Er legte ein großes, trockenes Stück Holz auf sein Feuer und machte sich dann eilig auf den Weg, wobei er sorgfältig auf seine Schritte achtete. Er war auf der Jagd, seine Haut kribbelte, alles trat ihm groß und scharf vor Augen, wie weit es auch weg war. Er folgte zunächst dem überfrorenen Bach der Oberen Klamm, umging dabei ein Dorngestrüpp zu beiden Seiten eines kleinen, vereisten Wasserfalls und versuchte beim Klettern die fließenden Bewegungen der Steingeiß nachzuahmen, die ihn dem Spott preisgegeben hatte. Hilf mir hoch, Schwester, mach einen Felstänzer aus mir. Dann wandte er sich von dem Bach ab, und eine kleine Reihe Bäume führte zu einem Gehölz unterhalb des Grats, das um eine Quelle herum am dichtesten war. Es gab eine kleine Plattform, von der aus man auf die Quelle hinabschauen konnte. Viele umgestürzte Bäume und wenig Schnee und Nässe. Größtenteils Schwarzfichten und Krüppelkiefern, die beide gut brannten, wenn das Holz abgelagert genug war. Schnell suchte er das Gehölz ab, legte auf einem flachen Stein oberhalb der Quelle einen Stoß Feuerholz und Zweige bereit. Er errichtete sogar einen Ring aus Steinen und schichtete einen ersten Haufen Zweige auf, mit einem Loch darin, um hineingreifen und die Glut auf den Stein in der Mitte legen zu können. Alles sehr heimelig.
Dann rannte er zu seinem alten Lager zurück, wobei er ein Tempo anschlug, das Dorn als Ruhe im Lauf bezeichnete, und steckte, als er angekommen war, all die kleinen Dinge, die er mitnehmen wollte, in seinen neuen Gürtel aus Rehfell. Er gab seinem Feuer ein letztes Mal Nahrung, aß ein paar Lauchzwiebeln und pflückte dann einen durchgeglühten Kiefernast, der noch an einem Stück war, aus dem Feuer und legte ihn daneben auf den Boden. Mit seinem Hackstein brach er ein Stück des Asts ab, das etwa doppelt so lang wie breit war, klemmte das gelb glühende Stück Holz zwischen zwei Steine und legte es auf eine Handvoll frischer Kiefernnadeln. Diese zischende Masse wickelte er zusammen und legte sie in ein ausgehöhltes Stück Wurzelholz, das er gefunden hatte. Muscheln vom großen Salzwasser waren am besten zum Tragen von Glut geeignet, aber die waren selten, und nur Frauen durften sie besitzen. Frauen konnten ebenso gut mit Feuer umgehen wie Männer, und sie waren besser darin, Feuer von einem Lagerplatz zum nächsten zu befördern. Aber sein Nadelklumpen im Wurzelholz war eine recht gute Behelfslösung; er konnte ihn in einer Hand halten, mit der anderen einen Stein werfen und sein Feuerzeug und die Überreste des Rehs in seiner Gürtelschlaufe tragen.
So rannte er also zu seinem neuen Lager, wobei er diesmal alles aus sich herausholte. Trotzdem musste er darauf achten, wo er seine Füße hinsetzte. Über ihm trieben riesige weiße Wolken auf einer milden Brise ostwärts. Im Sonnenschein war es kühl, im Schatten frostig. Es war ein idealer Tag, um den Lagerplatz zu wechseln.
2
Voller Zufriedenheit folgte er also der Oberen Klamm bis zu seinem neuen Nest. Doch als er sich der Ebene über der Quelle näherte, sah er, dass alles Holz von seiner vorbereiteten Herdstelle verschwunden war.
Der Anblick ließ ihn sofort erstarren, und während er dastand und ihm die wahrscheinlichste Erklärung für diese Veränderung klar wurde, durchzuckte ihn Angst. So leise wie möglich ließ er sich hinter einem Felsbrocken zu Boden gleiten. Mit jedem Herzschlag nahm seine Angst zu. Alles in der kleinen Schlucht schien vor seinen Augen zu beben. Es war still, nicht ein einziges Eichhörnchen keckerte in der Umgebung. Nur das Gurgeln des Quellwassers war zu hören. Der Wind wehte die Schlucht herab, und Eistaucher schnüffelte mehrmals, versuchte, wie ein Bär Witterung aufzunehmen, versuchte am Geruch festzustellen, was ihm dort auflauerte und wo es war. Wenn es überhaupt etwas war. Genau genommen war es ziemlich seltsam, dass etwas das Holz von seinem Herdstein entfernt haben sollte.
