Die drei Jäger erstarrten, als sie den Elch sahen, und dann bewegten sie sich, ohne sich zu bewegen, glitten wie Schlangen in ein Erlendickicht, das in einer nassen Naht im Heidemoor wucherte. In dem Dickicht mussten sie über die Erlenäste hinwegsteigen, ohne auch nur ein Knarzen oder gar eine Erschütterung zu verursachen. Elche selbst waren trotz ihrer gewaltigen Größe unerwartet gut in solch komplizierten Manövern, weshalb es eine besondere Glanzleistung sein würde, sich auf diese Art an so ein Tier anzuschleichen. Und so viel Fleisch und Fell mit zurück ins Lager zu bringen würde ebenfalls eine Glanzleistung bedeuten. Sie würden zweimal gehen müssen und das Beste hoffen, was die zunächst zurückgelassenen Teile betraf.
Aber so weit waren sie noch nicht. Vorerst mussten sie durch das Dickicht auf den Elch zugleiten, ohne dabei entdeckt zu werden. Elche hatten keine besonders gute Nase, und die drei Jäger waren auf der windabgewandten Seite ihrer Beute. So schlängelten sie sich eine ganze Weile durch das dichte Geflecht von Erlenzweigen und achteten dabei sorgfältig darauf, nicht mit ihren Speeren hängen zu bleiben. Manchmal war es schwieriger, einen Weg für den Speer zu finden als für sich selbst. Einige der Dornenranken, die unter den Erlen wuchsen, waren so dicht mit Dornen besetzt, dass man mit der Haut über sie hinwegstreichen konnte, ohne dass sie einen stachen, weil die vielen Spitzen eine Art Oberfläche ergaben. Wenn man es an denen vorbeischaffte, ohne hängen zu bleiben … aber oft genug blieb man hängen. Man musste die giftigen kleinen Kratzer hinnehmen und weiterschleichen, beharrlich wie ein Otter.
Eistaucher erreichte den Rand des Dickichts, und durch das letzte Stück Zweiggeflecht hindurch sah er, dass der Elch immer noch an derselben Stelle stand. Er hatte zwar keine wunden Stellen am Rücken, doch er war abgemagert. Wahrscheinlich war er krank oder alt. Trotzdem handelte es sich um einen lohnenden Fang. Falke und Moos tauchten links und rechts von ihm auf, und sie verständigten sich kurz mit Blicken. Das Problem war klar ersichtlich: Wie sollten sie ihre Speere auf ihre Speerschleudern bekommen und sie werfen, ohne dabei von dem Elch entdeckt zu werden? Das war unmöglich, wenn ihnen der Elch nicht den Rücken zukehrte, was es wiederum schwer gemacht hätte, ihn mit Speeren zu töten. Wenn sie ihn trafen und er wegrannte, dann hätten sie ihre Speere an ihn verloren. Also war es am besten, wenn zwei von ihnen ihre Speere in der Hoffnung warfen, den Elch zu verwunden, und der dritte ihm hinterherrannte und versuchte, einen Wurf oder Stich aus unmittelbarer Nähe zu landen. Das wollte Falke übernehmen, also verbogen und wanden Eistaucher und Moos sich, bis sie die Speere auf die Schleudern gesetzt hatten, und zielten. Eistaucher sah sich um, wie viel Platz er zum Werfen hatte, und machte sich bereit. Der schnelle Ruck mit der Schleuder musste perfekt sitzen. Ein letztes Mal sah er den beiden anderen in die Augen, ein irres Flackern der Begeisterung im Blick. Sie zählten mit Lippenbewegungen — eins, zwei, drei, Wurf!
Falke sprang im gleichen Augenblick aus ihrem Versteck und rannte auf den Elch zu, der die Flucht ergriff. Beide Speere hingen ihm aus dem rechten Hinterlauf. Also hatten sie beide getroffen, aber jetzt mussten sie den Elch noch einholen. Eistaucher und Moos krochen aus dem Dickicht und folgten Falke, der dem Elch hinterherjagte, den Speer mit der Rechten wurfbereit über die Schulter erhoben. Sie brauchten einen Bauchtreffer, um das Tier zu Fall zu bringen, deshalb musste Falke ihn überholen, und zu Eistauchers Überraschung gelang ihm das tatsächlich. Er rannte schneller, als Eistaucher jemals einen Menschen hatte rennen sehen.
Dann blieb der Elch mit einem Mal stehen und trat nach Falke aus, der sich um seinen Speer herum abrollen musste, sich dann auf ein Knie aufrichtete, die Spitze in den verletzlichen Bauch rammte und weiterrollte, wobei er knapp einem Vorderhuftritt auswich. Er hatte dem Elch eine tiefe Wunde geschlagen. Eine Weile stand das Tier schwer atmend da, Blut rann ihm aus der Stichwunde, die sich dicht bei den Rippen befand und vielleicht einen Lungenflügel getroffen hatte.
— Stirb, Bruder, stirb, beschworen sie ihn und hielten dabei nach Steinen Ausschau, die groß genug waren, um ihm damit einen wirksamen Kopftreffer zu versetzen. Vielleicht konnten sie auch einen ihrer Speere aus dem rechten Hinterlauf ziehen, aber dafür mussten sie es auf einen weiteren bösen Tritt ankommen lassen, und wenn ein Elch mit den Hinterläufen ausschlug, war das gefährlich. Außerdem war der letzte Tritt eines Tiers immer der schlimmste.
