Er füllte die Fläche schwarz, kratzte mit dem Kohlestock darüber, rieb den Ruß mit den Fingern in den Stein. Auch seine Finger waren jetzt völlig schwarz, und während er die Kohle in die Ritzen rieb, sah und spürte er mehrmals, wie seine Finger ins Gestein eindrangen, in den Leib des Pferdes. Die Mähnenborsten waren steif wie die Schnurrhaare eines Löwen, dicht und aufgestellt. Der ganze Kopf schwarz, mit Ausnahme eines kleinen Streifens, wo sich Hals und Brustkorb trafen, nur, um dem Pferd die Rundung zu verleihen, die die Wand selbst vorgab, mit einer kleinen Erhebung, durch die das linke Bein etwas vorstand. Das würde viel Eindruck machen, wenn er das Rudel herbrachte, um sich die Malereien anzusehen, und die Lampe bewegte, sodass die Schatten an der Wand zu tanzen begannen. Er konnte nicht gleichzeitig die Lampe an der Wand entlang bewegen und von der Mitte der Höhle aus die Wirkung bewundern, aber er war sich sicher, dass es gut aussehen würde, wie echte Bewegung. Und weiter oben würde das Pferd den Kopf in den Nacken werfen.
Jetzt sanken seine Hände tief ins Gestein ein. Er musste sie langsam bewegen, wie in festem Schlamm, damit er sich nicht die Finger abbrach. Die Wand war kalt, und seine Finger waren kalt.
Nachdem er mit dem Schwarz fertig war, dem schwärzesten Schwarz, das er je aufgetragen hatte, brauchte er eine Weile, um die Hände aus der Wand zu ziehen. Als es ihm schließlich gelang, kehrte er zu seinem Rucksack zurück, um von dort die Wand zu betrachten.
Sie war gut. Die freischwebende Mähne zwischen den obersten beiden Köpfen sah immer noch seltsam aus, aber daran konnte er nun nichts mehr ändern. Sie bildete entweder die Wange des oberen Pferdes oder den Nacken eines Pferdes zwischen den oberen beiden oder die Mähne des zweiten Pferdes, die sich noch vor dem Kopf hob, ihm voranging. Sie war all das, natürlich. Ein Teil der Bewegung. Und das Schwarz war gut. Eistaucher liebte die Schwärze des untersten Pferds, dessen Wiehern in den dunkelsten Winkeln der Höhle widerzuhallen schien, in den schwarzen Zwischenräumen, die die Lampen nicht erhellten.
Er kehrte mit dem Stichel zur Wand zurück und begann, den Bereich um den untersten Kopf herum auszukratzen, um seine Umrisse schärfer herauszuheben. Der Mund in dem Wiehern musste so weiß werden wie die Frauenkolbi dort unter dem Bisonmann, der ihn quer durch die Höhle ansah. Freikratzen. Es genau richtig hinbekommen. Der Stein hatte an dieser Stelle so viel Struktur, er war körnig, aber glatt; er ließ sich sehr gut auskratzen, sodass man eine glatte weiße Fläche als Umrandung für die schwarze Masse der Pferde erhielt. Halt, aufpassen, der Kratzer war zu weit unten — nimm den Kohlestock, befeuchte dir die Finger, übermale den Kratzer. Nur der hintere Teil vom Unterkiefer des Pferds verlief über die Erhebung, die nun zwei kleine Kerben aufwies.
Ein gluckerndes Wehklagen stieg von unten auf, dann gab es einen Windstoß, und alle seine Lampen erloschen auf einmal und ließen ihn in undurchdringlicher Schwärze zurück, einer Schwärze so schwarz, als habe sie sich aus dem untersten Pferdekopf über ihn ergossen und die ganze Höhle erfüllt.
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Das war schlimm. Die Schwärze war absolut. Er konnte sich Farben vor Augen rufen, indem er die Lider fest zukniff, aber das half ihm nicht. Er war blind. Die Welt war schwarz.
Die Höhle seufzte erneut. Sie lachte ihn aus, weil er in ihre Falle getappt war. Wie fanden sich die Höhlenbären hier drin zurecht? Wie sahen sie in solcher Finsternis?
Sie sahen nicht. Sie erschnüffelten sich ihren Weg. Und die Höhle, in der sie ihren Winterschlaf hielten, lag sehr viel dichter am Eingang. Sie tappten einfach blind herein und erschnüffelten sich den Weg zu ihrem üblichen Schlafplatz, und wenn sie wieder erwachten, dann erschnüffelten sie sich den Weg nach draußen.
Für einen Moment hörte er auf zu denken, und schieres Entsetzen überrollte ihn und ließ ihn erhitzt und keuchend zurück. — Nein, stöhnte er und hörte ein leises Klingen, das vielleicht ein Echo oder auch eine Antwort war.
