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»Eine Schwarze, Larry.«

»Als ich ein Kind war, war das ein Schimpfwort. Weißt du, es ist furchtbar schwer, rückgängig zu machen, was man achtzig Jahre lang gelernt hat, aber schön, ich geb meinen Fehler zu. Das hübsche Ding war das Beste, das Allerbeste, was Stafford passieren konnte. Sie hat einen Mann aus ihm gemacht. Mim war gefährlich nahe am Rand eines Nervenzusammenbruchs. Ich hab ihr natürlich Valium gegeben.«

»Könnte sie labil genug sein, um einen Mord zu begehen?« Rick kam der Gedanke, daß sie ihr Pontonboot selbst aufgeschlitzt haben könnte, um als Zielscheibe zu erscheinen.

»Das könnte jeder unter den richtigen Umständen - unter den falschen, sollte ich vielleicht lieber sagen -, aber nein, das glaube ich nicht. Mim hat sich wieder beruhigt. Oh, sie kann bösartig sein wie eine sich häutende Schlange, aber sie ist nicht mehr auf Valium angewiesen. Jetzt haben wir übrigen es nötig.«

»Haben Sie Kelly Craycroft behandelt?«

»Ich habe Kelly ins Drogenrehabilitationszentrum eingewiesen.«

»Und?« »Kelly Craycroft war ein faszinierender Mistkerl. Er erkannte keine Gesetze an, außer seine eigenen, und trotzdem hatte der Mann Sinn und Verstand. Er neigte zum Suchtverhalten. Liegt in der Familie.«

»Wie steht es mit erblichem Wahnsinn? In wessen Familie liegt der?«

»In etwa neunzig Prozent der vornehmsten Familien von Virginia, würde ich sagen.« Ein garstiges Lächeln erschien auf dem Gesicht des Arztes. Das Sprühen wurde schwächer.

»Geben Sie her. Ich möchte auch ein paar erledigen.« Rick attackierte die Käfer, ihre schillernden Flügel wurden naß von dem Gift. Ein Surren, dann ein Spritzen, und die Käfer fielen auf die Erde; die gepanzerten Hüllen machten ein leise klirrendes Geräusch. »Und Harry? War sie mal krank? Labil?«

»Hat sich beim Hockeyspielen im College mal den Rücken verrenkt. Immer wenn die Schmerzen mal wieder aufflammten, hab ich ihr Motrin gegeben. Ich glaube, Hayden gibt es ihr heute noch. Harry ist ein kluges Mädchen, das nie den richtigen Beruf gefunden hat. Trotzdem scheint sie glücklich zu sein. Sie halten doch nicht sie für die Mörderin, oder?«

»Nein.« Rick rieb seine Nase. Das Sprühzeug roch widerlich. »Was meinen Sie, Larry?«

»Ich halte den- oder diejenige nicht für wahnsinnig.«

»Fair Haristeen hat für keine der Mordnächte ein Alibi… und er hat ein Motiv, was Kelly betrifft. Da er jetzt allein lebt, sagt er, gibt es niemanden, der für ihn bürgt.«

Larry rieb sich die Stirn. »Das hatte ich befürchtet.«

»Wie sieht's mit Zyanid aus? Wie schwer ist es herzustellen?« wollte Rick wissen.

»Ziemlich schwer, aber jemand mit medizinischen Kenntnissen dürfte da keinerlei Schwierigkeiten haben.«

»Auch ein Tierarzt nicht?«

»Auch ein Tierarzt nicht. Aber jeder intelligente Mensch, der auf dem College einen Chemiekurs belegt hat, kann es hinkriegen. Zyanid ist eine einfache Zusammensetzung: Zyan mit einem metallischen oder einem organischen Radikal. Pottasche-Zyanid pustet einem das Licht aus, bevor man Zeit hat zu blinzeln. Anstreicher, Möbelbeizer, sogar Automechaniker haben Zugang zu Chemikalien, die, richtig destilliert, tödlich wirken können. Man kann es im Spülstein herstellen.« Larry betrachtete befriedigt den Regen sterbender Käfer. »Sie wissen, was der eigentliche Kern der Sache ist, nicht wahr?«

»Nein.« Ricks Stimme wurde hell vor Spannung.