Praktisch überall in der Heide lagen genug Steine bereit, und sobald sie alle drei beide Hände voll hatten, warfen sie dicht hintereinander sechs Steine. Eistauchers erster Stein traf den Elch genau am Ohr, worauf dieser ein Röhren ausstieß und sich umdrehte, um auf sie zuzustürmen, doch seine Kräfte verließen ihn. Zitternd stand er vor ihnen, das Blut floss in Strömen aus seinem Bauch, und langsam zog der Speer ihn zu Boden. Moos flitzte um ihn herum wie ein Nerz und machte einen Satz nach vorne, um einen der Speere aus dem Hinterlauf zu ziehen. Der Elch trat tatsächlich nach ihm, aber nur schwach. Moos versetzte ihm mit dem Speer einen leichten Stoß, um einen weiteren kraftlosen Tritt zu provozieren, duckte sich zur Seite, nutzte die Blöße, um dem Elch oberhalb des Hinterlaufs tief in die Eingeweide zu stechen, drehte den Speer noch einmal in der Wunde und sprang dann zurück, um dem nächsten Tritt auszuweichen. Genau so hatte Moos sich immer verhalten, wenn sie sich als Kinder geprügelt hatten. Er unterlief seinen Gegner.
Der Elch begann, aus Mund und Nase zu bluten, was bedeutete, dass einer der Treffer seine Lunge durchbohrt hatte. Sie jubelten, als der Elch in die Knie ging und schnaubend seine letzten Atemzüge tat. — Ha!, brüllten sie und klopften einander begeistert auf die Schultern. — Danke, Bruder!, riefen sie dem sterbenden Tier zu.
Der Elch krachte auf die Seite und verendete röchelnd. Sie erkannten es sofort, als er endgültig tot war; wenn der Geist ein Lebewesen verließ, war das immer eine deutliche Veränderung. Mit einem Mal war es so leblos wie ein Stein. Manchmal blieb der Geist noch in der Nähe, und aus Respekt vor diesen verharrenden Geistern gab es gewisse Anstandsregeln und Tabus darüber, wie bald nach dem Tod man ein Geschöpf essen durfte. Aber die Leiber selbst waren leer, und es galten keine Tabus, wenn es darum ging, das Fleisch ins Lager zurückzubekommen, bevor Aasfresser eintrafen und alles verkomplizierten. Jetzt war Eile angeraten.
Es war harte Arbeit, einen so großen Bruder zu zerlegen. Sie konnten ihre Speerspitzen als Klingen verwenden, die zwar nicht so gut wie richtige Fleischmesser waren, aber immer noch sehr viel besser als der Hackstein, mit dem Eistaucher sein Reh zerlegt hatte. Trotzdem war es harte, schweißtreibende Arbeit, und sie schnauften, während sie die Gelenke mit ihren Speeren auseinanderhebelten und die Sehnen durchschnitten.
Sie trennten die Keulen ab, nahmen den Rumpf aus und schnitten dann direkt oberhalb der Vorderbeine Kopf und Hals ab. Von den drei Teilen, die sie ins Lager zurückbringen wollten, war der Kopf am schwierigsten zu tragen.
Während ihrer Arbeit ging die Sonne unter, und die Dunkelheit brach wie immer in der Hochheide schnell herein. Noch dazu waren sie am ganzen Leib mit Elchblut verschmiert, weshalb ihnen draußen im Freien etwas mulmig zumute war. Es gab mehrere Wolfsrudel, die hier regelmäßig vorbeikamen. Das Rudel, das ihrem Lager am nächsten war, lief sein Revier für gewöhnlich innerhalb von zehn Tagen ab, und sie hatten es schon beinahe einen halben Monat nicht gesehen, was bedeutete, dass es jederzeit wieder auftauchen konnte.
Als der Halbmond aufging, schulterten sie ihre Elchstücke und liefen zur Ordech-Mündung. Bei ihren kurzen Rasten tauschten sie die Teile, um sich nicht immer gleich zu belasten. Sie hatten ohnehin schon einen langen Tag hinter sich, und irgendwann spürte Eistaucher die Erschöpfung in seinen Schenkeln und im ganzen Leib. Er musste ziemlich stark humpeln, um sein verletztes Bein zu besänftigen. Er holte tief und schnell Luft und rief dann seinen zweiten Atem an. Zwischen dem Moment, in dem man ihn rief, und dem, in dem er kam, fühlte man sich eine Zeit lang richtig mies. Man musste einfach durchhalten und sich trotz Entkräftung weiterschleppen; erst das Durchhalten war der eigentliche Ruf nach dem zweiten Atem und gleichzeitig das Zeichen, dass er bald eintreffen würde. Und wie so oft vergaß er in dem Moment, in dem der zweite Atem dann kam, dass er jemals erschöpft gewesen war; die Nacht durfte so lange dauern, wie sie wollte, das war ihm egal. Heide sagte immer, dass man ab diesem Moment von seinem eigenen Leib zehrte, der einen eine ganze Zeit versorgen konnte.