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Maudes Laden hatte sich in einen Ausstellungsraum mit hochwertigen Antiquitäten verwandelt, in jene schick urbane und doch ländliche Mixtur, die Josiahs Stärke war. Das Verpackungsmaterial war im Hinterzimmer arrangiert und sah ebenfalls einladend aus. Officer Cooper kramte herum. Sie liebte Antiquitäten.

»Du bist bedrückt, Süße. Was ist los?« Josiah schob sich an Harrys Seite.

»Ach, Fair und Boom Boom waren in der Pizzeria. Es ist albern, aber es tut weh.«

Er legte ihr den Arm um die Schultern. »Harry, jeder, der je aus Liebe starb, hatte es verdient. Es gibt noch mehr von der Sorte auf der Welt, und außerdem hast du schon viel zuviel Zeit auf Pharamond Haristeen verschwendet. Viel zuviel.«

»Scheint mir auch so.«

Officer Cooper ließ sich in einem gemütlichen Schaukelstuhl nieder, um die Diskussion besser genießen zu können.

»Morgen ist ein neuer Tag, heller und schöner.« Er wandte sich an Cooper. »Sie und ich werden Freunde werden. Wie ich sehe, haben Sie einen erlesenen Geschmack. Aber sagen Sie, ist meine Lieblingsposthalterin tatsächlich in Gefahr?«

»Das kann ich nicht beantworten.«

Josiah zog Harry noch näher an sich. »Ich bin nicht von gestern. Mrs. Hogendobber ist in sichtlich großer Eile weggeschickt worden. Wenn sie sozusagen im Urlaub ist und du einen Polizeiwachhund - Verzeihung - hast, dann bedeutet das, daß die Obrigkeit ihret- und deinetwegen besorgt ist. Schön, das bin ich auch.«

Officer Cooper schlug die Beine übereinander. »Ich weiß, Sie haben längst mit Rick gesprochen, aber um mich zufriedenzustellen - was glauben Sie, wer der Mörder ist?«

»Ich weiß es nicht, das ist ja das Frustrierende. es sei denn, es war Mrs. Hogendobber, und Sie haben sie eingesperrt, um zu verhindern, daß sie von den Crozetern gelyncht wird. Mrs. Hogendobber eine Mörderin - unwahrscheinlich, obwohl sie eine Unterhaltung schneller abwürgen kann als ein Limburger Käse.«

»Irgendeine Idee, was das Motiv angeht?« fragte Harry.

»Eine Art Groll, nehme ich an.«

»Warum sagen Sie das?« Officer Cooper setzte sich auf.

»Er hat die Leichen irgendwie erniedrigt. Ich meine, das zeugt von einem starken Gefühl. Wut, vielleicht Eifersucht. Oder er hat einen Korb bekommen.«

»Du bist ein Romantiker. Ich glaube, es ging schlicht und einfach um Geld.« Harry verschränkte die Arme über der Brust. »Und die Verstümmelung der Leichen dient dazu, uns von der Hauptsache abzulenken.«

»Welche wäre?« Josiah hob die Augenbrauen.

»Verdammt, wenn ich das wüßte.« Harry warf die Hände in die Luft.

»Nein. Es wäre fatal, wenn du es wüßtest, denn dann würde er dich umbringen - nach deiner Ansicht. Nach meiner Ansicht bist du vollkommen sicher.«

»Hoffen wir, daß Sie recht haben.« Officer Cooper lächelte Josiah an.

37

Mrs. Murphy, Tucker und Pewter rekelten sich unter dem indischen Flieder hinter Maudes Laden und warteten, daß Harry von den gesellschaftlichen Verpflichtungen erlöst würde.

Pewter schlug auf eine rote Ameise ein, die durchs Gras huschte.»Schwarze Ameisen gehen ja noch, aber diese kleinen roten brennen wie Feuer.«

»Immer noch besser als Flöhe.« Mrs. Murphy lag auf dem Rücken, alle vier Beine in der Luft, den Schwanz ausgestreckt.

