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5.  An seinem Todestag gab er einen Brief auf, in dem er mich dringend bat, am folgenden Tag mit ihm bei >Marlow< zu lunchen.

6. Später stellte sich auch heraus, daß sich Fennan Mittwoch, den 4. Januar, freigenommen hatte. Das hatte er anscheinend seiner Frau gegenüber nicht erwähnt.

7.  Es wurde auch festgestellt, daß der Abschiedsbrief auf Fennans eigener Maschine geschrieben worden war - und daß gewisse Schriftmerkmale mit denen des anonymen Briefes identisch waren. Der Bericht des Laboratoriums stellte jedoch fest, daß die beiden Briefe zwar auf derselben Maschine, aber nicht von derselben Person geschrieben worden waren.

Mrs. Fennan, die an dem Abend, an dem ihr Mann starb, im Theater gewesen war, wurde ersucht, den Anruf der Telefonzentrale um 8 Uhr 30 zu erklären, und behauptete fälschlich, daß sie ihn selbst bestellt hätte. In der Zentrale war man ganz sicher, daß das nicht zutraf. Mrs. Fennan behauptete, ihr Mann sei seit der Einvernahme durch den Sicherheitsdienst nervös und deprimiert gewesen, was das Zeugnis seines Abschiedsbriefes erhärtete.

Kurz nach Mittag am 4. Januar, nachdem ich Mrs. Fennan früher am Tage verlassen hatte, kehrte ich in mein Haus in Kensington zurück. Da ich flüchtig jemanden am Fenster sah, läutete ich an der Eingangstür. Diese wurde von einem Mann geöffnet, der später als ein Mitglied des ostdeutschen Spionagedienstes identifiziert wurde. Er bat mich einzutreten, aber ich lehnte ab und kehrte zu meinem Wagen zurück, während ich mir gleichzeitig die Nummern der in der Nähe parkenden Autos merkte.

Am selben Abend besuchte ich eine kleine Garage in Battersea, um mich nach der Herkunft eines dieser Wagen zu erkundigen, der unter dem Namen des Eigentümers dieser Garage registriert war. Ich wurde von einem unbekannten Angreifer attackiert und bewußtlos geschlagen. Drei Wochen später wurde der Garagenbesitzer, ein gewisser Adam Scarr, in der Nähe der Battersea Bridge tot aus der Themse gezogen. Zum Zeitpunkt seines Ertrinkens war er alkoholisiert gewesen. Zeichen von Gewaltanwendung wurden nicht entdeckt, und er war als schwerer Trinker bekannt gewesen.

Es ist von Bedeutung, daß Scarr in den letzten vier Jahren einem Ausländer, dessen Namen er nicht kannte, die Möglichkeit verschafft hatte, einen Wagen zu benutzen, und dafür sehr reichliche Bezahlung erhalten hatte. Ihre Vereinbarung zielte darauf ab, die Identität des Fahrzeugbenutzers zu verbergen, sogar vor Scarr selbst, der von seinem Kunden nur den Decknamen >Blondie< kannte und ihn nur über eine Telefonnummer erreichen konnte. Die Telefonnummer ist wichtig. Es war die der Ostdeutschen Stahl-Mission.

Inzwischen war Mrs. Fennans Alibi für den Abend, an dem der Mord stattgefunden hatte, untersucht worden, und es kamen bedeutsame Tatsachen ans Licht:

1.   Mrs. Fennan besuchte zweimal im Monat, immer am ersten und am dritten Dienstag, das Repertoire-Theater in Weybridge. (Notabene: Adam Scarrs Kunde hatte seinen Wagen ebenfalls am ersten und am dritten Dienstag jeden Monats geholt.)

2. Sie brachte immer eine Notenmappe mit, die sie in der Garderobe deponierte.

3.  Im Theater traf sie sich immer mit einem Mann, dessen Personenbeschreibung mit der meines Angreifers und der von Scarrs Kunden übereinstimmte. Ein Mitglied des Theaters nahm sogar irrtümlicherweise an, daß dieser Mann Mrs. Fennans Gatte wäre. Auch er brachte eine Notenmappe und ließ sie in der Garderobe.

4. Am Mordabend hatte Mrs. Fennan das Theater früher verlassen, nachdem ihr Freund nicht gekommen war, und vergessen, ihre Notenmappe aus der Garderobe zu holen. Zu einem schon sehr späten Zeitpunkt rief sie das Theater an und sagte, daß sofort jemand kommen würde, der die Mappe holen wolle. Sie habe den Garderobeschein verloren. Die Tasche wurde abgeholt, und zwar von Mrs. Fennans üblichem Begleiter.

