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»Ja.«

Wieder eine Pause.

»Es ist von einer neuen Abteilung im Department geredet worden, George. Wir, also das Department, haben das Gefühl, daß wir dem Studium der Technik größere Aufmerksamkeit zuwenden sollten, besonders mit Rücksicht auf die Satellitenspionage. Das ist auch der Standpunkt des Innenministeriums, wie ich erfreulicherweise sagen kann. Guillam hat sich bereit erklärt, bei der Ausarbeitung der Richtlinien als Berater zur Verfügung zu stehen. Ich überlegte, ob Sie die Sache übernehmen würden. Mit der entsprechenden Beförderung natürlich und der eventuellen Begünstigung, daß Sie nach Erreichen des vorgeschriebenen Pensionsalters noch weiterarbeiten könnten. Unsere Leute von der Personalabteilung sind in dieser Sache ganz auf meiner Seite.«

»Danke . . . vielleicht dürfte ich es mir durch den Kopf gehen lassen. Darf ich das?«

»Selbstverständlich . . . selbstverständlich.« Maston sah ein wenig enttäuscht aus. »Wann werden Sie es mich wissen lassen? Es wird vielleicht notwendig sein, einige neue Leute hereinzunehmen, und da erhebt sich die Platzfrage . . . Benutzen Sie das Wochenende zum Überlegen und verständigen Sie mich am Montag. Meine Sekretärin wird gerne . . .«

»Ja, ich werde mich melden. Es ist wirklich sehr freundlich von Ihnen.«

»Aber, ich bitte Sie. Übrigens, ich bin ja nur der Verbindungsmann zum Ministerium, George. Es ist tatsächlich eine Entscheidung interner Natur. Ich bin nur der Überbringer der guten Botschaft, George. In meiner üblichen Funktion als Laufjunge.«

Maston sah Smiley einen Augenblick scharf an, zögerte dann und sagte schließlich: »Ich habe den Minister informiert . . . soweit das notwendig war. Der Innenminister war auch anwesend.«

»Wann war das?«

»Heute vormittag. Wir haben einen Protest an die Ostdeutschen erwogen und Landesverweisung für diesen Mundt.«

»Aber wir haben ja Ostdeutschland nicht anerkannt.«

»Sehr richtig. Das war die Schwierigkeit. Es ist aber möglich, den Protest über einen vermittelnden Staat zu leiten.«

»Wie zum Beispiel Rußland?«

»Sehr richtig. Aber es tauchten verschiedene Gegenargumente auf. Man hatte das Gefühl, daß jede Art von Publizität in dieser Sache sich letzten Endes gegen die Interessen der Nation auswirken würde. Es besteht gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands sowieso schon eine gewisse feindselige Einstellung hier im Lande. Man meinte, daß jede Nachricht von deutschen Quertreibereien - ob sie nun von den Russen inspiriert sind oder nicht - diese Feindseligkeit verstärken würde. Es gibt ja kein positives Zeugnis dafür, daß Frey für die Russen gearbeitet hat, verstehen Sie. Es könnte der Öffentlichkeit leicht so dargestellt werden, als habe er aus eigener Initiative gearbeitet oder für ein geeintes Deutschland.«

»Aha.«

»Bisher sind die Tatsachen überhaupt nur sehr wenigen Leuten bekannt. Das ist ein außergewöhnlich glücklicher Umstand. Was die Polizei angeht, so hat der Innenminister sich vorläufig damit einverstanden erklärt, daß sie ihren Teil dazu beitragen wird, um die Affäre so weit wie möglich zu vertuschen . . . Übrigens, dieser Mendel, was ist das für ein Mensch? Ist er vertrauenswürdig?«

Smiley hätte ihn dafür erwürgen können.

»Ja«, sagte er.

Maston stand auf. »Gut«, meinte er, »sehr gut. Also, ich muß sehen, daß ich weiterkomme. Hätten Sie gerne irgendwas, oder könnte ich etwas für Sie tun?«

»Nein, danke. Guillam sorgt wunderbar für mich.«

Maston stand an der Tür. »Also, alles Gute, George. Nehmen Sie, wenn möglich, an.« Er sagte es schnell, mit unterdrückter Stimme und einem freundlichen Lächeln, als ob es ziemlich viel bedeute.

»Schönen Dank für die Blumen«, rief Smiley.

Dieter war tot, und er hatte ihn umgebracht. Dafür waren die gebrochenen Finger seiner rechten Hand, sein zerschlagener, steifer Körper, die rasenden Kopfschmerzen 'und das quälende Schuldgefühl das beste Zeugnis. Und Dieter hatte zugelassen, daß er es tat, hatte nicht geschossen, hatte sich ihrer Freundschaft erinnert, während Smiley sie zur Seite gestoßen hatte.

