie sich endlich wieder gefangen hatten, wurde ihnen bewußt, daß sie seit Kellys Ermordung nicht mehr richtig gelacht hatten. Die Anspannung hatte wirklich ihren Tribut gefordert.

»Wie viele Postkarten hat sie dafür gebraucht?« Susan fächerte sie auf wie Spielkarten. »Einundzwanzig.« »An wen sind sie adressiert?«

»An dich. Du bist die einzige, der sie so was schreiben kann.« Harry lächelte und nahm die Postkarten an sich. »Ich freue mich schon darauf, daß Lindsay nach Hause kommt. Vielleicht ist bis September alles vorbei.« »Hoffentlich.«

»Zerleg ihn in kleine Stücke. So.« Mrs. Murphy sezierte den Spatzenleichnam, und ringsum flogen die Federn. Ein angewiderter Ausdruck huschte über Tuckers hübsches Gesicht.

»Ach komm, Welsh Corgis sind doch hart im Nehmen. Reiß den Maulwurf, den ich gefangen habe, in drei Teile.« »Sie wird sich ekeln.«

»Dann ekelt sie sich eben. Aber vielleicht dringt in ihr Unterbewußtsein, was wir ihr sagen wollen.« »Sie ist schlau für einen Menschen. Sie weiß, daß es zwischen Kelly und Maude eine Verbindung gibt.«

»Tucker, sei nicht so zimperlich. Ich will, daß sie weiß, daß wir'swissen. Vielleicht hört sie zur Abwechslung endlich mal auf uns.«

Mit deutlichem Mangel an Begeisterung riß Tucker den noch warmen Maulwurf in drei Teile. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, hieß Mrs. Murphy sie die Stücke zur Hintertür des Postamts tragen.

Harry öffnete die Tür. Keines der Tiere rührte sich. Sie saßen vielmehr neben ihrer Beute, die Mrs. Murphy sorgsam arrangiert hatte.

»So was Ekelhaftes!« rief Harry aus.

»Ich hab dir gleich gesagt, sie wird sich ekeln«, fuhr Tucker die Tigerkatze an.

»Darauf kommt es nicht an.«

»Was?« rief Susan.

»Die Katze und der Hund haben die Überreste von einem Maulwurf und von etwas angeschleppt, was vor kurzem noch ein Vogel gewesen sein muß.« Harry sah genauer hin. »Uff. Der Maulwurf ist in drei Teile zerlegt.«