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— Den hast du an deinem ersten Tag nachgemalt!, kam Eistaucher ihm zuvor.

Dorn warf einen Kiesel nach ihm. — Sei still. Ich bin immer noch dein Meister. Wenn ich dich schlage, musst du dir das gefallen lassen. Obwohl du inzwischen stark genug bist, mich zu schlagen. Auch wenn dich das wütend macht, musst du es dir gefallen lassen, wenn du Teil des Rudels bleiben willst. Also halt den Mund, damit ich dir etwas Neues zeigen kann.

— Ausnahmsweise, sagte Eistaucher und wich einem weiteren Kiesel aus.

Während Dorn ein paar Brocken Erdblut und eine Reihe Hacksteine und Stichel hervorzog, setzte Eistaucher sich hin und sparte sich weitere giftige Bemerkungen. Er hatte begierig auf diesen Moment gewartet, und nun endlich zeigte der Alte sich bereit, seinen Wissensdurst zu stillen.

Erdblut war bröselig, wie Sand, der sich mit Blut vollgesogen hatte und anschließend getrocknet und zu Stein geworden war. Von der obersten Schicht konnte man kleine Flocken mit der Kralle abkratzen, doch darunter wurde es sehr viel härter, sodass man einen Feuersteinstichel brauchte. Mit der Spitze des Stichels kratzte man Flocken und Körnchen ab, und wenn man einen ordentlichen Haufen davon beisammenhatte, dann zermahlte man sie mit einem Feuersteinstößel in einem Granitmörser oder auf einem Schieferstein. Also kratzte Eistaucher mit einem der größeren Stichel drauflos und bohrte die Spitze mal hier und mal dort in den roten Stein, immer an die weichsten Stellen, wo die Erdblutklumpen am dunkelsten waren, wie Schorf im sandigen Stein, der zwar ebenfalls rot war, aber schwarze und braune Beimengungen hatte. Am leichtesten splitterte der Stein dort, wo Schorf und sandige Stellen aufeinandertrafen. Die abgebrochenen Schorfstücke waren weicher als die sandigen Brocken, wie sehr fester Schlamm.

— Das braucht man vor allem, sagte Dorn und deutete dabei auf das feinere Pulver von den schorfigen Stellen. — Durch die sandigen Teile wird die Farbe zu körnig. Davon darf ein wenig hinein, aber nicht zu viel. Die Farbe muss genau die richtige Dicke haben, um sie auf eine Wand aufzutragen, wie eine dicke Suppe oder eine sehr dünne Paste. Sie muss dünn genug sein, um sie zu verstreichen, aber nicht so dünn, dass sie verläuft.

— Man tut also Wasser in das Pulver.

— Natürlich. Sei nicht so vorlaut, Junge. Außerdem tut man etwas hinein, das Wasser und Pulver miteinander verbindet, und das ist es, was du nicht weißt. Beides muss sich verbinden, ohne zu klumpen. Es gibt eine Reihe von Bindemitteln, mit denen das geht, manche für Körperbemalung, manche für Wandfarbe. Heute brauchen wir ein bisschen Spucke und etwas fettes Mark von einem Reh, das ich extra mitgebracht habe.

Er zog einen Gänselederbeutel aus seiner Gürteltasche, knotete ihn sorgfältig auf und schüttete etwas von dem halb flüssigen Fett in eine Holzschale.

Eistaucher starrte den Beutel an: Von Bindemitteln hatte er nichts gewusst.

— Es ist besser, wenn das Pulver noch feiner ist als das, was du da hast. Du hast das nicht richtig gut gemacht, aber wir benutzen es trotzdem, damit du es selbst siehst.

Er nahm Eistauchers Mahlschiefer mit dem Erdblutpulver darauf und kippte es in die Schüssel. — Rühr das um und warte dann zwanzig Herzschläge, bis die größten Sandkörner auf den Boden der Schüssel gesunken sind. Dann schüttest du die Farbe in eine andere Schüssel, aber ohne den Bodensatz. So.

