«Dann will ich das Scheißgeld. Kapiert?«
«Ja, Sir.«
«Wann macht Ihr Museum dicht?«
«Um… um achtzehn Uhr.«
«Okay, ich komme abends vorbei. Sehen Sie zu, daß Sie das Geld haben, sonst schlag' ich Ihnen die Fresse ein. Und danach geht's erst richtig los!«
Der Amerikaner legte auf.
Viktor Korontzis blieb kreidebleich am Telefon sitzen. Am liebsten hätte er sich irgendwo verkrochen. Aber wo? Seine tiefe Verzweiflung riß ihn in einen Strudel aus» wäre «und» hätte«: Wäre ich an diesem Abend bloß nicht ins Spielkasino gegangen- hätte ich Tony Rizzoli bloß niemals kennengelernt — hätte ich bloß gehalten, was ich meiner Frau versprochen habe — nie mehr zu spielen. Er schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Ich muß etwas unternehmen — sofort!
In diesem Augenblick betrat Tony Rizzoli sein Büro.»Guten Morgen, Viktor.«
Es war 18.30 Uhr. Das Museum war seit einer halben Stunde geschlossen und das Personal längst nach Hause gegangen. Viktor Korontzis und Tony Rizzoli beobachteten den Haupteingang.
Korontzis wurde immer nervöser.»Was ist, wenn er nein sagt? Was ist, wenn er sein Geld noch heute abend will?«
«Ich komm' schon mit ihm zurecht«, sagte Tony Rizzoli beruhigend.»Laß mich nur machen.«
«Was ist, wenn er überhaupt nicht kommt? Was ist, wenn er einfach nur… du weißt schon… einen Killer schickt, der mich umlegen soll? Traust du ihm das zu?«
«Das tut er nicht, solange er eine Chance sieht, zu seinem Geld zu kommen«, versicherte Rizzoli ihm.
Gegen 19 Uhr erschien Sal Prizzi endlich.
Korontzis hastete zur Tür und sperrte auf.»Guten Abend«, sagte er.
Der Amerikaner starrte Rizzoli an.»Was zum Teufel haben Sie hier verloren?«Er wandte sich an Viktor Korontzis.»Diese Sache geht nur uns beide an.«
«Immer mit der Ruhe«, forderte Rizzoli ihn auf.»Ich bin hier, um zu helfen.«
«Ich brauche Ihre Hilfe nicht. «Prizzi funkelte Korontzis an.»Wo ist mein Geld?«
«Ich… ich hab's nicht. Aber… «
Der Riese packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn kräftig durch.»Hör mal zu, du kleiner Waschlappen. Ich kriege mein Geld noch heute abend, sonst wirst du an meine Hunde verfüttert. Kapiert?«
«He, bloß keine Aufregung!«mischte sich Tony Rizzoli ein.»Keine Angst, Sie kriegen Ihr Geld.«
Prizzi ging auf ihn los.»Ich hab' Ihnen gesagt, daß Sie sich da raushalten sollen! Diese Sache geht Sie nichts an.«
«Ich mache sie zu der meinen. Ich bin Viktors Freund. Viktor hat das Geld im Augenblick nicht in bar, aber er kann es für Sie beschaffen.«
«Hat er das Geld, oder hat er's nicht?«
«Ja und nein«, antwortete Tony Rizzoli.
«Was soll das heißen, verdammt noch mal?«
Rizzolis Handbewegung umfaßte den hinter ihnen liegenden Ausstellungsraum.»Das Geld ist dort.«
Sal Prizzi sah sich um.»Wo?«
«In diesen Vitrinen. Sie sind voller Antiquitäten…«
«Altertümer«, sagte Korontzis automatisch.
«… die ein Vermögen wert sind. Ich rede von Millionen.«
«Yeah?«Der andere kniff die Augen zusammen.»Was nützen sie mir, wenn sie in einem Museum eingesperrt sind? Ich will Bares!«
«Sie kriegen Ihr Geld«, beschwichtigte Rizzoli ihn.»Sogar das Doppelte von dem, was mein Freund Ihnen schuldet. Sie müssen nur etwas Geduld haben, das ist alles. Viktor ist keiner, der sich vor dem Bezahlen drückt. Er braucht nur etwas mehr Zeit. Ich kann Ihnen genau sagen, was er vorhat: Viktor schmuggelt ein Stück von diesen Antiquitäten… diesen Altertümern aus dem Museum und läßt es verkaufen. Sobald er das Geld hat, bezahlt er seine Spielschulden.«
Prizzi schüttelte den Kopf.»Das gefällt mir nicht. Von dem alten Krempel versteh' ich nichts.«
«Das brauchen Sie auch nicht. Auf diesem Gebiet ist Viktor ein weltweit anerkannter Experte. «Rizzoli trat an eine der Vitrinen und deutete auf einen Marmorkopf.»Wieviel dürfte so was schätzungsweise bringen, Viktor?«
Viktor Korontzis schluckte trocken.»Das ist die Göttin Hygeia aus dem vierzehnten Jahrhundert vor Christus. Für diesen Kopf würde ein reicher Sammler sicher, ohne zu zögern, zwei bis drei Millionen Dollar zahlen.«
Rizzoli nickte seinem Landsmann zu.»Da haben Sie's! Verstehen Sie jetzt, was ich meine?«
Sal Prizzi runzelte die Stirn.»Ich weiß nicht recht. Wie lange würd' ich auf mein Geld warten müssen?«
«Sie kriegen den doppelten Betrag innerhalb eines Monats.«
Prizzi überlegte kurz und nickte dann.»Gut, aber wenn ich einen Monat warten muß, will ich mehr — sagen wir hunderttausend extra.«
Tony Rizzoli sah zu Viktor Korontzis hinüber.