»Letztes Jahr war's am schlimmsten, am allerschlimmsten.« Tucker spitzte die Ohren und entspannte sich wieder.»Jede Woche wurde ich pitschnaß gebadet und mit einem Flohvertilger übergossen. Das war das Schlimmste.«

»Bei mir war's Flohschaum. Harry badet mich nicht gern, und ich bin ihr dankbar dafür. Aber, Pewter, dieser Schaum stinkt wie ranzige Himbeeren, und er ist klebrig. Im Gras und im Dreck wälzen hilft nicht, nicht mal an einer Baumrinde reiben. Dieses Jahr bin ich bloß einmal eingeschäumt worden.«

»Market schwört auf Flohhalsbänder. In der ersten Woche waren die Dämpfe so stark, daß meine Augen tränten. Danach hab ich rausgekriegt, wie man die Dinger abstreifen kann. Er ist so schwer von Begriff, daß vier Flohhalsbänder verlorengehen mußten, ehe er aufgab.«

»Magst du Menschen?« fragte Tucker Pewter.

»Nicht besonders. Ein paar mag ich. Die meisten nicht«, lautete Pewters freimütige Antwort.

»Warum?« Mrs. Murphy verdrehte den Kopf, um Pewter besser ansehen zu können. Sie blieb auf dem Rücken liegen.

»Man kann ihnen nicht trauen. Himmel noch mal, sie können sich nicht mal gegenseitig trauen. Nimm zum Beispiel eine Katze. Wenn du in das Revier einer anderen Katze gerätst, merkst du es sofort. Sofern es keinen wichtigen Grund gibt, dich dort aufzuhalten, verziehst du dich. Die Grenzen sind klar. Bei Menschen ist nichts klar, nicht mal die Paarung. Ein Mensch paart sich oft mit einem anderen Menschen wegen der gesellschaftlichen Anerkennung, selten mit dem, der für ihn der

Richtige ist. Menschen sind eher wieSchafe als wie Katzen. Sie sind leicht zu leiten, und sie gucken nicht, wo sie hingehen, bis es zu spät ist.«

»Nicht alle sind wie Schafe«, entgegnete Tucker.

»Nein, aber die meisten, da stimme ich Pewter zu«, warf Mrs. Murphy ein.»Vor Urzeiten ist mit den Menschen etwas Schreckliches passiert. Sie haben sich von der Natur getrennt. Wir leben bei einem Menschen, der mit den Jahreszeiten und anderen Tieren vertraut ist, aber Harry kommt ja auch vom Land. Solche sind dünn gesät. Und je weiter sich die Menschen von der Natur entfernen, desto verrückter werden sie. Und das wird sie am Ende vernichten.«

»Es schert mich nicht die Bohne, wenn sie sich vernichten, alle miteinander. Ich will bloß nicht mit untergehen, falls du von der Bombe sprichst.« Pewter peitschte mit ihrem Schwanz das Gras.

»Die Bombe ist es ja gar nicht.« Mrs. Murphy schüttelte sich und setzte sich auf.»Sie werden die Fische in den Flüssen töten und dann die Fische in den Meeren. Sie werden immer mehr Säugetierarten ausrotten. Sie werden kein gutes Trinkwasser mehr haben, wenn die Fische erst tot sind. Sie werden nicht mal mehr gute Luft zum Atmen haben. Wenn du nicht genug Sauerstoff hast, wie kannst du dann klar denken? Sogar ein Eichhörnchen kann eine schlechte Getreideernte deuten und hält sich mit der Vermehrung entsprechend zurück. Ein Mensch kann seine Ernten nicht deuten. Sie vermehren sich immer weiter. Wißt ihr, daß in diesem Moment, wo ich dies sage, mehr als fünf Milliarden Menschen auf der Erde sind? Sie können ihre Kinder nicht ernähren und vermehren sich doch immerzu.«

Tuckers Augen blickten besorgt.»Sie sind krank. Krank an Leib und Seele.«

»Sie wollen einfach nicht einsehen, daß auch sie eine Tierart sind und daß die Naturgesetze auch für sie gelten.« Pewters Pupillen wurden weit.

»Sie finden die Gesetze der Natur grausam. Weißt du, Pewter, du hast recht. Sie sind verrückt. Sie scharen sich zu Millionen zusammen, um sich in einem Krieg gegenseitig zu töten. Wurden im Zweiten Weltkrieg nicht annähernd fünfundvierzig

Millionen von ihnen abgeschlachtet? Und im Ersten Weltkrieg ungefähr zehn Millionen? Es ist fast zum Lachen.« Mrs. Murphy sah Harry und Officer Cooper Maudes Laden durch den Hintereingang verlassen. »Es ist mir ehrlich gesagt ziemlich schnuppe, ob sie millionenweise sterben, aber ich möchte nicht, daß Harry stirbt.«