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»Also war es Dieter, der mich mit Fennan im Park gesehen hat?«

»Ja.«

»Und er hat gemeint. . .«

»Ja, er hat geglaubt, daß Samuel ihn betrügt. Und hat Freitag aufgetragen, Samuel zu töten.«

»Und der anonyme Brief?«

»Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, wer ihn geschrieben hat. Jemand, der Samuel kannte, nehme ich an, einer im Büro, der ihn beobachtet hat und Bescheid wußte. Oder wer aus Oxford von der Partei. Ich weiß es nicht. Samuel wußte es auch nicht.«

»Aber der Abschiedsbrief . . .«

Sie sah ihn an, und ihr Gesicht zuckte. Fast hätte sie wieder zu weinen begonnen. Sie senkte den Kopf: »Ich habe ihn geschrieben. Freitag hat das Papier mitgebracht, und ich habe ihn geschrieben. Die Unterschrift war schon drauf. Samuels Unterschrift.«

Smiley ging zu ihr hinüber, setzte sich neben sie auf das Sofa und nahm ihre Hand. Sie drehte sich wütend zu ihm hin und kreischte: »Nehmen Sie Ihre Hände weg! Glauben Sie vielleicht, daß ich jetzt Ihnen gehöre, weil ich nicht zu denen gehöre? Gehen Sie fort! Gehen Sie, und bringen Sie Freitag und Dieter um, halten Sie das Spiel in Gang, Mr. Smiley. Aber bilden Sie sich nicht ein, daß ich etwa auf Ihrer Seite wäre, haben Sie das gehört! Denn ich bin die wandernde Jüdin, das Niemandsland, das Schlachtfeld für Ihre Spielzeugsoldaten. Sie können mich treten und auf mir herumtrampeln, aber rühren Sie mich nicht an, niemals! Und erzählen Sie mir nie, daß es Ihnen leid tut, hören Sie! Gehen Sie jetzt! Gehen Sie morden!«

Sie saß zitternd da, als wäre es vor Kälte. Als er die Tür erreichte, blickte er zurück. In ihren Augen waren keine Tränen.

Draußen wartete Mendel im Wagen.

Samuel Fennans Unzulänglichkeit

 

Sie kamen um die Mittagszeit in Mitcham an. Peter Guillam wartete geduldig in seinem Wagen auf sie.

»Also, Leute, was gibt's Neues?«

Smiley übergab ihm das Blatt aus seiner Brieftasche. »Es hat auch eine Ausweichnummer für Notfälle gegeben - Primrose 9747. Sie sollten Erhebungen anstellen, aber ich habe auch in diesem Fall keine besonders großen Hoffnungen.«

Peter verschwand in die Halle und begann zu telefonieren. Mendel machte sich in der Küche zu schaffen und erschien nach zehn Minuten mit Bier, Brot und Käse auf einem Tablett. Guillam kam zurück und setzte sich, ohne etwas zu sagen. Er sah besorgt aus. »Also«, fragte er schließlich, »was hat sie gesagt, George?«

Mendel räumte den Tisch ab, als Smiley mit dem Bericht über das Gespräch am Vormittag zu Ende war.

»Ja«, sagte Guillam, »das ist wirklich sehr traurig. Na gut, George, ich werde das Ganze heute niederschreiben und sofort zu Maston gehen müssen. Tote Spione zu fangen ist wirklich ein schlechtes Vergnügen - und verursacht eine Menge Unglück.«

»Wozu hatte er denn im Außenamt Zutritt?« fragte Smiley.

»Seit kurzer Zeit zu ziemlich viel. Deswegen haben sie gemeint, daß seine Verhältnisse untersucht werden sollten.«

»Was war ihm denn hauptsächlich zugänglich?«

»Ich weiß es noch nicht. Bis vor ein paar Monaten war er mit asiatischen Angelegenheiten beschäftigt, aber seine neue Arbeit war anderer Natur.«

»Amerika, glaube ich mich zu erinnern«, sagte Smiley. »Übrigens, Peter?«

»Ja?«

»Peter, haben Sie je darüber nachgedacht, warum sie eigentlich so darauf aus waren, Fennan umzubringen? Ich meine, wenn man annimmt, daß er sie wirklich verraten hätte, wie sie meinten, warum ihn ermorden? Sie hatten dabei doch nichts zu gewinnen.«

»Nein, nein, ich glaube, Sie haben recht, das bedarf eigentlich tatsächlich einer Erklärung . . . oder nicht? Nehmen wir an, Fuchs oder Maclean hätte sie verraten, was wäre dann wohl passiert? Nehmen Sie an, sie hätten eine Kettenreaktion fürchten müssen - nicht nur hier, sondern auch in Amerika - in der ganzen Welt. Hätten sie nicht wahrscheinlich gemordet, um das zu verhindern? Es gibt so vieles, das wir einfach nie wissen werden.«

»Wie zum Beispiel den Grund des Anrufes um halb neun.«

»Also dann, auf Wiedersehen. Machen Sie hier weiter, bis ich Sie anrufe. Maston wird Sie ganz sicher sehen wollen. Das wird einen Auflauf geben, wenn ich ihnen die frohe Kunde erzähle. Ich werde dieses spezielle Grinsen aufsetzen müssen, das ich für wirklich vernichtende Nachrichten reserviert habe.«

Mendel führte ihn hinaus und kehrte dann in das Wohnzimmer zurück. »Das Beste, was Sie jetzt tun können, ist, in der Klappe zu verschwinden«, sagte er. »Sie sehen wirklich verdammt schlecht aus.«

Entweder ist Mundt noch hier oder nicht, dachte Smiley, als er mit unter dem Kopf verschränkten Armen in seiner Weste auf dem Bett lag. Ist er weg, dann sind wir fertig. Maston wird dann entscheiden müssen, was mit Elsa Fennan geschehen soll, und ich vermute stark, daß er nichts tun wird.