Sie hatten in einer Wolke gekämpft, in der steigenden Flut des Stromes, in der Lichtung eines zeitlosen Hochwaldes. Sie hatten einander getroffen, zwei wiedervereinigte Freunde, und wie wilde Bestien gekämpft. Dieter hatte sich erinnert und Smiley nicht. Sie waren aus verschiedenen Hemisphären der Nacht hergekommen, aus verschiedenen Welten, in denen man verschieden dachte und handelte. Dieter, der schnell Urteilende, der Absolute, hatte gekämpft, um eine neue Welt zu bauen, Smiley, der gründlich Überlegende, der Bewahrer, hatte gekämpft, um ihn daran zu hindern. »Ach Gott«, sagte Smiley laut vor sich hin, »welcher war nun der Gentleman . . .?«

Mühsam stand er aus dem Bett auf und begann sich anzuziehen. Im Stehen war ihm besser.

Lieber Mr. Maston

 

»Lieber Mr. Maston,

endlich bin ich so weit, daß ich auf das Angebot der Personalabteilung, mir einen höheren Posten im Department anzuvertrauen, antworten kann. Es tut mir leid, daß dies erst so spät geschieht, doch war ich, wie Ihnen bekannt ist, in der letzten Zeit nicht gesund und hatte mich auch mit einer Reihe persönlicher Probleme auseinanderzusetzen, die außerhalb des Bereiches des Departments liegen.

Da ich noch immer unpäßlich bin, habe ich mich zu der Entscheidung durchgerungen, daß es unklug von mir wäre, das Angebot anzunehmen. Ich darf Sie bitten, das der Personalabteilung mitzuteilen.

Ich bin sicher, daß Sie mich verstehen werden.

Ihr George Smiley«

»Lieber Peter,

ich schließe einen Bericht über den Fall Fennan bei. Es ist das einzige Exemplar. Wenn Sie ihn gelesen haben, dann schicken Sie ihn bitte an Maston weiter. Ich dachte, es könnte von Wert sein, den Gang der Ereignisse aufzuschreiben - auch wenn sie nicht stattgefunden haben.

Immer Ihr alter George«

Der  Fall  Fennan

 

Am Montag, dem z. Januar, wurde Samuel Arthur Fennan, ein höherer Beamter des Außenministeriums, von mir einvernommen, um gewisse Beschuldigungen klarzustellen, die in einem anonymen Brief gegen ihn erhoben worden waren. Die Einvernahme wurde in der üblichen Weise arrangiert, das heißt, mit Wissen und Einverständnis des Außenministeriums. Über Fennan war uns nichts Nachteiliges bekannt, außer daß er in den dreißiger Jahren, während er in Oxford war, mit den Kommunisten sympathisiert hatte, welcher Tatsache wir allerdings wenig Bedeutung beilegten. In gewissem Sinne war daher die Einvernahme eine reine Routineangelegenheit.

Fennans Zimmer im Außenamt erwies sich dafür als ungeeignet, und wir kamen überein, unser Gespräch im St.-James-Park fortzusetzen, weil so schönes Wetter war.

Es hat sich später herausgestellt, daß wir dabei von einem Agenten des ostdeutschen Spionagedienstes erkannt und beobachtet wurden, der während des Krieges mit mir zusammengearbeitet hatte. Es steht nicht fest, ob er Fennan etwa dauernd beobachtete oder nur zufällig im Park anwesend war.

In der Nacht auf den 3. Februar berichtete die Polizei von Surrey, daß Fennan Selbstmord begangen habe. In einem Abschiedsbrief, den Fennan unterschrieben hatte, wurde behauptet, daß er ein Opfer der Methoden der Sicherheitsbehörden geworden sei.

Während der Untersuchung stellten sich jedoch folgende Tatbestände heraus, die auf ein Verbrechen zu deuten schienen:

1.   Um 7 Uhr 55 des Abends, an dem Fennan starb, hatte er die Telefonzentrale in Walliston gebeten, ihn um 8 Uhr 30 am nächsten Morgen anzurufen.

2.  Fennan hatte sich kurz vor seinem Tod eine Tasse Kakao bereitet und nicht getrunken.

3.  Er hatte sich vermutlich in der Halle am Fuße der Treppe erschossen. Der Brief lag neben der Leiche.

4.  Es schien unlogisch, daß er seinen letzten Brief auf der Maschine geschrieben haben sollte, und noch merkwürdiger, daß er die Stiege hinunter in die Halle gegangen wäre, um sich zu erschießen.