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An der abgedeckten Esse standen zwei Männer, die mit Rechen den Torf entfernten, damit der Schmied sein Tagwerk beginnen konnte.

Sie redeten über Spinnen.

»So dick wie mein Kopf, ich sag’s dir!« behauptete der Größere, der zwei schwarze Hände hochhielt, um den Umfang des Tieres zu beschreiben.

Der Mann, der mit dem Rücken zum Fenster stand, schwieg. Wegen des glimmenden Feuers und der trügerischen Schatten konnte Sturm ihn nicht genau sehen, doch er war eindeutig stark und wendig und schien sich mit Rechen auszukennen.

»Angst vor Spinnen«, sagte er schließlich, doch seine Stimme wurde durch die Bewegung und das sanfte Streichen des Rechens über den Torf gedämpft. »Was hätte dein begnadeter Meister wohl dazu gesagt?«

»Dasselbe, was dein begnadeter Vater gesagt hätte«, erwiderte der große Mann mit merkwürdigem Lächeln, während er sich aufrichtete, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Sturm drückte sich noch näher ans Fenster, so daß er schon die heiße Luft aus der Schmiede spürte.

»Was glaubst du wohl, was so ein Untier frißt?« fragte der große Mann, der wieder zum Rechen griff und weiterarbeitete. »Na, was meinst du?« bohrte er.

»Schmiede«, erwiderte der andere Mann kurz. Sturm versuchte, mehr zu hören, aber der Mann sagte nichts mehr.

»Wie bitte, Jack?« fragte der große Mann. Der andere drehte sich um, so daß sein Gesicht im Licht der Laterne und der Esse jetzt deutlich zu erkennen war.

»Spinnen dieser Größe fressen am allerliebsten Schmiede«, neckte Jack Derry mit ernstem, undurchschaubarem Gesichtsausdruck.

»Wenn sie keinen Gärtner kriegen!« lachte der Schmied, der scherzhaft drohend seinen Rechen erhob.

Sturm war mit einem Satz durch das Fenster gesprungen. Mit dem Schwert in der Hand stolperte er lärmend gegen eine Werkbank und kam in einer wackligen, unsicheren Hocke auf. Das Schwert hielt er immer noch in die Höhe.

Das überraschte alle, nicht zuletzt Sturm selbst, und einen Atemzug lang sahen die drei Männer einander verwirrt und durcheinander an. Dann stürzte Sturm sich auf Jack, und die Schmiede war von Rufen und Waffengeklirr erfüllt.

Sturm jagte Jack Derry um den Schmelzofen, doch der Gärtner riß auf der Flucht eine Zange an sich und stürmte ins Schlafzimmer, wo er auf Wielands Matratze stehenblieb und drohend wie ein plötzlich wild gewordener Koch die Zange schwenkte. Stahl traf auf Eisen, und das Eisen gab nach – die Zange in Jacks Hand zerbrach.

»Diese Klinge nimmt es mit dem besten Werkzeug auf«, erklärte Wieland mit einem gewissen Stolz in der Stimme. Er packte Sturm hinten an der Tunika und hob ihn mit einer Hand in die Luft. Sturm zappelte wie ein Welpe in den sanften Fängen seiner Mutter, und der Schmied griff mit der anderen Hand um ihn herum und nahm ihm das Schwert ab.

Jack kletterte vom Bett, nahm einen Nachttopf und wollte ihn nach Sturm werfen, doch Wieland schob den Jungen hinter sich und baute sich groß wie ein Oger zwischen den jungen Kampfhähnen auf.

»Jetzt aber Schluß«, erklärte er streng. Ein liebenswertes Lächeln machte sich auf Jack Derrys Gesicht breit, während er den Nachttopf einfach wieder vorsichtig hinstellte, als ob er ihn die ganze Zeit nur woanders hatte hinsetzen wollen.

Sturms Wut war verflogen. Eigentlich war er froh, daß Wieland ihm das Schwert weggenommen hatte, denn sein plötzlicher Jähzorn hatte ihn selbst überrascht.

Mara tauchte im Fenster auf, schwang ein Bein hinein und stieg in das Schlafzimmer.

»Die Schmiede hat auch eine Tür, und ich habe es lieber, wenn meine Gäste dort eintreten«, schlug Wieland höflich vor, ohne seine schwere Hand von Sturms Schulter zu lösen.

»Ich… ich habe Geschrei gehört«, erklärte die Elfe, die ihren Dolch wieder wegsteckte.

»Es gab eine… Meinungsverschiedenheit zwischen Meister Jack und dem kleinen Solamnier«, erläuterte Wieland. »Eine Meinungsverschiedenheit, die sie hoffentlich beilegen, damit wieder Ruhe in meinem Haus herrscht.«

Sturm riß sich von Wieland los und setzte sich höchst würdevoll auf einen Schemel an der Schwelle. Jack hockte sich auf den Boden. Um den muskulösen Wall des Schmieds herum funkelte Sturm seinen ehemaligen Freund an, der zum Verrücktwerden freundlich zurückgrinste.