Ist Mundt hiergeblieben, dann aus einem der folgenden drei Gründe: A. Dieter hat ihm befohlen, hierzubleiben und zu beobachten, wie sich der aufgewirbelte Staub setzt. B. Weil er in Ungnade ist und Angst hat, nach Hause zu fahren. C. Weil er hier noch etwas Angefangenes beenden will.

A ist unwahrscheinlich, denn es ist nicht Dieters Art, unnötige Risiken einzugehen. Aber es ist trotzdem eine Möglichkeit.

B ist unwahrscheinlich, denn wenn Mundt vielleicht vor Dieter Angst haben konnte, so mußte er vermutlich andererseits hier im Lande eine Anklage wegen Mordes fürchten. Das Gescheiteste, was er tun konnte, war, in ein anderes Land zu gehen.

C ist wahrscheinlicher. Wenn ich in Dieters Haut steckte, dann würde mir Elsa Fennan schlaflose Nächte bereiten. Das Mädchen Elizabeth ist unwesentlich - wenn nicht Elsa die Lücken schließt, dann bildet sie keine ernste Gefahr. Sie gehörte dem Kreis der Verschworenen nicht an, und es besteht kein Grund, anzunehmen, daß sie sich an Elsas Freund im Theater besonders erinnern würde. Nein, Elsa ist die wirkliche Gefahr.

Es gab natürlich noch eine andere Möglichkeit, die Smiley aber nicht zu beurteilen vermochte, die Möglichkeit nämlich, daß Dieter noch andere Agenten hatte, die Mundt beaufsichtigte. Im großen und ganzen war er geneigt, diese Alternative außer Betracht zu lassen, aber Peter war der Gedanke sicherlich durch den Kopf gegangen.

Nein ... es herrschte noch immer keine Ordnung, es reimte sich noch immer nicht zusammen. Er beschloß, nochmals anzufangen.

Also, was wissen wir? Er setzte sich auf, um sich nach Papier und Bleistift umzusehen, und sofort begann ihm der Kopf wieder zu dröhnen. Halsstarrig stand er von seinem Bett auf und entnahm der Tasche seines Sakkos einen Bleistift. In seiner Aktenmappe war ein Block. Er legte sich wieder auf das Bett, ordnete die Kissen so an, daß er bequem lag, nahm vier Aspirin aus einer Packung, die auf dem Nachttischchen lag, lehnte sich in die Kissen zurück und streckte seine kurzen Beine aus. Dann begann er zu schreiben. Zuerst sorgfältig die Überschrift in einer ordentlichen Gelehrtenschrift:

»Was wissen wir?«

Dann unterstrich er das Ganze und fing an, so objektiv wie er konnte, die bisherigen Ereignisse der Reihe nach noch einmal zu berichten: »Am Montag, dem z. Januar, sah mich Dieter Frey, wie ich im Park mit seinem Agenten redete, und schloß . . .« Ja, was schloß Dieter wirklich? Daß Fennan ein Geständnis abgelegt hätte oder es tun würde? Daß Fennan mein Agent war? ». . . und schloß, daß Fennan gefährlich geworden wäre, und zwar aus bisher unbekannten Gründen. Am folgenden Abend, dem ersten Dienstag im Monat, brachte Elsa Fennan die Berichte ihres Mannes in einer Notenmappe auf die abgemachte, übliche Weise in das Repertoire-Theater in Weybridge und hinterließ die Tasche gegen einen Garderobeschein in der Kleiderablage. Mundt sollte auch eine Mappe bringen und das gleiche tun. Während der Vorstellung sollten Elsa und Mundt dann gegenseitig die Garderobezettel austauschen. Mundt kam nicht. Daher folgte sie ihren Instruktionen für den Notfall und schickte den Schein mit der Post an eine vorher besprochene Adresse, nachdem sie das Theater vorzeitig verlassen hatte, um die letzte Post aus Weybridge noch zu erreichen. Dann fuhr sie nach Hause, wo sie Mundt traf, der ihren Mann schon ermordet hatte, wahrscheinlich auf Befehl Dieters. Er hatte ihn auf kürzeste Entfernung erschossen, als er ihm in der Halle entgegentrat. Wie ich Dieter kenne, vermute ich, daß er schon vor langer Zeit die Sicherheitsmaßnahme getroffen hatte, in London einige Blätter unbeschriebenen Papiers, die mit echten oder gefälschten Unterschriften Fennans versehen waren, für den Fall bereitzuhalten, daß es sich einmal als notwendig erweisen sollte, ihn zu erpressen oder zu kompromittieren. Wenn das also der Fall war, dann brachte Mundt wahrscheinlich so ein Blatt mit, auf dem dann der Abschiedsbrief mit Fennans eigener Schreibmaschine geschrieben werden sollte. Während der grausigen Szene, die sich nach Elsas Rückkehr abgespielt haben mußte, wurde ihm klar, daß Dieter Fennans Zusammentreffen mit Smiley falsch ausgelegt hatte, aber er verließ sich darauf, daß Elsa den guten Ruf ihres toten Mannes würde wahren wollen, ganz abgesehen davon, daß sie ja mitschuldig war. Mundt fühlte sich daher verhältnismäßig wenig gefährdet. Mundt ließ Elsa den Brief schreiben, vielleicht, weil er sich nicht auf sein Englisch verlassen zu können glaubte. (Anmerkung: Aber wer, zum Teufel, hat den ersten Brief, die Denunziation, geschrieben?)