Er goss die Farbe um. — Siehst du, das körnigste Rot bleibt in der ersten Schüssel. Jetzt warten wir, bis sich ein feineres Pulver am Boden der zweiten Schüssel abgesetzt hat. Das wird ein bisschen dauern. Der größte Teil des Rots schwimmt ewig in der Flüssigkeit. Wenn es so weit ist, gießt du das Wasser vorsichtig ab. Später, wenn der Bodensatz in den beiden Schüsseln trocknet, hast du zwei Fladen Erdblut, einer aus grobem und der andere aus feinem Pulver. Die getrockneten Fladen kannst du in Streifen schneiden und mit ihnen malen wie mit einem Holzkohlestock, nur in Rot. Oder du kannst einen getrockneten Fladen ins Wasser legen, ihn zerstoßen und dabei mehr Mark hinzugeben, oder Spucke oder Pisse oder Hautleim oder Spritzmilch. Dann kannst du wieder damit malen. Oder du kannst einen Fladen zerkrümeln und mit Bienenwachs mischen. So macht man die Kreiden, die du schon hier und da gesehen hast.

Eistaucher nickte. — Heide macht guten Leim. Er hatte sie oft dabei beobachtet, wie sie die letzten Reste geschlachteter Tiere in einem Eimer zu weißem Schleim einkochte, wobei sie Knorpel, Fett, Sehnen, Bänder und kleine Knochen- und Muskelstücke verwendete und zermahlene Pflanzen, die nur sie kannte.

Dorn nickte. — Etwas, das sie in ihren Leim tut, lässt ihn besonders hart werden. Bei meinen Felsenbildern benutze ich immer ein paar Tropfen davon. Dann zerlaufen sie später nicht im Regen. Hier, rühr das Fett ein und zermahle dann noch mehr von dem Stein.

Den Erdblutklumpen mit dem Stichel bearbeiten. Kratz-kratz-kratz. Warme Morgenluft. Das gefiel ihm: Die Röte des Steins, seine Mürbheit. Er hielt sich den Klumpen unter die Nase: Es roch sogar nach Blut. Die Sonne heiß in seinem Nacken.

Der Morgen verging, während er den Stein zermahlte. Es war so angenehm, in der Sonne zu sitzen und ihre Wärme aufzusaugen. Er achtete darauf, Kreuch und Spucke in die Sonne zu halten, denn das machte sie glücklich. So schön war es, dass er einschlief und dabei im Traum weiter Erdblut abkratzte, genau wie er es im Wachzustand getan hatte, sodass er kaum noch wusste, in welcher Welt er sich gerade befand, und es auch nicht wissen musste. Gepriesen sei die Sonnenwärme!

Während er arbeitete, ging Dorn die ganze Zeit umher und murmelte vor sich hin. Er und Heide passten in dieser Beziehung bestens zueinander. Sie waren wie ein Paar in einer schlechten Ehe, und manche Leute behaupteten sogar, dass sie eine schlechte Ehe miteinander gehabt und sich getrennt hatten, bevor irgendjemand sonst aus dem Rudel auch nur auf der Welt gewesen war. Ob das nun stimmte oder nicht, Eistaucher bekam ihre ständigen Streitereien aus nächster Nähe mit. Tatsächlich spielte er die beiden sogar gegeneinander aus, um sich zwischen den beiden selbst ein bisschen Raum zu verschaffen.

Beide redeten ununterbrochen. Wenn Dorn einmal innehielt, dann normalerweise nur, weil er eingeschlafen war. An diesem Morgen erzählte er einmal mehr die Geschichte des langen Winters, bei der es sich um eine seiner Lieblingsgeschichten handelte. Die schlimmen Geschichten mochte er immer am liebsten, aber nur, wenn man sie zur rechten Zeit erzählte. Eistaucher hörte ihm beim Kratzen zu oder ließ sich eher von Dorns Worten umspülen wie von dem Keckern der Eichhörnchen in den Bäumen.

Dorns leise Stimme klang wie der heisere Ruf eines Raben: Damals, in den alten Zeiten, lebten wir wie Vögel, Zu jeder Jahreszeit, bei Regen, Schnee oder Sonnenschein Pickten wir und zitterten und taten, was wir konnten. Doch heißt es, dass einst, vor langer Zeit, Als wir so tief im Süden lebten, Dass die Sonne am nördlichen Himmel stand, Kein Frühling auf den Winter folgte. Auch der Sommer kam nicht in jenem Jahr, Die Tage wurden zwar länger, doch blieb es schrecklich kalt, Kalt stürmte es Frühling, Sommer und Herbst, Und kalt blieb es bis zum folgenden Winter, Sodass niemand mehr Essen fand. Das Gleiche geschah auch im nächsten Jahr, Auch im Jahr darauf kam der Sommer nicht wieder, Nichts als Winter, ZEHN LANGE JAHRE LANG. Und gäbe es nicht die große, salzige See, Dann wären alle überall gestorben und tot, Und nicht ein Mensch wäre geblieben auf der Mutter Erde.