Langsam brach ein fröhliches, freches Lachen aus Jack heraus. Er stand auf und wirkte irgendwie viel größer, als Sturm ihn in Erinnerung hatte.

»Du überraschst mich, Sturm Feuerklinge«, lachte Jack, der die Arme verschränkte. »Und Überraschungen sind gut fürs Gleichgewicht.«

»Es heißt Meister Sturm Feuerklinge, Gärtner!« gab Sturm wütend zurück.

Jacks Lächeln wurde dünner.

»Den Meister und den Gärtner haben wir am Fluß gelassen«, sagte er ruhig. »Jetzt bist du in meinem Land, wo die Bäume Augen haben und andere Regeln gelten.«

Sturm runzelte die Stirn. Es war wirklich ein anderer Mann, der vor ihm stand. Verschwunden die Demut und die Schmeichelei, die schlichte Gutmütigkeit und die angenehme Bescheidenheit.

Der Mann vor ihm war selbstsicher, klug und großmütig. Er war ein Prinz, ein Erbe von Wald und Wildnis. Sturm bemerkte einen schwachen Duft nach Regen und Blättern und etwas anderes, das er nicht genau erkennen konnte, obwohl es seltsam vertraut war.

Jack setzte sich auf die Bank in der Schmiede, stützte sein Kinn in die Hände und beobachtete Sturm mit der dunklen, schlauen Gründlichkeit eines Raubtiers. »Wie ich schon sagte, bevor du mich unterbrochen hast«, meinte er, »du hast mich überrascht.«

»Wo warst du?« fragte Sturm kalt. »Drei Tage war ich bei den Druiden eingesperrt, und jetzt ist der erste Frühlingstag, und ich kann mich überhaupt nicht mehr vorbereiten…«

Bei Jack Derrys ungerührtem Blick wurden seine Worte leiser.

»Vielleicht erinnerst du dich noch«, sagte der Gärtner, »daß ich dir hinten am Vingaard ein paar Räuber vom Hals gehalten habe.«

»Aber wo…«, fing Sturm wieder an. Jack hob die Hand.

»Aber es waren zwölf«, beharrte Sturm. »Vielleicht sogar mehr.«

»Vierzehn, meiner Zählung nach«, stellte Jack richtig. »Wo warst denn du?«

»Aber du hast doch… du sagtest doch…« Sturm kamen seine eigenen Worte schwach vor, und der Blick der auf ihm ruhte, war verachtungsvoll.

»Was soll das, Sturm Feuerklinge?« fragte Jack leise. »Warum suchst du so nach Verrat und Betrug, wo nichts zu finden ist? Keiner läßt dich in einem verschneiten Schloß mit frierenden, ausgehungerten Leuten allein zurück.«

Sturm wußte keine Antwort. Müde stand er von dem Schemel auf und schwankte etwas, als er auf die Beine kam. Mara sprang schnell hinzu und half ihm, sein Gleichgewicht wiederzufinden.

»Wo warst du?« fragte Sturm wieder dünn, ohne sich noch um die Antwort zu scheren.

Das Lächeln kehrte in Jacks Gesicht zurück. »Hab’ deine Spuren verwischt, wie üblich«, erwiderte er. »Du bist aus dem Gefängnis entkommen, Sturm Feuerklinge, und dazu braucht man Grips und Geschick und was so dazugehört. Jetzt ist Frühling, und bis zum Wald ist es nur ein Katzensprung. Wenn du dich von mir führen läßt, bringe ich dich zum Herrn der Wildnis.«Mehr sagte Jack vor dem Schmied nicht mehr. Er ignorierte Sturms drängende Fragen und blieb auf der Schwelle der Schmiede stehen, wo ihm das Mondlicht in den Rücken schien und ein seltsamer, rätselhafter Zug in den Schatten seines Gesichts lag.

»Komm«, sagte er. »Nimm die Elfe mit, wenn es sein muß. Komm zu Fuß oder zu Pferd, das spielt keine Rolle. Aber du mußt mitkommen. Die erste Frühlingsstunde naht.«

Der Regen ließ nach, als sie vor die Schmiede traten. Cyren hockte naß und zitternd und ausgesprochen schlecht gelaunt vor dem Stall. Sturm winkte der Spinne mit dem Schwert zu, worauf sie zurückwich, damit sie die Pferde zum Satteln herausholen konnten.

Von hier aus bis zum Wald ging alles fast verdächtig glatt. Es wurde kein Alarm geschlagen, die Warnglocke ertönte nicht, niemand machte Geschrei, und das Dorf schien friedlich zu schlafen.