Dann erschnüffelte er die Antwort, vor der er sich am meisten gefürchtet hatte, einen Hauch von Rauch und Fett, der fast wie sein eigener roch, aber nicht ganz. Die Alten. Sie rochen anders als Menschen. Dorn hatte ihm dieses Wissen aufgenötigt, als sie auf einen toten Alten gestoßen waren, der in einer der seichten Felshöhlen stromabwärts in der Großen Schlucht gelegen hatte. Dorn hatte den Bärenfellumhang des Toten genommen und Eistaucher den Kragen unter die Nase gehalten. So riechen die Klotzköpfe, hatte Dorn gesagt und ihm einen festen Klaps aufs Ohr gegeben.
Eistaucher brach an Gesicht und Händen der Schweiß aus. Der Tag hatte sich unvermittelt in einen seiner größten Albträume verwandelt: eine stille, bewegungslose Welt, bis oben hin angefüllt mit Entsetzen, mit etwas Unsichtbarem darin, das ihn zu töten beabsichtigte. Die Geschichten von Jungs, die auf ihrer Wanderschaft von Alten gefressen wurden, waren für ihn bisher nur Geschichten gewesen; alle Männer, die Eistaucher kannte, waren von ihren Wanderungen zurückgekehrt. Und wenn man den Alten über den Weg lief, wirkten sie normalerweise so harmlos wie die meisten Waldleute.
Aber Waldleute konnten gefährlich sein. Und die Alten waren kräftig, stark wie Bären oder Vielfraße. Eine von Dorns Geschichten handelte davon, dass ein Alter versehentlich eine Bärin geheiratet hatte, und keinem von beiden war der Irrtum aufgefallen. Ihre ganz und gar nicht begeisterte Tochter klärte sie Jahre später darüber auf.
Jedenfalls wussten sie, wie man jagte. Sie benutzten keine Speerschleudern oder Wurfspieße, und als Spitzen verwendeten sie nur Steine, niemals Geweih-, Knochen- oder Stoßzahnstücke. Aber ihre Speere waren stabil und eigneten sich hervorragend zum Zustoßen und für kurze Würfe. Besonders gut waren sie darin, Hinterhalte zu legen, das war ihre Art. Wenn sie zu zweit oder dritt unterwegs waren, schlich der eine herum, während der andere aus einem Versteck heraus alles beobachtete. Sie konnten sich besser verstecken als jedes andere Tier, sogar besser als Menschen.
Es war also ein Fehler gewesen, den Feuerstoß aufzuschichten. Er hätte damit ohnehin nur sehr wenig Zeit gespart. Das musste er sich merken. Falls er überlebte.
Er betrachtete die brennende Glut in seiner Hand, die in ihrem Stück Wurzelholz zwischen den Nadeln schimmerte. Ihm wurde klar, dass man sie riechen konnte. Der Geruch von Feuer ist unverwechselbar, hieß es.
Er legte den Glutbehälter mit der offenen Seite nach unten auf den Boden, um das Feuer zu ersticken. Vielleicht würde der Rauch sie ablenken.
Dann schlich er so lautlos wie möglich stromabwärts. Er fühlte sich wie beim Versteckspiel als Kind, nur dass nun alles von albtraumhaftem Schrecken durchtränkt war.
Als er schließlich Bäume und Felsbrocken erreichte, die groß genug waren, um sich zwischen ihnen zu verstecken, stieg er den Westhang der Oberen Klamm hinauf. Die Obere Klamm fiel über eine Klippe zum Untertal ab; der Wasserfall dort hieß Alter Pisser. Die Alten wussten wahrscheinlich von der Klippe, aber wenn sie sie nicht kannten und versuchten, ihm direkt durchs Bachbett zu folgen, würden sie für einen Moment aufgehalten werden, sodass er vielleicht entkommen konnte.
Als Eistaucher so weit oben war, dass die Bäume ihn nicht einmal mehr überragten, wenn er geduckt schlich, legte er sich in eine moosige Mulde zwischen zwei knorrigen kleinen Kiefern und blickte zurück zu dem Gehölz mit der Quelle.