Vorsichtig machte er einige Schritte und versuchte dabei, das Gesicht weiterhin auf die Wand zu richten, um nicht völlig die Orientierung zu verlieren. Wenn er mit dem Gesicht zur Wand stand, ging es links nach draußen. Er ließ sich auf die Knie nieder und kroch, wobei er mit den Händen vor sich über den Boden strich, auf der Suche nach den erloschenen Lampen, nach seinem Rucksack — nach irgendetwas, das ihm gehörte und ihm vielleicht weiterhelfen würde.
Aber als seine Hand gegen eine der Lampen stieß, half ihm das auch nicht; der Docht war kalt, in der kleinen Vertiefung befand sich kein Öl mehr. Vielleicht war er so in die vier Pferdeköpfe vertieft gewesen, dass in der Zwischenzeit allen Lampen das Fett ausgegangen war und sie dadurch erloschen waren. Vielleicht hatte es überhaupt keinen Windstoß gegeben, kein Lachen von dem Ding unter der Höhle. Jetzt lachte es allerdings. Aber darauf kam es nicht mehr an. Er musste seinen Rucksack finden.
Schließlich stieß er mit tastender Hand dagegen. Nun, wo er wusste, wo der Rucksack war, fand er auch seine zweite Lampe, und dann die dritte. Allen war das Fett ausgegangen oder jedenfalls so knapp geworden, dass die Dochte erloschen waren. Er trug sie zurück zu seinem Rucksack, den er ein paar Mal verfehlte, weshalb er für einen Moment in Panik geriet; doch schließlich fand er ihn wieder, und sein Entsetzen ebbte ab.
Eistaucher setzte sich auf sein Pelzstück, steckte die Hand tief in den Rucksack und tastete nach dem Fettbeutel. Er fand ihn, immerhin. Dieser Beutel barg sein Augenlicht. Dann griff er in seine Gürteltasche und fand das Stück Wurzelholz mit der Glut darin. Mit verzweifelter Behutsamkeit holte er es hervor, löste mit zitternden Fingern den Zedernholzverschluss und steckte vorsichtig den Finger hinein, in der Hoffnung, sich zu verbrennen. Aber im Innern war es noch nicht einmal warm. Nichts als Asche. Er war zu lange geblieben.
Er sank gegen den Fels und wimmerte vor Angst. In seinem Rucksack waren noch seine Beutel mit Essen und seine restlichen Malwerkzeuge. Etwas, das sich wie der Beutel mit dem Erdblutpulver anfühlte, das mit Wasser gemischt rote Farbe ergab. Aber das Wasser war ihm beinahe ausgegangen. Und nirgendwo im Rucksack fand er seine Feuersteine oder die kleine Tasche mit Mulm und trockenen Holzsplittern, die er brauchte, um ein Feuer zu entfachen.
Ihm war schleierhaft, was damit geschehen sein konnte. Einmal mehr überkam ihn Entsetzen, flutete durch ihn hindurch und riss ihn mit sich. Er musste diese Flut zu Eis erstarren lassen und sich daraufstellen. Er musste kalt wie Eis sein, doch stattdessen glühte er vor Angst.
Nach einer Weile entließ der Schrecken ihn aus seinen Klauen und schleuderte ihn weinend zu Boden. Ihm fiel ein, dass er sein Feuerzeug vielleicht beim Anzünden der dritten Lampe aus dem Rucksack genommen hatte. Andererseits hatte er sie mithilfe eines Spans an einer der anderen Lampen angezündet, weshalb es gar keinen Grund gegeben hatte, Feuersteine und Mulm hervorzuholen. Trotzdem mochte es so gewesen sein. Das war nicht weit von hier gewesen; er war sich nicht sicher, wo genau, weil er in der Dunkelheit alle Lampen hierher zu seinem Rucksack getragen hatte.
Er kroch in die Richtung, in der er die dritte Lampe gefunden zu haben meinte, und tastete dabei den Höhlenboden ab. Nichts. Als er versuchte, zu seinem Rucksack zurückzukehren, fand er ihn eine Weile nicht wieder. Als er ihn schließlich ausfindig gemacht hatte, weinte er erneut, und danach nahm er den Rucksack beim Umherkriechen mit. Er fand ein paar Steine auf dem Boden und einige Kohlestöcke, die in einem kleinen Loch an der Wand lehnten. Ein Maul mit Zähnen, riesig in der Finsternis, größer als sein Kopf: Das musste der Schädel eines Höhlenbären sein, kein Zweifel. Er war lang und voller Zähne und hatte die Wölbung an der Stirn, an der man einen Höhlenbären erkannte, obwohl bereits seine schiere Größe keinen Zweifel aufkommen ließ.