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«Willkommen! Ich bin Constantin Demiris. Wie ist Ihr Name?«Er stellte diese Frage eher beiläufig. Ob sie sich an ihren Namen erinnerte?

«Catherine Alexander.«

Demiris ließ keine Reaktion erkennen.»Willkommen, Miss Alexander. Nehmen Sie bitte Platz. «Er setzte sich ihr gegenüber auf eine schwarze Ledercouch. Aus der Nähe war Catherine noch attraktiver. Eine herrliche Frau. Sogar in dieser schwarzen Kutte… Eine Schande, etwas so Schönes zu vernichten. Wenigstens wird sie glücklich sterben.

«Es… ist sehr freundlich von Ihnen, mich zu empfangen«, begann Catherine zögernd.»Ich weiß allerdings nicht, weshalb Sie…»

Er lächelte freundlich.»Das ist schnell erklärt. Ich gehe Mutter Theresa von Zeit zu Zeit ein bißchen zur Hand. Das Kloster ist sehr arm, und ich tue, was ich kann. Als sie mir von Ihnen geschrieben und mich gebeten hat, Ihnen zu helfen, habe ich geantwortet, daß ich es gern versuchen würde.«

«Das ist sehr…«Sie machte eine Pause, weil sie nicht recht weiterwußte.»Hat Mutter Theresa Ihnen gesagt, daß ich… daß ich das Gedächtnis verloren habe?«

«Ja, das hat sie erwähnt. «Er machte eine Pause, bevor er wie beiläufig fragte:»Woran erinnern Sie sich noch?«

«Ich weiß meinen Namen — aber nicht, woher ich komme oder wer ich wirklich bin. «Sie fügte hoffnungsvoll hinzu:

«Vielleicht finde ich hier in Athen jemanden, der mich kennt.«

Constantin Demiris mußte sich beherrschen, um sich nichts anmerken zu lassen. Gerade das mußte unbedingt verhindert werden!» Das ist natürlich möglich«, sagte er bedächtig.»Warum unterhalten wir uns nicht morgen früh ausführlicher darüber? Jetzt muß ich leider zu einer Besprechung. Ich habe veranlaßt, daß hier im Haus eine Gästesuite für Sie hergerichtet wurde. Sie werden sich darin wohl fühlen, hoffe ich.«

«Ich… ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen für alles danken soll.«

Er winkte ab.»Das brauchen Sie nicht. Hier werden Sie gut betreut. Fühlen Sie sich bitte wie zu Hause.«

«Danke, Mr… «

«Meine Freunde nennen mich Costa.«

Die Hausdame führte Catherine in eine in sanften Pastelltönen gehaltene phantastische Gästesuite mit einem übergroßen Himmelbett, weißen Ledersofas und — sesseln, kostbaren alten Möbeln, chinesischen Vasenlampen und impressionistischen Gemälden. Meergrüne Lamellenjalousien hielten allzu grelles Sonnenlicht ab. Ein Blick aus dem Fenster zeigte Catherine in der Ferne einen Streifen des Saronischen Golfs.

«Mr. Demiris hat veranlaßt, daß Ihnen eine Kleiderkollektion vorgelegt wird«, sagte die Hausdame.»Sie möchten sich bitte aussuchen, was Ihnen gefällt.«

Catherine wurde zum ersten Mal bewußt, daß sie noch immer die Ordenstracht aus dem Kloster trug.

«Danke. «Sie sank auf das weiche Bett und kam sich vor wie in einem Traum. Wer ist dieser Unbekannte — und weshalb ist er so freundlich zu mir?

Eine Stunde später hielt ein mit Kleiderkisten vollgepackter Lieferwagen vor dem Haus. Eine Direktrice wurde in Catherines Suite geführt.

«Ich bin Madame Dimas. Mal sehen, womit wir arbeiten müssen.

Würden Sie sich bitte ausziehen?«

«Ich…Verzeihung?«

«Ziehen Sie sich bitte aus. Solange Sie Ordenstracht tragen, kann ich Ihre Figur nicht beurteilen.«

Wie lange war es schon her, daß sie sich einem anderen Menschen nackt gezeigt hatte? Catherine zog sich langsam und verlegen aus. Als sie dann nackt vor der Direktrice stand, musterte Madame Dimas sie mit geübtem Blick. Sie war beeindruckt.

«Sie haben eine ausgezeichnete Figur. Ich glaube, daß wir Sie sehr gut werden bedienen können.«

Zwei ihrer Assistentinnen schleppten Kisten voller Kleider, Unterwäsche, Blusen, Röcke und Schuhe herein.