Der kleine Mann nickte eifrig.
«Okay«, bestätigte Rizzoli.»Der Handel gilt.«
Sal Prizzi baute sich vor Korontzis auf.»Ich gebe Ihnen dreißig Tage Zeit. Habe ich das Geld bis dahin nicht, mache ich Hackfleisch aus Ihnen. Haben Sie das verstanden?«
Korontzis schluckte wieder.»Ja, Sir.«
«Denken Sie daran…dreißig Tage. «Er starrte Tony Rizzoli mißmutig an.»Sie kann ich nicht leiden, damit Sie's genau wissen.«
Die beiden starrten ihm nach, als er kehrtmachte und hinausstapfte.
Korontzis sank auf einen Stuhl und tupfte sich mit seinem Taschentuch die Stirn ab.
«O mein Gott!«ächzte er.»Ich dachte, er bringt mich um… «Glaubst du, daß wir das Geld binnen eines Monats beschaffen können?«
«Klar«, versicherte Tony Rizzoli ihm.»Du brauchst nur eines dieser Stücke aus der Vitrine zu holen und durch eine Kopie zu ersetzen.«
«Aber wie willst du's außer Landes schaffen? Falls du dabei erwischt wirst, droht dir Gefängnis.«
«Ja, ich weiß«, bestätigte Rizzoli unbeirrbar.»Aber das muß ich eben riskieren. Das bin ich dir schuldig, Viktor.«
Eine Stunde später saßen Tony Rizzoli, Perry Breslauer, Otto Dalton, Sal Prizzi und Marvin Seymour vor ihren Drinks in Daltons Hotelzimmer.
«Ein Kinderspiel!«prahlte Tony Rizzoli.»Der Bastard hat sich fast in die Hose gemacht.«
Sal Prizzi grinste.»Ich hab' ihm Angst eingejagt, was?«
«Du hast mir Angst eingejagt«, sagte Rizzoli.»Du hättest 'n gottverdammter Schauspieler werden sollen.«
«Wie geht's jetzt weiter?«fragte Marvin Seymour.
«Er bringt mir eins seiner Altertümer«, antwortete Tony Rizzoli.»Ich finde eine Möglichkeit, es aus dem Land zu schmuggeln und zu verkaufen. Dann kriegt jeder von euch seinen Anteil.«
«Wunderbar!«sagte Perry Breslauer.»Besser kann's nicht laufen.«
Als ob man 'ne eigene Goldmine hätte, dachte Rizzoli. Hat Korontzis einmal damit angefangen, hab 'ich ihn an der Angel. Nach dem ersten Mal muss er weitermachen. Ich lass 'ihn das ganze gottverdammte Museum ausräumen.
«Wie willst du das Zeug aus Griechenland rausbringen?«
erkundigte sich Marvin Seymour.
«Ich find' einen Weg«, sagte Tony Rizzoli.»Keine Angst, ich find' einen.«
Das mußte er. Und so schnell wie möglich. Alfrede Mancuso und Gino Laveri waren immer noch in Athen.
13
Im Polizeipräsidium in der Stadionstraße fand eine dringende Besprechung statt. Im Konferenzraum anwesend waren Polizeipräsident Dimitri, Inspektor Tinou, Inspektor Nikolino, Walt Kelly, der amerikanische Rauschgiftfahnder, und ein halbes Dutzend Kriminalbeamte. Die Atmosphäre unterschied sich auffällig von der bei der ersten Besprechung.
«Wir haben jetzt Grund zu der Annahme, daß Ihre Informationen zutreffen, Mr. Kelly«, sagte Inspektor Nikolino eben.»Aus einschlägigen Kreisen ist zu erfahren, daß Tony Rizzoli versucht, eine sehr große Sendung Heroin außer Landes zu bringen. Wir sind schon dabei, die als Versteck in Frage kommenden Lagerhäuser zu durchsuchen.«
«Lassen Sie Rizzoli jetzt beschatten?«