In diesem Stadium wurde der Fremde als ein Angestellter der Stahl-Mission namens Mundt identifiziert. Der Chef der Mission war Herr Dieter Frey, der während des Krieges mit unserem Geheimdienst zusammengearbeitet hatte, ein Mann von großer taktischer Erfahrung. Nach dem Kriege war er in Deutschland in der russisch besetzten Zone in den Staatsdienst getreten. Ich möchte noch erwähnen, daß Frey während des Krieges mit mir zusammen auf dem Gebiet des Feindes gearbeitet und sich dabei als ein brillanter, jeder Situation gewachsener Agent erwiesen hatte.

Ich entschloß mich nun, noch einmal mit Mrs. Fennan zu reden. Sie brach zusammen und gestand, bei der Spionage ihres Mannes als Kurier fungiert zu haben. Ihr Mann sei auf einem Skiurlaub vor fünf Jahren von Frey angeworben worden. Sie selber habe nur widerwillig mitgearbeitet, teils aus Loyalität zu ihrem Gatten, teils, um Gelegenheit zu haben, ihn bei der Durchführung seiner Arbeit als Spion vor seiner Zerstreutheit zu schützen. Frey habe mich im Park mit Fennan reden gesehen. Er habe angenommen, daß ich noch immer im Dienst sei, und daraus geschlossen, daß Fennan entweder in Verdacht geraten oder ein Doppelagent sei. Er befahl Mundt, Fennan zu liquidieren, und seine Frau war durch ihre Mitschuld zum Schweigen gezwungen. Sie hatte sogar auf einem Blatt, das schon Fennans Unterschrift trug, den Abschiedsbrief geschrieben.

Das Kommunikationsmittel, das sie bei der Weiterleitung der Ergebnisse der Spionage ihres Gatten an Mundt verwendete, ist von erheblicher Bedeutung. Sie legte die Mitteilungen und Abschriften von Dokumenten in eine Notenmappe, die sie ins Theater mitnahm. Mundt brachte eine ähnliche Mappe, die Geld und Anweisungen enthielt, und deponierte sie ebenso wie Mrs. Fennan in der Garderobe. So brauchten sie nur die Garderobescheine zu tauschen. Als Mundt an dem fraglichen Abend nicht erschien, folgte Mrs. Fennan den erhaltenen Instruktionen und gab den Garderobeschein an eine Adresse in Highgate auf. Sie verließ das Theater, bevor die Vorstellung zu Ende war, um noch die letzte Post aus Weybridge zu erreichen. Als dann Mundt später an diesem Abend die Mappe von ihr verlangte, sagte sie ihm, was sie gemacht hatte. Mundt bestand darauf, die Tasche gleich zu holen, weil er nicht noch einmal aus London nach Weybridge fahren wollte.

Als ich an dem Tag, der auf den Mord folgte, mit Mrs. Fennan gesprochen hatte, versetzte eine meiner Fragen, und zwar die wegen des Anrufes um halb neun, Mrs. Fennan derart in Schrecken, daß sie Mundt anrief. Das erklärt seinen Mordversuch an mir später am gleichen Tage.

Mrs. Fennan gab mir die Adresse und die Telefonnummer, die sie benutzte, wenn sie sich mit Mundt in Verbindung setzen wollte, den sie übrigens unter dem Decknamen Freitag kannte. Beide führten zu dem möblierten Zimmer eines Piloten der »Lufteuropa«, der viel mit Mundt zusammen war und der ihm auch, wenn nötig, Unterkunft gewährte. Der Pilot (vermutlich ein Kurier des ostdeutschen Spionagedienstes) ist seit dem 5. Januar nicht mehr nach England zurückgekehrt.

Das war alles, was Mrs. Fennan verriet, und es führte in gewissem Sinn zu nichts. Der Spion war tot, die Mörder verschwunden. Was man noch tun konnte, war, den entstandenen Schaden zu veranschlagen. Man trat offiziell an das Außenamt heran, und Mr. Felix Taverner wurde beauftragt, aus Aufzeichnungen dieses Amtes festzustellen, welches Material im Verdacht stand, verraten worden zu sein. Eine Liste wurde aufgestellt, in der alle Akten enthalten waren, zu denen Fennan seit seiner Anwerbung durch Frey Zutritt gehabt hatte. Merkwürdigerweise stellte sich dabei heraus, daß er in keiner Weise systematisch Geheimakten angefordert hatte. Fennan hatte sich aus dem Archiv keinerlei geheime Dokumente kommen lassen, außer solchen, die sich auf seine Arbeit bezogen. Während der letzten sechs Monate, in denen seine Vollmacht zum Zutritt zu streng vertraulichem Material bedeutend ausgeweitet worden war, hatte er tatsächlich überhaupt keine Geheimakten mit nach Hause genommen. Die Unterlagen, die er mitnahm, waren alle von geringer Wichtigkeit, und einige davon behandelten Gegenstände, die eigentlich außerhalb des Arbeitsbereiches seiner Abteilung lagen. Das paßte alles nicht zu Fennans Rolle als Spion. Es bestand jedoch die Möglichkeit, daß er nicht mehr Lust hatte weiterzumachen, und daß seine Einladung an mich der erste Schritt zu einem Geständnis gewesen war.