«Suchen Sie sich aus, was Ihnen gefällt«, forderte Madame Dimas Catherine auf.»Danach probieren wir die Sachen an.«

«Ich… ich kann mir diese teuren Sachen nicht leisten!«protestierte Catherine.»Ich habe kein Geld.«

Die Direktrice lachte.»Geld dürfte kein Problem sein. Die Rechnung geht an Mr. Demiris.«

Warum tut er das für mich?

Die feinen Stoffe erinnerten sie vage an Sachen, die sie früher getragen haben mußte. Es waren Seiden-, Tweed- und Baumwollgewebe in ausgesuchten Farben.

Die drei Frauen arbeiteten so rasch und geschickt, daß Catherine nach zwei Stunden Besitzerin eines halben Dutzends eleganter Garnituren war. Ein überwältigendes Gefühl! Sie saß da und wußte nicht, was sie mit sich anfangen sollte.

Jetzt bin ich todschick — und weiß nicht, wohin. Doch, es gab ein Ziel — sie konnte in die Stadt fahren. Der Schlüssel zu allem, was ihr zugestoßen war, lag in Athen. Davon war sie überzeugt. Sie stand abrupt auf. Komm, Fremde, vielleicht kriegen wir raus, wer du bist.

Als Catherine die große Eingangshalle durchquerte, trat der Butler auf sie zu.»Kann ich Ihnen behilflich sein, Miss?«

«Ja. Ich… ich möchte in die Stadt fahren. Würden Sie mir bitte ein Taxi rufen?«

«Das wird nicht nötig sein, Miss. Unsere Limousinen stehen zu

Ihrer Verfügung. Ich lasse einen Fahrer für Sie kommen.«

Catherine zögerte.»Danke.«Ob Mr. Demiris böse ist, wenn ich in die Stadt fahret Er hat nicht gesagt, daß ich 's nicht tun soll.

Wenige Minuten später saß sie im Fond einer Daimler-Limousine und war in Richtung Stadtmitte unterwegs.

Das bunte, lärmende Treiben in den belebten Straßen und die Denkmäler und Ruinen, die draußen in eindrucksvoller Folge vorbeizogen, machten Catherine zunächst fast benommen.

Der Chauffeur zeigte nach vorn und sagte stolz:»Das ist der Parthenon, Miss, oben auf der Akropolis.«

Catherine starrte zu dem so vertrauten weißen Marmortempel hinauf.»Der jungfräulichen Athene, der Göttin der Weisheit, geweiht«, hörte sie sich sagen.

Der Fahrer lächelte anerkennend.»Interessieren Sie sich für griechische Geschichte, Miss?«

Tränen der Enttäuschung ließen die Akropolis vor Catherines Blick verschwimmen.»Ich weiß es nicht«, flüsterte sie.»Ich weiß es nicht.«

Sie fuhren an einer weiteren Ruine vorbei.»Dies ist das Odeion des Herodes Atticus. Wie Sie sehen, steht ein Teil der Mauern noch. Es hat einst über fünftausend Plätze gehabt.«

«Sechstausendzweihundertsiebenundfünfzig«, sagte Catherine leise.

Überall zwischen den zeitlosen Ruinen ragten Hotels und Bürogebäude auf — eine exotische Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart. In der Innenstadt fuhr die Limousine an einem großen Park mit einem glitzernden Springbrunnen in seiner Mitte vorbei. Dutzende von Tischen mit blauen Sonnenschirmen über grünen und orangeroten Schirmständern säumten den Park.

Das habe ich alles schon einmal gesehen, dachte Catherine, deren Hände klamm wurden. Und ich bin glücklich gewesen.

In fast jedem Häuserblock gab es Straßencafes, und an den Straßenecken verkauften Männer frisch aus dem Meer geholte Schwämme. Überall priesen Blumenhändler, deren Stände ein buntes Blütenmeer waren, stimmgewaltig ihre Ware an.

Die Limousine hatte den Syntagmaplatz erreicht.

Als sie an einem Hotel an einer Ecke des Platzes vorbeikamen, rief Catherine plötzlich:»Bitte halten Sie an!«

Sie konnte vor Aufregung kaum atmen. Dieses Hotel kenne ich. Hier habe ich schon gewohnt.

Ihre Stimme zitterte, als sie weitersprach.»Ich möchte hier aussteigen. Könnten Sie mich in… zwei Stunden abholen?«

«Natürlich, Miss. «Der Chauffeur beeilte sich, ihr die Tür zu öffnen, und Catherine stieg in die heiße Sommerluft aus. Sie fühlte, wie ihr die Beine zitterten.»Alles in Ordnung, Miss?«Sie konnte nicht antworten; sie hatte das Gefühl, am Rande eines Abgrunds zu stehen, dicht davor zu sein, in unbekannte, schreckliche Tiefen zu stürzen.