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»War sie eine Kommunistin?«

»Ich glaube, daß sie Etiketten nicht liebte. Aber ich vermute, daß sie dabei mithelfen wollte, eine einzige große Welt aufzubauen, die ohne Konflikte leben konnte. Friede ist zwar heute ein schmutziges Wort, nicht wahr? Aber ich bin der Meinung, daß sie den Frieden wollte.«

»Und Dieter?« fragte Guillam.

»Gott mag wissen, was Dieter wollte. Ehre vermute ich, und eine sozialistische Welt.« Smiley zuckte die Achseln. »Sie haben von Frieden und Freiheit geträumt. Jetzt sind sie Mörder und Spione.«

»Allmächtiger«, sagte Mendel.

Smiley schwieg wieder und sah in sein Glas. Endlich fragte er: »Ich kann nicht erwarten, daß Sie mich verstehen werden. Sie haben nur das Ende Dieters gesehen, ich aber auch den Anfang. Er hat eine volle Kehrtwendung gemacht. Ich glaube, er ist nie darüber hinweggekommen, während des Krieges ein Verräter gewesen zu sein. Er war ganz einfach gezwungen, die Sache wieder in Ordnung zu bringen. Er war einer von diesen Weltbaumeistern, die nichts anderes auszurichten scheinen, als nur zu zerstören. Das ist alles.«

Guillain lenkte das Gespräch elegant auf ein anderes Thema: »Und wie war das mit dem Anruf um halb neun?«

»Das ist wohl ziemlich klar, finde ich. Fennan wollte mich bei >Marlow< treffen und hatte sich einen Tag freigenommen. Er kann Elsa davon nichts gesagt haben, sonst hätte sie es mir mit irgendeiner Ausrede zu erklären versucht. Er hat das mit dem Anruf in Szene gesetzt, um sich eine Ausrede dafür zu verschaffen, daß er zu >Marlow< ging. Das ist jedenfalls meine Vermutung.«

In dem großen Kamin knisterte das Feuer.

Er erreichte noch das Flugzeug, das um Mitternacht nach Zürich abging. Es war eine prachtvolle Nacht, und durch das kleine Fenster an seiner Seite konnte er den grauen Flügel sehen, der sich bewegungslos gegen den sternenhellen Himmel abhob.

Es war, als schaue er zwischen zwei Welten einen Schimmer der Ewigkeit. Diese Vision ließ ihn ruhig werden, besänftigte seine Ängste und Zweifel und versöhnte ihn mit der Unergründlichkeit der Bestimmung des Universums. Alles schien so unwichtig zu sein - das leidenschaftlich sehnsüchtige Suchen nach Liebe oder die Rückkehr in die Einsamkeit.

Bald kamen die Lichter der französischen Küste in Sicht. Während er hinabblickte, ahnte er das ruhige Alltagsleben da unten. Den kräftigen Duft der Gauloises Bleues, Knoblauch und gutes Essen, die lauten Stimmen im bistro. Maston war eine Million Meilen weit weg, eingesperrt mit seinem trockenen Papier und seinen aalglatten Politikern. Für seine Mitpassagiere war Smiley eine merkwürdige Figur - ein kleiner, fetter Mann, der ziemlich trübsinnig dreinsah und dann plötzlich lächelte und sich einen Drink bestellte. Der junge blonde Mann, der neben ihm saß, betrachtete ihn aufmerksam von der Seite. Er kannte diesen Typ: der müde Direktor, der sich einen vergnügten Tag machen will. Widerlich, dachte er.