»Es ist etwas direkt vor unserer Nase. Irgendwas, woran wir gewöhnt sind, was wir täglich sehen, woran wir täglich vorübergehen, und irgend jemand, an den wir gewöhnt sind, den wir täglich sehen und an dem wir täglich vorübergehen. Was auch immer es ist, es ist so sehr ein Teil unseres Lebens, daß wir es nicht mehr bemerken. Wir müssen unsere Umwelt, unseren Alltag mit neuen Augen betrachten. Nicht nur die Personen, Rick, sondern die ganze Kulisse. Das hat Bob Berryman getan. Deswegen ist er tot.«

42

Rick verhaftete Pharamond Haristeen III. Er hatte kein Alibi. Er war kräftig gebaut, hochintelligent und verfügte über medizinische Sachkenntnis. Er hatte einen Groll gegen Kelly gehegt und umgekehrt. Was er gegen Maude Bly Modena gehabt haben könnte, wußte Rick nicht so recht, aber seine Verhaftung würde die Presse und die Öffentlichkeit beschwichtigen. Sie würde möglicherweise auch Fairs Leben ruinieren, wenn er nicht der Mörder war. Rick zog diesen Umstand in Betracht und verhaftete ihn trotzdem. Er mußte auf Nummer Sicher gehen. Er hatte auch Harrys Plan zugestimmt. Was hatte er zu verlieren, außer wenn Harry diejenige war? Er gab ihr einen Revolver, und niemand außer Cynthia Cooper wußte, daß Harry jetzt bewaffnet war.

Mrs. Murphy lag ausgestreckt auf dem Hackklotz in Harrys Küche. Ihr Schwanz wippte rhythmisch auf und ab. Tucker saß bei Harry am Küchentisch. Harry, Susan und Officer Cooper beugten sich über die Postkarten und schrieben wieder und wieder: »Schade, daß Du nicht hier bist.«

Das Telefon läutete. Es war Danny, der seine Mutter sprechen wollte. Susan nahm den Hörer. »Was ist denn jetzt schon wieder?« Sie hörte zu, während er stöhnend erzählte, daß Dad den Fernseher abgeschaltet hatte, damit er sein Zimmer aufräumte. Während sie die Klagelitanei über sich ergehen ließ, wurde Susan bewußt, daß ein Kind im Teenageralter eine Frau rapide altern ließ. Ein Ehemann in mittleren Jahren beschleunigte diesen Prozeß noch mehr. »Tu, was dein Vater sagt.« Darauf folgte ein neuer Ausbruch. »Danny, wenn ich nach Hause kommen und zwischen dir und deinem Vater vermitteln muß, kriegst du Hausarrest bis Weihnachten!« Erneutes Geheule. »Er kriegt auch Hausarrest. Geh, räum dein Zimmer auf und stör mich nicht. Ich wäre nicht hier, wenn es nicht wichtig wäre. Wiedersehn.« Peng, knallte sie den Hörer hin.

»Glückliche Familien«, sagte Harry.

»Ein Sohn in diesem Alter ist gar nicht so schwierig. Die Kombination von Vater und Sohn, die ist das Problem. Manchmal denke ich, Ned nimmt es Danny übel, daß er stärker wird als er. Er ist schon fünf Zentimeter größer als Ned.«

»Die alte Geschichte.« Cooper nahm sich die nächste Postkarte vor. Dolley Madisons Grabstein zierte die Vorderseite. »Wie viele noch?«

»Ungefähr hundertfünfundzwanzig. Es sind vierhundertzwei Schließfächer, und wir nähern uns der Zielgeraden.«

»Warum so wenige?« fragte Susan.

»Sie wollen noch mehr?« Cooper war fassungslos.

»Nein, aber meines Wissens hat Crozet dreitausend Einwohner.«

»Die anderen haben keine Schließfächer. Die meisten von meinen Leuten wohnen mitten in der Stadt.« Harrys Zeige- und Mittelfinger begannen zu schmerzen.

Während die drei Frauen weiterkritzelten, machte Mrs. Murphy einen Schrank auf und kroch hinein.

Tucker war sauer, weil sie nicht herumklettern konnte wie die Katze.»Geh nicht da rein. Sonst kann ich dich nicht mehr sehen.«

Mrs. Murphy steckte den Kopf heraus.»Ich riech die Gewürze so gern. Hier drin ist ein Kräutertee, der erinnert mich an Katzenminze.«

»Ich schätze, da oben ist nichts, was nach Rinderknochen riecht?«

»Bouillonwürfel. Im Päckchen. Ich hol sie raus.« Sie untersuchte das Päckchen.»Schade, daß wir Bob Berryman nicht beschnüffeln konnten. Ob er auch diesen Geruch an sich hatte?«

»Glaub ich nicht. Die Kugel hat ihn erledigt. Ich hob alle, die ins Postamt kamen, untersucht, bloß für den Fall, daß sie den Geruch an sich haben - so wie ihre Arbeitsgerüche. Rob riecht nach Benzin und Schweiß. Market riecht köstlich. Mim durchtränkt sich mit diesem gräßlichen Parfüm. Fair riecht nach Pferden und Medizin. Von Little Marilyns Haarspray tränen mir die Augen. Josiah riecht nach Möbelpolitur plus Aftershave. Kelly roch nach Betonstaub. Ihre Gerüche sind so charakteristisch wie ihre Stimmen.«